In manchen Nächten mag es einem vorkommen, als enthielten die erhabenen Landschaften der Nacktheit mehr Wahrheit als ganze Bibliotheken heiliger Bücher. Eine gewöhnungsbedürftige Einsicht für einen Theologiestudenten, der seit einer halben Ewigkeit an einer Dissertation schreibt und mit seiner Freundin in Berlin-Friedenau ein grundberuhigtes, an inneren und äußeren Spannungen armes Leben führt. Die idyllische Behaglichkeit nimmt jedoch ein Ende, als er auf einem Wittenberger Symposion auf die Künstlerin Katharina trifft, die den verschlafenen Theoretiker im Lauf einiger Wochen in ein Mysterium des sinnlichen Selbstverlustes und ein ganz leibhaftiges Offenbarungsgeschehen hineinzieht. Die Begegnung sprengt all seine Begriffe und lässt die alten Götter um ihn auferstehen. Abgestürzt in eigene und hauptstädtische Abgründe, vorbei an Neuköllner Esoterikerinnen, hedonistischen Subkulturen und anderen zeitgenössischen Routinen urbaner Selbstoptimierung, bahnt er sich einen spirituell-heiteren Erkenntnisweg bis ins griechische Delphi. Dort, in der Mitte der Welt, erwartet ihn Katharina. Eine so sprachmächtige wie feinsinnige Annäherung an die Liebe und das Erotische, ein Roman von sinnlich-ironischer Leichtigkeit und gedanklicher Tiefe - ein Lobgesang auf die Zärtlichkeit.
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Geradezu "kathedral" erscheint Rezensent Jan Drees der zweite Roman von Emmanuel Maeß, der ihm angelehnt an Gottfried von Straßburgs "Tristan"-Epos von einer durch Betrug entstandenen, verzehrenden Liebe erzählt. Und so schreitet der Kritiker durch dieses wuchtige Textgebäude, begegnet einem namenlosen, nerdigen Theologie-Doktoranden, der, mit der vernünftigen Kinderärztin Clara liiert, eine amour fou mit der Kunststudentin Katharina - "mehr Naturereignis als Mensch" eingeht. Über dreihundert Seiten hinweg inszeniert Maeß die "quasi-religiöse Zelebration fleischlicher Lust", wie mittelalterliche Mystikerinnen verliert sich der Erzähler in seinem Liebesrausch, resümiert Drees. Gewährsmänner wie Augustinus, Platon, Plotin oder Kierkegaard treten ebenfalls auf, zugleich staunt der Kritiker, wie Maeß "Tinder und Titanen, Lichtwesen und Jim Jarmuschs Vampire" zusammenbringt. Für Drees ist dieser Roman, der nach des "Möglichkeit des Heiligen in religiös entwürdigten Zeiten" fragt, ein Glücksfall.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Emanuel Maeß ist ein gewaltiges, aber auch höchst verführerisches Wagnis eingegangen. Jan Drees Deutschlandfunk
Geradezu "kathedral" erscheint Rezensent Jan Drees der zweite Roman von Emmanuel Maeß, der ihm angelehnt an Gottfried von Straßburgs "Tristan"-Epos von einer durch Betrug entstandenen, verzehrenden Liebe erzählt. Und so schreitet der Kritiker durch dieses wuchtige Textgebäude, begegnet einem namenlosen, nerdigen Theologie-Doktoranden, der, mit der vernünftigen Kinderärztin Clara liiert, eine amour fou mit der Kunststudentin Katharina - "mehr Naturereignis als Mensch" eingeht. Über dreihundert Seiten hinweg inszeniert Maeß die "quasi-religiöse Zelebration fleischlicher Lust", wie mittelalterliche Mystikerinnen verliert sich der Erzähler in seinem Liebesrausch, resümiert Drees. Gewährsmänner wie Augustinus, Platon, Plotin oder Kierkegaard treten ebenfalls auf, zugleich staunt der Kritiker, wie Maeß "Tinder und Titanen, Lichtwesen und Jim Jarmuschs Vampire" zusammenbringt. Für Drees ist dieser Roman, der nach des "Möglichkeit des Heiligen in religiös entwürdigten Zeiten" fragt, ein Glücksfall.
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