Magisterarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - 1848, Kaiserreich, Imperialismus, Note: 2,8, Universität Hamburg (Historisches Seminar), Veranstaltung: Das Deutsche Kaiserreich in der spätwilhelminischen Epoche, Sprache: Deutsch, Abstract: Während des Spätwilhelminismus war das Deutsche Kaiserreich ein durch polykratisches Chaos geprägter ungeordneter Machtapparat, der versuchte, die konstitutionelle Monarchie mit autokratischen Befehlsstrukturen gegen jedwede Demokratisierungstendenzen zu verteidigen. Diese strukturelle Krise manifestierte sich mit dem Ende des Bülow-Blocks 1909. Daraus resultierten Einflussmöglichkeiten für antidemokratisch und radikalnationalistisch gesinnte Gruppen, verstärkt durch die schwächelenden Parteien im rechten Lager. Zu diesem Themenfeld besteht noch viel Klärungsbedarf. Als Heinrich Claß Anfang 1908 den Vorsitz vom verstorbenen Ernst Hasse im wirkungsmächtigsten Agitationsverband des wilhelminischen Kaiserreichs, dem Alldeutschen Verband, übernahm vollzog sich im Verband ein für viele der Mitglieder erforderlicher ideologischer Wechsel. Eine direkte Zusammenarbeit mit der Regierung des Reichskanzlers von Bülow hatte keine positiven Ergebnisse erbracht, sondern den ADV öffentlich bloß gestellt. Neben der Radikalisierung des Verbandsprogramms sollte deshalb eine personelle Distanz zur Regierung aufgebaut werden, ohne alle Kontakte abzubrechen. Dieser Schritt war für die Regierung fatal und für den Verband zugleich ideal, wie es die Untersuchung der Vorgänge vor und während der 2. Marokkokrise in der vorliegenden Arbeit herausarbeiten möchte. Es sollte dabei erwähnt werden, dass der ADV schon zuvor bei einigen wichtigen Entscheidungen in Außen- und Innenpolitik der Ära von Bülows Einfluss besaß. Es fragt sich, ob die nachfolgende Regierung unter Bethmann Hollweg gegenüber nationalen Agitationsverbände wie dem ADV und deren politischen Vorstellungen weniger immun war. D.h., waren diese Vereine nicht ein Instrument der Reichsleitung zur Kaschierung der bereits genannten Krise, indem der Öffentlichkeit ein außenpolitisches machtvolles Deutschland suggeriert werden sollte? Der Verfasser möchte in dieser Arbeit einer der Folgen dieser strukturellen Krise auf den Grund gehen: Der verstärkten Ausbreitung des organisierten Nationalismus und deren Bedeutung für das Vorgehen der herrschenden Machteliten. Exemplarisch diente hierfür der ADV als Vertreter des organisierten Nationalismus, weil er als eine Art “holding company“ der “neuen Rechten“ verstanden werden kann und somit ihre Ideologie und politischen Ziele am effizientesten nach außen zu vertreten verstand.