Ob als Jeansknopf, Joghurtdeckel oder im Flugzeug: Täglich nutzen wir Aluminium. Der Umgang mit dem Leichtmetall ist uns selbst-verständlich, dabei war es einst teurer als Gold. Erst nachdem Alu-minium ab Ende des 19. Jahrhunderts großtechnisch hergestellt werden konnte, revolutionierte es das Alltagsleben und beflügelte Technik und Industrie. Seine Erzeugung blieb einer der energiein-tensivsten Produktionsprozesse – mit gewaltigen sozialen und öko-logischen Folgen. Dieses Buch erzählt die Erfolgsgeschichte des Universalwerkstoffs der Moderne – samt seiner Kehrseiten.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.03.2009Zeppelin und Dose
Luitgard Marschall erzählt die Geschichte des Aluminiums
Es umhüllt die Schokolade. Ist im Kochgeschirr. Im Auto und im Flugzeug: Aluminium. Der Werkstoff ist heute nach Eisen das zweitwichtigste Industriemetall. Jährlich knapp 33 Millionen Tonnen verbraucht derzeit die Weltbevölkerung. Es ist so alltäglich für uns, dass wir uns seiner gar nicht mehr bewusst sind. Oder denken Sie an das Metall, wenn Sie sich die Jeans zuknöpfen?
Es wäre gut, wüsste der Verbraucher Bescheid, aus welchen Stoffen seine Waren hergestellt sind. Das würde ihn möglicherweise umweltschonender mit ihnen umgehen lassen. All die maschinell verarbeiteten und flott designten Endprodukte lassen uns schnell ihre Erzeugung vergessen. Und die beginnt bei der Gewinnung des Rohmaterials, die im Falle von Aluminium ausgesprochen boden- und energieintensiv ist. Aluminium wird aus Bauxit gewonnen. Seine Förderung erfolgt im Tagebau, der große Bodenflächen vernichtet. Das sich daran anschließende elektrolytische Herstellungsverfahren, das im 19. Jahrhundert von Charles Martin Hall und Paul Hérault erfunden wurde und das immer noch angewendet wird, benötigt viel, sehr viel Strom. Mit der Folge, dass Aluminium heutzutage in Ländern produziert wird, deren Energiepreise niedrig sind. Brasilien etwa ist einer der fünf größten Aluminiumhersteller weltweit. Die Kehrseite: Die Zerstörung indigener Kulturen sowie des Regenwaldes schreitet voran.
Luitgard Marschall erzählt in ihrem lesenswerten Buch „Aluminium – Metall der Moderne” ausführlich den hier nur angedeuteten Stoffkreislauf. Und sachlich, ohne hysterischen Alarmismus, ohne erhobenen Zeigefinger. Die Wissenschaftsjournalistin lässt die Fakten sprechen. Ein Anliegen hat das Buch durchaus: Es „wendet sich gegen die Gleichgültigkeit und Ignoranz, mit der wir der wertvollen Ressource gegenüberstehen … Öffnen und schärfen soll es die Sinne für einen behutsamen und kritischen Umgang mit dem leichten Material.” Diese Schärfung gelingt Marschall, indem sie in zwei großen Kapiteln die Geschichte des Aluminiums erzählt, geschickt dabei Industrie- und Wirtschaftsgeschichte mit Kultur- und Konsumgeschichte verknüpfend. Erst dann wendet sie sich mit dem Fallbeispiel Brasilien der unmittelbaren Gegenwart zu. Ein Kapitel über Nachhaltigkeit beschließt das Buch.
Es war keineswegs so, dass das Leichtmetall nach seiner Entdeckung durch den Dänen Hans Christian Ørsted 1825 sofort seinen Siegeszug angetreten hätte. Bis es sich durchsetzen konnte, vergingen mehr als hundert Jahre. Noch um 1900 lag die weltweite Produktion erst bei 5700 Tonnen. Marschall rekapituliert die Etappen des stetigen Zuwachses am Beispiel der Architektur, der Zeppeline, der Mercedes-Benz-Silberpfeile. Nun ist etwa die Geschichte des Zeppelins nicht unbekannt. Aber wie sie hier ganz aus dem Gesichtspunkt des Materials entwickelt wird, ist ebenso verblüffend wie überzeugend. Ihr Resümee: „Mit den Zeppelinen erobert sich Aluminium sein erstes wichtiges Absatzgebiet in der Luftfahrt und machte sich einen Namen als Metall der Lüfte.”
Es sind dann die Nazis, die Aluminium größtenteils im Flugzeugbau einsetzen. Von Niederlage und Kapitulation erholte sich die deutsche Aluminiumindustrie erst wieder mit Beginn des Wirtschaftswunders. Die Motorisierung, die Baukonjunktur sowie der massenhafte Einzug immer neuer Geräte in die Haushalte ließen den Bedarf steigen und steigen. Die Wegwerfgesellschaft war geboren. Ihr Symbol ist die Getränkedose. Auch mit deren Geschichte befasst sich Marschall eingehend, bis zum Streit um den Dosenpfand. Nach der Lektüre des Buches d rfte jedem klar sein: Das silberne, Metall geht uns alle an. FLORIAN WELLE
LUITGARD MARSCHALL: Aluminium – Metall der Moderne. Oekom Verlag, München 2008. 288 Seiten, 24,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Luitgard Marschall erzählt die Geschichte des Aluminiums
Es umhüllt die Schokolade. Ist im Kochgeschirr. Im Auto und im Flugzeug: Aluminium. Der Werkstoff ist heute nach Eisen das zweitwichtigste Industriemetall. Jährlich knapp 33 Millionen Tonnen verbraucht derzeit die Weltbevölkerung. Es ist so alltäglich für uns, dass wir uns seiner gar nicht mehr bewusst sind. Oder denken Sie an das Metall, wenn Sie sich die Jeans zuknöpfen?
Es wäre gut, wüsste der Verbraucher Bescheid, aus welchen Stoffen seine Waren hergestellt sind. Das würde ihn möglicherweise umweltschonender mit ihnen umgehen lassen. All die maschinell verarbeiteten und flott designten Endprodukte lassen uns schnell ihre Erzeugung vergessen. Und die beginnt bei der Gewinnung des Rohmaterials, die im Falle von Aluminium ausgesprochen boden- und energieintensiv ist. Aluminium wird aus Bauxit gewonnen. Seine Förderung erfolgt im Tagebau, der große Bodenflächen vernichtet. Das sich daran anschließende elektrolytische Herstellungsverfahren, das im 19. Jahrhundert von Charles Martin Hall und Paul Hérault erfunden wurde und das immer noch angewendet wird, benötigt viel, sehr viel Strom. Mit der Folge, dass Aluminium heutzutage in Ländern produziert wird, deren Energiepreise niedrig sind. Brasilien etwa ist einer der fünf größten Aluminiumhersteller weltweit. Die Kehrseite: Die Zerstörung indigener Kulturen sowie des Regenwaldes schreitet voran.
Luitgard Marschall erzählt in ihrem lesenswerten Buch „Aluminium – Metall der Moderne” ausführlich den hier nur angedeuteten Stoffkreislauf. Und sachlich, ohne hysterischen Alarmismus, ohne erhobenen Zeigefinger. Die Wissenschaftsjournalistin lässt die Fakten sprechen. Ein Anliegen hat das Buch durchaus: Es „wendet sich gegen die Gleichgültigkeit und Ignoranz, mit der wir der wertvollen Ressource gegenüberstehen … Öffnen und schärfen soll es die Sinne für einen behutsamen und kritischen Umgang mit dem leichten Material.” Diese Schärfung gelingt Marschall, indem sie in zwei großen Kapiteln die Geschichte des Aluminiums erzählt, geschickt dabei Industrie- und Wirtschaftsgeschichte mit Kultur- und Konsumgeschichte verknüpfend. Erst dann wendet sie sich mit dem Fallbeispiel Brasilien der unmittelbaren Gegenwart zu. Ein Kapitel über Nachhaltigkeit beschließt das Buch.
Es war keineswegs so, dass das Leichtmetall nach seiner Entdeckung durch den Dänen Hans Christian Ørsted 1825 sofort seinen Siegeszug angetreten hätte. Bis es sich durchsetzen konnte, vergingen mehr als hundert Jahre. Noch um 1900 lag die weltweite Produktion erst bei 5700 Tonnen. Marschall rekapituliert die Etappen des stetigen Zuwachses am Beispiel der Architektur, der Zeppeline, der Mercedes-Benz-Silberpfeile. Nun ist etwa die Geschichte des Zeppelins nicht unbekannt. Aber wie sie hier ganz aus dem Gesichtspunkt des Materials entwickelt wird, ist ebenso verblüffend wie überzeugend. Ihr Resümee: „Mit den Zeppelinen erobert sich Aluminium sein erstes wichtiges Absatzgebiet in der Luftfahrt und machte sich einen Namen als Metall der Lüfte.”
Es sind dann die Nazis, die Aluminium größtenteils im Flugzeugbau einsetzen. Von Niederlage und Kapitulation erholte sich die deutsche Aluminiumindustrie erst wieder mit Beginn des Wirtschaftswunders. Die Motorisierung, die Baukonjunktur sowie der massenhafte Einzug immer neuer Geräte in die Haushalte ließen den Bedarf steigen und steigen. Die Wegwerfgesellschaft war geboren. Ihr Symbol ist die Getränkedose. Auch mit deren Geschichte befasst sich Marschall eingehend, bis zum Streit um den Dosenpfand. Nach der Lektüre des Buches d rfte jedem klar sein: Das silberne, Metall geht uns alle an. FLORIAN WELLE
LUITGARD MARSCHALL: Aluminium – Metall der Moderne. Oekom Verlag, München 2008. 288 Seiten, 24,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Florian Welle hat diese Geschichte des Aluminiums offenbar mit Gewinn gelesen, nach der Lektüre wusste er jedenfalls, dass ihn das Metall etwas angeht, von dem 33 Millionen Tonnen verbraucht werden. Für die Förderung seines Grundstoffs Bauxit werden große Bodenflächen vernichten, für seine elektrolytische Herstellung wird unglaublich viel Strom benötigt, weswegen ein Großteil der Produktion nach Brasilien verlegt wurde, das dafür seinen Regenwald zuschanden reitet. Sachlich, verständlich und geschickt verbinde die Autorin Luitgard Marschall dabei "Industrie- und Wirtschaftsgeschichte mit Kultur- und Konsumgeschichte", lobt Rezensent Welle, der auch noch viel Interessantes über die Geschichte des Zeppelins in diesem Buch erfahren haben will.
© Perlentaucher Medien GmbH
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