Vierzig Jahre hat sie existiert: die DDR, von 1949 bis 1989. Vor zwanzig Jahren verschwand sie von der Bildfläche der Weltgeschichte. Kaum etwas ist von ihr übriggeblieben. Noch ein paar Hundert Trabis, einige Dutzend Musikschlager … und fast unbemerkt die DDR-Küche - nicht Gasherd oder
Kaffeemaschine sondern die Kochkunst zwischen Ostsee und Erzgebirge in diesen vierzig Jahren. Im Gegensatz zum…mehrVierzig Jahre hat sie existiert: die DDR, von 1949 bis 1989. Vor zwanzig Jahren verschwand sie von der Bildfläche der Weltgeschichte. Kaum etwas ist von ihr übriggeblieben. Noch ein paar Hundert Trabis, einige Dutzend Musikschlager … und fast unbemerkt die DDR-Küche - nicht Gasherd oder Kaffeemaschine sondern die Kochkunst zwischen Ostsee und Erzgebirge in diesen vierzig Jahren. Im Gegensatz zum westlichen Teil des geteilten Landes war in DDR die Küche von den Notwendigkeiten und den beschränkten Möglichkeiten der Zeit geprägt, vom Nachkriegsschwarzmarkt über die Lebensmittelkarte, die Schrebergarten-Ernte und das Konsum-Angebot bis hin zum Westpaket.
Die Leipziger Publizistin und Werbefachfrau Ute Scheffler hatte bereits vor über zehn Jahren in „Alles Soljanka oder wie?“ mehr als 300 typische Rezepte der ostdeutschen Küche zusammengetragen. „Das ultimative DDR-Kochbuch 1949-1989“ entwickelte sich schnell zu einem Bestseller und liegt nun bereits in der 10. (!) Auflage vor und das mit einem neuen, frischen Aussehen sowie überarbeitetem und aktualisiertem Inhalt.
Die vier Jahrzehnte DDR-Küche mit ihren sich wandelnden Gerichten werden in vier Kapiteln vorgestellt. Machte in den 50er Jahren meist noch Not erfinderisch, stieg in den 60er Jahren auch im Osten Deutschlands der Lebensstandard. Mit der internationalen Anerkennung der DDR in den 70er Jahren kamen - wenn auch in bescheidenem Umfang - neue Produkte in die Läden. Die 1980er Jahre waren für die DDR wohl die widersprüchlichsten Jahre - auch in der Küche, denn jetzt waren gesunde Ernährung und leichte Küche angesagt. Doch woher frisches Obst und Gemüse nehmen?
Von der selbst gemachten Hagebuttenmarmelade bis zum gefüllten Hackbraten, von den russischen Piroggen bis zum Thüringer Rostbrätl - die 300 Rezepte sind für die Älteren eine Erinnerung und für die jüngere Generation eine echte Entdeckung. Es waren meist einfache Gerichte, doch schmackhaft, denn die DDR-Küche war eine Küche, in der Ideenreichtum und Improvisation gefragt waren.
Außer den Rezepten besticht das Buch durch seine anschauliche und humorvolle Auf-machung sowie die zahlreichen Originalfotos aus alten DDR-Kochbüchern. Selbst an eine Liste heute noch erhältlicher Ostprodukte - vom Burger Knäckebrot bis zur Rot-Weiß-Zahncreme - wurde gedacht. Aber auch an die Geschichte dieser vierzig Jahre wird er-innert und so gibt es immer wieder kurze historische Informationen.
In „Alles Soljanka oder wie?“ findet die Leserin (aber auch der Leser) vieles, was schon vergessen schien. Das Buch ist jedoch mehr als Ostalgie, denn auf lebendige und schmackhafte Weise wird so ein Stück DDR-Geschichte dokumentiert. Die knapp 200 Seiten sind eine kurzweilige Reise durch die Kochkunst, die zum Nachkochen anregt. Na dann guten Appetit!
Manfred Orlick