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Fuyuko ist 34 Jahre alt, Korrekturleserin und einsam. Sie lebt für ihre Arbeit, die sie mit selbstausbeuterischer Gewissenhaftigkeit verrichtet. Einzig der Spaziergang, den sie regelmäßig durchs nächtlich erleuchtete Tokio unternimmt, bereitet ihr neben dem Beruf Freude. Sie hat sich in ihrem Einsiedlerinnenleben eingerichtet, bis sie eines Tages in den Spiegel sieht und feststellt, dass sich ihr ganzes Dasein in einem einzigen Wort zusammenfassen lässt: miserabel. In diesem Moment entscheidet sie, dass sich etwas ändern muss – und fasst einen folgenschweren Entschluss: Sie beginnt zu trinken.…mehr

Produktbeschreibung
Fuyuko ist 34 Jahre alt, Korrekturleserin und einsam. Sie lebt für ihre Arbeit, die sie mit selbstausbeuterischer Gewissenhaftigkeit verrichtet. Einzig der Spaziergang, den sie regelmäßig durchs nächtlich erleuchtete Tokio unternimmt, bereitet ihr neben dem Beruf Freude. Sie hat sich in ihrem Einsiedlerinnenleben eingerichtet, bis sie eines Tages in den Spiegel sieht und feststellt, dass sich ihr ganzes Dasein in einem einzigen Wort zusammenfassen lässt: miserabel. In diesem Moment entscheidet sie, dass sich etwas ändern muss – und fasst einen folgenschweren Entschluss: Sie beginnt zu trinken. Was mit einem Feierabendbier beginnt, gerät allmählich außer Kontrolle, und bald verlässt Fuyuko das Haus nicht mehr ohne eine Thermoskanne Sake. Bisher bloß am Beckenrand wagt sie sich nun hinein ins Leben – und sinkt immer tiefer. Allein die zufällige Begegnung mit einem Mann namens Mitsutsuka bewahrt sie davor, unterzugehen. Intensiv und aufwühlend zeichnet Mieko Kawakami das Bild einer Frau, die erkennt, dass sie auf sich selbst hören muss, um von der Randfigur zur Protagonistin im eigenen Leben zu werden.
Autorenporträt
MIEKO KAWAKAMI, geboren in Osaka, ist die Autorin des internationalen Bestsellerromans ¿Brüste und Eier¿ (DuMont 2020), der von der NEW YORK TIMES zu einem der bemerkenswertesten Bücher des Jahres gekürt und vom TIME MAGAZIN unter die besten zehn Bücher von 2020 gewählt wurde. 2006 debütierte Kawakami als Lyrikerin und veröffentlichte im Folgejahr ihren ersten Roman ¿My Ego, My Teeth, and the World¿. Für ihr Werk wurde sie mit zahlreichen renommierten Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter der KATJA BUSSON, geboren 1970, studierte Japanologie und Anglistik in Trier und Tokio. Sie übersetzte u. a. Junichiro Tanizaki, Keigo Higashino, Shugoro Yamamoto, Nanae Aoyama, Ko Machida und Natsu Miyashita.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensentin Lisa Berins begegnet in Mieko Kawakamis Roman der Zustand des "Weder-Vor-noch-Zurück-Kommens". Die Protagonistin Fuyuko ist Korrekturleserin, lebt in Tokio, hat keine wirklichen Freunde und ihr erster Sex war eine Vergewaltigung, resümiert Berins das bisherige Leben dieser Figur. Durch eine Begegnung mit der "schillernden Korrekturleserin Hijiri" kommt Fuyuko auf den Gedanken, ihr eigenes Leben sei "erbärmlich". Sie fängt an zu trinken und erhöht jeden Tag die Menge Alkohol, die ihr den erwünschten Vollrausch nach der Arbeit beschert: Fuyuko droht in einen Abgrund reinzufallen, erzählt Berins, bis sie den Lehrer Mitsutsuka kennen lernt. Kawakamis Buch bietet weder ein ein Happy End noch das genau Gegenteil - es erzählt von einer Frau, die einen unangepassten Weg geht, resümiert Berins, die Sympathie für diese unauffällige Protagonistin entwickelt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2023

Einsame Korrektorin
Mieko Kawakamis "All die Liebenden der Nacht"

"Warum ist es nachts so schön? Warum funkelt die Nacht?", fragt die scheue Fuyuko, worauf ihr Geliebter repliziert, dass die Welt nachts nur zur Hälfte existiere: "Im Dunkeln strengt der Rest der Welt sich doppelt an, deshalb ist das Nachtlicht so schön."

Die 1976 in Osaka geborene Schriftstellerin Mieko Kawakami widmet sich in ihrem auf philosophische Weise feministischen Werk mit Vorliebe den Verletzbaren, Träumern und Introvertierten. Nach dem Roman "Sommererzählung" (der hierzulande unter dem Titel "Brüste und Eier" erschien, F.A.Z. vom 19. August 2020), der von body shaming, Selbstoptimierung, Samenspende und alternativen Familienentwürfen handelte, und "Heaven" (über Mobbing in der Schule) ist der in Japan bereits 2011 erschienene Roman "All die Liebenden der Nacht" nun ihr drittes ins Deutsche übersetztes Werk. Es ist eine subtile Erzählung über Wörter, Licht und Existenz.

Im Zentrum steht die introvertierte vierunddreißigjährige Ich-Erzählerin Fuyuko, freiberufliche Korrektorin, Single und Workaholic. Bei einem einsamen Schaufensterbummel in Shinjuku erkennt sich Fuyuko als erbärmliche Frau, die "nicht wusste, wie man lebt". Um ihr ungeliebtes Ich aufzulösen, beginnt sie zu trinken und plant, in einem esoterisch angehauchten Kulturzentrum Kurse zur Lebenshilfe zu belegen. Dort lernt sie den mehr als zwanzig Jahre älteren Mitsutsuka kennen. Bei wöchentlichen Treffen in einem Café kommen sich die beiden in Trippelschritten näher - eine Ode auf die stille Mehrheit unspektakulärer Menschen. In scheinbar banalen Dialogen werden das Wunder des Lebens und "das Rätsel des Lichts", das Mitsutsuka der Heldin erklärt, sichtbar gemacht.

Kawakami sinniert in ihrem Roman aber auch über die Philosophie der Korrektur und das Ideal eines fehlerlosen, des "perfekten" Buchs. Fuyukos Korrekturlesemodus wird auch im Alltag angewandt. Ihr Grundgefühl ist ein Unbehagen ob des bloßen Retuschierens biographischer Romane anderer, des Lebens und Liebens aus zweiter Hand. Die Liebe ist ihr ein von Romanen oder Kinofilmen geborgtes Gefühl, das Leben "ein einziges Zitat". Doch zuletzt begibt sich die Korrektorin, die auch im Privaten ein ruhiges und fehlerfreies Leben führte, selbst auf das erratische Terrain der Liebe.

Die Frauenfiguren im Roman bezeugen die moderne japanische Beziehungsvielfalt. Da wären neben der bindungsarmen Fuyuko ihr Gegenpol. die attraktive Vorgesetzte Hijiri, die die Vorteile von Affären ohne Liebe beschwört. Oder Fuyukos Ex-Klassenkameradin, die Hausfrau Noriko, die das Prinzip "Ehe ohne Sex" vertritt, sich aus finanziellen Gründen nicht scheiden lässt und doch Kinder als "das Wichtigste" bezeichnet.

Zwischen den Zeilen schreibt Kawakami eine Kritik prekärer Arbeitswelten und der Geschlechterverhältnisse, der höheren Wertschätzung von Reproduktion als von weiblicher Teilhabe an der Produktion. Kleidung und Schminke fungieren im Roman als Merkmale von Klassenzugehörigkeit. Als Fuyukos Friseurin die Frau ohne Selbstwertgefühl ihrer Schönheit versichert und sie kostenlos schminkt, entdeckt diese im Handspiegel ein neues Gesicht. Anrufe der Vorgesetzten und Freundin Hijiri während ihrer zögerlich romantischen Treffen mit Mitsutsuka ignoriert sie. Doch als die weltgewandte Hijiri sich später über das unprofessionelle Make-up mokiert und ihr "selbstgefällige Keuschheit" vorwirft, beginnt Fuyukos Gegenwehr und Gegenrede, indem sie auf die Komplexität und Diversität von Gefühlen und Beziehungen verweist. Klassische japanische Jahreszeitenlyrik klingt an, wenn der Duft der Jacke des Geliebten den "Geruch des Winters" evoziert.

Auch wenn die Romanze nicht ewig währt, geht die Korrektorin gestärkt aus dem Fehlschlag der Liebe hervor. Ohne zu werten, zeigt Kawakami konservative oder alternative Lebensentwürfe - als Hijiri schwanger wird, macht sie Schluss mit ihrem Partner, um das Kind allein großzuziehen - im Labyrinth der Moderne auf. In der Schlussszene überkommen Fuyuko erstmals in einer eigenen Eingebung Wörter, die sie in ihr Notizbuch schreibt: "All die Liebenden der Nacht". Die Gemeinschaft der Einsamen in der Nacht und die Solidarität der Träumer stimmen sie zuversichtlich auf die Wiederkehr des Lichts am Morgen.

So ist der Roman neben seiner melancholisch-ätherischen Liebesgeschichte die Geschichte einer Selbstfindung und Emanzipation - von der Korrektorin zur Schöpferin. STEFFEN GNAM

Mieko Kawakami: "All die Liebenden der Nacht". Roman.

Aus dem Japanischen von Katja Busson. DuMont Buchverlag, Köln 2023. 260 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Der Roman [ist] neben seiner melancholisch-ätherischen Liebesgeschichte die Geschichte einer Selbstfindung und Emanzipation - von der Korrektorin zur Schöpferin.« Steffen Gnam, FAZ »Ein berührendes, zart erzähltes Buch über Einsamkeit.« Daniela Zinser, WELT AM SONNTAG »Bei Kawakami bekommt man nie das Ende, das man sich insgeheim wünscht. Dafür aber ein paar Gedanken mehr.« Lena Karger, WELT AM SONNTAG »Mieko Kawakami ist eine Meisterin des Ungesagten.« Carolin Courts, WDR 5 SCALA »Ein berührender Roman, der in seinem eigenen, langsamen Rhythmus die Hauptfigur zum Leuchten bringt« Kristine Harthauer, SWR 2 LESENWERT »In wunderschöner, knapper, klarer Prosa beschreibt [Mieko Kawakami] die vorsichtige Annäherung zweier Menschen.« Dagmar Kaindl, BUCHKULTUR »Ein berührendes Buch« Peter Helling, NDR KULTUR »Das hat mich [...] wahnsinnig berührt.« Meike Stein, PAPIERSTAU PODCAST »Meisterhaft.« Barbara Messner, MATHILDE »[Mieko Kawakamis] Dialoge sind so vorsichtig und fragil und in ihrer Einfachheit so philosophisch, dass man sich ertappt fühlt. [...] Ein gedankenvolles, leicht entrücktes, das kein Happy End und doch eins hat.« Lisa Berins, FRANKFURTER RUNDSCHAU »Ein ruhiges, poetisches Buch über die Einsamkeit einer Generation. Und: Kein Happy End. Tolle Autorin.« Walter Ercolino, STUTTGARTER ZEITUNG »Ein nachklingender Roman über die Anonymität der großstädtischen Home-Office-Welt, über Einsamkeit, Schmerz, Liebe, Sehnsucht. Berührt.« Katja Kraft, MÜNCHNER MERKUR »Mieko Kawakami schreibt so aufgeräumte Dialoge und Szenen-Miniaturen, dass es eine Freude ist. Ihr schon mehr als zehn Jahre alter, jetzt von Katja Busson feinfühlig ins Deutsche übertragene Roman ist eine Perle.« Isabel Lauer, NÜRNBERGER ZEITUNG »Gebannt und zutiefst berührt folgt man dem einsamen Millennial, der sich langsam und vorsichtig wie eine übervorsichtige Auster öffnet, um am Ende den Schatz der eigenen Persönlichkeit zu heben.« Gabriele Summen, DIE RHEINPFALZ »Es ist etwas Silbernes an Kawakamis Sätzen, ein lautlos ineinandergreifendes Räderwerk.« Ingrid Mylo, BADISCHE ZEITUNG »Ein sanfte[r] Roman über das stille Leiden der Einsamen« Johanna Kleinschuster, KLEINE ZEITUNG…mehr