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Produktdetails
  • Verlag: FISCHER E-Books
  • Seitenzahl: 224
  • Erscheinungstermin: 28. September 2022
  • Deutsch
  • ISBN-13: 9783104913223
  • Artikelnr.: 63768540

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Autorenporträt
Anita Albus, geboren 1942, lebte als Malerin und Schriftstellerin in München. Berühmt wurde sie vor allem durch ihre augentäuschenden Naturdarstellungen, die vielfach ausgestellt wurden. Zugleich mit der Malerei hat sich Anita Albus der Literatur gewidmet, einen Roman und Erzählungen geschrieben und Essays verfasst. Ausgezeichnet wurde sie u.a. mit dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst (2014) und dem Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay (2004). Bei S. FISCHER erschienen u.a. die Bücher »Von seltenen Vögeln« (2005), »Das botanische Schauspiel« (2007), »Im Licht der Finsternis. Über Proust« (2011), »Sonnenfalter und Mondmotten« (2019) und »Affentheater« (2022). Anita Albus verstarb im Oktober 2024 in München. Literaturpreise: Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst (2014) Bundesverdienstkreuz für ihre Verdienste als Repräsentantin der deutschen Kultur in Frankreich (2011) Friedrich-Märker-Preis für Essayistik (2002) Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay (2004)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hochachtungsvoll blickt Rezensent Andreas Platthaus zum 80. Geburtstag von Anita Albus auf deren jüngstes Buch und ihr gesamtes Werk. Als Vorreiterin des gerade in den letzten Jahren so beliebt gewordenen "Nature Writing", so Platthaus, beeindruckt die Künstlerin den Rezensenten seit jeher mit ihren akribischen Zeichnungen von Pflanzen und Tieren, mit ihrer Forderung nach sorgfältigem Handwerk und mit ihrem "eleganten und gelehrten" Schreiben, das die Natur auch immer wieder auf die Moral bezieht. Dabei sieht er in Albus' Glaube an die (eigene) Schöpfung etwas Biblisches, das auch in ihrem neuen Buch, insbesondere durch einen "apokalyptischen" Touch, hervortrete: So ende jedes Kapitel des Buches, das 41 Affenarten vorstellt, mit dem Verweis auf das drohende Aussterben, so Platthaus. Auch die Kritik an einem immer technizistischer geprägten Universum auf Kosten des "Naturkosmos" und ihren künstlerischen Widerstand gegen diese Verschiebung rechnet der Kritiker Albus hoch an und hofft auf viele weitere Werke der Künstlerin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2022

So menschlich die Bestien

So bestialisch die Menschen: Das Thema von Anita Albus ist die Schöpfung. Zum achtzigsten Geburtstag der Universalkünstlerin gibt es "Affentheater".

In dem sowohl gestalterischen als auch inhaltlichen Wunderwerk "Die Kunst der Künste" stellt Anita Albus folgende Frage: "Warum ist 'Handwerk' in den bildenden Künsten ein verpöntes Wort, während es in der Literatur selbstverständliche Voraussetzung geblieben ist?" Die Antwort blieb das vor 25 Jahren erschienene Buch nicht schuldig: Schriftsteller stellten im Gegensatz zu heutigen Malern keine Statusfetische her, sie setzten immer noch fort, was früher auch für die Malerei gegolten hatte; "Techné ist eine Frage der Wahrheitsliebe, das Metier der Kunst eine der Moral." Diesem eigenen Anspruch an Kunst ist Anita Albus seither wiederholt gerecht geworden.

So auch in ihrem jüngsten Buch: "Affentheater". Es ist die vierte in einer Kette bibliophiler Publikationen, die seit 2005 bei S. Fischer erschienen sind - Bücher wie aus einer anderen, besseren Welt, nicht nur, weil es um die Welt der Natur geht. Mit "Von seltenen Vögeln" ging es los, mit "Das botanische Schauspiel" 2007 weiter, und vor "Affentheater" war zuletzt nach langer Pause 2019 "Sonnenfalter und Mondmotten" erschienen. Alle diese Bücher bieten ein Destillat zoologischer oder botanischer Beschreibungen, die Anita Albus selbst und Pioniere der Naturforschung von Linné über Buffon, Brehm, Fabre, Tania Blixen, Lévi-Strauss bis hin zu Jane Goodall oder Dian Fossey (um zwei für das jüngste Werk wichtige Affenforscherinnen zu nennen) verfasst haben. Kombiniert werden sie mit prachtvoll reproduzierten historischen Bilddokumenten und eigenen Bildern der Malerin Anita Albus, die das illusionistische Ideal der europäischen Kunstgeschichte für die Gegenwart gerettet hat - einschließlich eigenhändiger Farbherstellung nach klassischen Rezepturen und einer Akribie der Darstellung, die an einzelnen Bildern jahrelanges Arbeiten erforderte.

Morgen wird Anita Albus achtzig, und ihrem "Affentheater" hat sie nur noch zwei eigene Gemälde beigegeben. Einmal das eines südamerikanischen Roten Brüllaffen, das bereits 1987 entstanden ist, zur Bebilderung der deutschen Ausgabe von "Die eifersüchtige Töpferin" des französischen Ethnologen Claude Lévi-Strauss, mit dem Albus bis zu dessen Tod eng befreundet war. In einer Hand hält der gemalte Affe eine Kugel aus seinen Exkrementen, doch das erkennt nur, wer Lévi-Strauss' Beschreibung kennt. Damit aber setzt Albus auch einen Topos der Naturmalerei fort: das Memento mori, "weil es im Bild wie im Leben der kleine Makel ist, durch den der entzückte Blick dem Schönen in die Falle geht", wie sie einmal zu den Zeichnungen der Maria Sibylla Merian geschrieben hat.

Und dann ist da im neuen Buch das Porträt einer afrikanischen Guereza-Äffin mit Jungtier, dessen Feinmalerei von Fellstruktur und bemoostem Ast, auf dem die beiden Tiere hocken, noch einmal die ganze Subtilität dieser Künstlerin erweist. Die sich in den Beschreibungen von insgesamt 41 Affenarten nahtlos fortsetzt. Und in der Montagetechnik, mit der Anita Albus Texte anderer Autoren einbezieht - ein Beleg für die von ihr beschworene Kontinuität des Handwerks im Schriftlichen, denn aus diesen Zitatcollagen werden in ihren Büchern organische Texte, die höchstes Lese- und Vorlesevergnügen bieten. Geschult hat sich Anita Albus dafür auch mit fiktiver Prosa: dem Briefroman "Farfallone" von 1987 und dem sechs Jahre später erschienenen Erzählungsband "Liebesbande" - eine Naturalistin auch damals schon.

Mit ihrer Beschreibungskunst war Anita Albus Vorreiterin der in den vergangenen zwei Jahrzehnten gerade in Deutschland populär gewordenen Erzählgattung des nature writing; nicht umsonst zählt die wirkungsmächtigste Gegenwartsautorin dieser Gattung, Judith Schalansky, zu ihren Bewunderern. Die von Schalansky herausgegebene Reihe der "Naturkunden" ist gerade auch in ihrer gestalterischen Schönheit die Verkörperung der Albus'schen Forderung nach sorgfältigem Handwerk. Doch die Bücher von Anita Albus selbst übertreffen das noch dank ihres unverwechselbar eleganten und gelehrten Schreibens, dem eben auch immer die Moral der Autorin ablesbar ist. Eine Moral, die aus einer tiefen Gläubigkeit erwächst, die ihren Gottesbeweis aus dem größten aller Kunstwerke gewinnt: der Schöpfung. Dazu hat sie einmal den niederländischen Entomologen Jan Swammerdam aus dem achtzehnten Jahrhundert zitiert: "Alle Züge des Apelles sind gegen die zarten Striche der Natur grobe Balken. Alles künstliche Gewebe der Menschen muß sich vor einer einzigen Lungenader verkriechen. Wer will sie abbilden? Welcher Witz vermag sie zu beschreiben? Welcher Fleiß kann sie hinlänglich untersuchen?" Swammerdam selbst wäre laut Anita Albus da zu nennen; sein Buch trug den Titel "Bibel der Natur".

Doch die Bücher von Albus sind ebenfalls solche Bibeln. Auch deshalb, weil sie apokalyptische Züge aufweisen. Nahezu jedes Kapitel im "Affentheater" endet mit dem Status der jeweiligen Spezies auf der Liste bedrohter Tierarten. "So menschlich die Bestien", heißt es einmal lapidar nach einem der vielen zitierten Zeugnisse zum vertraulichen Verhalten von Affen, "so bestialisch die Menschen." Einer der wichtigsten Gewährsleute von Albus fürs "Affentheater", der englische Forschungsreisende Henry Walter Bates, nannte seinen Verzehr von Klammeraffenfleisch während einer Amazonas-Expedition "nahe dem Kannibalismus". Die Bestiarien der Anita Albus haben immer den Schatten des Menschen über sich.

Anita Albus wurde 1942 in München geboren, wo heute wieder ihr Lebensmittelpunkt ist, nachdem der lange Jahre im Burgund gelegen hatte, wo sie im eigenen Garten jene Pflanzen kultivierte, die sie für "Das botanische Schauspiel" malte. "Heute sind wir Gefangene eines technischen Universums, in dem die fortschreitende Verarmung des Naturkosmos einem immer kärglicheren Kulturkosmos entspricht", schrieb sie 2002 in "Paradies und Paradox". Dagegen leistet sie Widerstand: in Wort und Bild gleichermaßen. Und damit wird sie auch nach ihrem achtzigsten Geburtstag hoffentlich nicht aufhören. ANDREAS PLATTHAUS

Anita Albus: "Affentheater".

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2022. 223 S., Abb., geb., 48,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Malend wie beschreibend ist Anita Albus passionierte Erforscherin und akribische Beschwörerin der Natur Die Rheinpfalz 20230117