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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
China oder Amerika: Wer setzt sich durch in der KI?
Eigentlich ist die Wissenschaft eine höchst internationale Angelegenheit. Die klügsten Köpfe rund um den Globus forschen miteinander und tauschen sich ständig aus - Grenzen spielen kaum eine Rolle. Die "Künstliche Intelligenz" war lange Zeit keine Ausnahme. Doch diese Technologie ist mittlerweile hochpolitisch, denn mit ihr sind gewaltige ökonomische und machtpolitische Erwartungen verbunden. Wer über die bessere KI verfügt, so die dahinterstehende Hoffnung, macht das Rennen. Offen ausgebrochen ist der Wettstreit seit einiger Zeit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den Vereinigten Staaten und China. Mancher Beobachter spricht schon vom "technologischen Wettrüsten" und fühlt sich erinnert an die Zeit, in der Amerika und die Sowjetunion darum konkurrierten, wer zuerst auf dem Mond landet. Eine Ausprägung dieses Streits sind etwa die Sanktionen, die Amerika gegen chinesische Tech-Konzerne wie Huawei verhängt - und oft mit der Bedrohung der nationalen Sicherheit begründet. Wie geht das aus? Und welche Rolle spielt dabei Europa?
Kai-Fu Lee weiß es auch nicht. Doch wie wenige andere bewegt er sich seit Jahren akademisch und kommerziell zwischen diesen beiden Großmächten. Er studierte "Künstliche Intelligenz", baute den Internetkonzern Google in China auf und gründete später die Wagniskapitalgesellschaft Sinovation Ventures mit Sitz in Peking, die er heute noch leitet. In seinem nun auch in deutscher Sprache erschienen Buch "AI Superpowers: China, Silicon Valley und die neue Weltordnung" stellt er das Panorama dar, in dem sich diese Auseinandersetzung entfaltet. Er analysiert, wie China aufholte gegenüber der amerikanischen Westküste, wie das Land (ganz anders als der Rest der Welt!) die Niederlage des zu jener Zeit besten menschlichen Spielers im traditionsreichen Brettspiel Go gegen ein Computerprogramm erlebte - und infolgedessen die chinesische Führung innerhalb kurzer Zeit das Ziel ausrief, aus der Volksrepublik bis zum Jahr 2030 die führende KI-Nation der Erde zu machen. China hat nach Ansicht von Kai-Fu Lee viele Vorteile: Ein gewaltiges und stetig wachsendes Daten-Reservoir, eine internetaffine Bevölkerung, einen gemessen an der Kundenzahl größeren potentiellen Markt und eine Vielzahl sehr ergebnisorientierter Unternehmer. In Amerika verortetet er wiederum nach wie vor die besten Forscher, wenn es darum geht, grundlegende Durchbrüche zu erzielen, die nicht "nur" wichtige Weiterentwicklungen existierender Lernalgorithmen sind. Am besten indes, auch das verschweigt er nicht, fände auch er, wenn sich das konfrontative Verhältnis in ein möglichst kooperatives verwandelt - mit Vorteilen für alle.
ALEXANDER ARMBRUSTER
Kai-Fu Lee: AI-Superpowers. China, Silicon Valley und die neue Weltordnung. Campus-Verlag, Frankfurt 2019, 320 Seiten, 26 Euro.
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