Revidierung der Vorstellungen aus dem Geschichtsunterricht
Ich glaubte immer, die Deutschen seien im Ersten Weltkrieg noch so klug gewesen, dass sie frühzeitig den Krieg beendeten, also ohne Besetzung des eigenen Landes. Aber das war nicht so. Nur der Matrosenaufstand verhinderte eine
Kamikaze-Aktion der deutschen Marine und führte zur Novemberrevolution. Neu für mich auch, dass die Absetzung…mehrRevidierung der Vorstellungen aus dem Geschichtsunterricht
Ich glaubte immer, die Deutschen seien im Ersten Weltkrieg noch so klug gewesen, dass sie frühzeitig den Krieg beendeten, also ohne Besetzung des eigenen Landes. Aber das war nicht so. Nur der Matrosenaufstand verhinderte eine Kamikaze-Aktion der deutschen Marine und führte zur Novemberrevolution. Neu für mich auch, dass die Absetzung des preußischen Königshaus fast ohne Blutvergießen stattfand. Nur die Angst vor einem Offiziersaufstand und vereinzelte Gefechte führten zu wenigen Toten.
Dann aber, weil Regierungstruppen in Berlin Matrosen im Marstall nicht ohne Verluste entwaffnen konnte (am 24.12.!), weil es Angst in der gesamten Bevölkerung vor einem Liebknecht-Aufstand gab, führte die Regierung, also Verteidigungsminister Noske den Schießbefehl ein und die Zahl der Toten wuchs, die durch die Gräuel der Nazis in Vergessenheit gerieten.
Zu nennen sind die Niederschlagung des Januaraufstand, der früher Spartakusaufstand hieß, die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, und die Beendigung des März-Streikes am Alexanderplatz mit folgenden Straßenkämpfen in Lichtenberg.
Immer wieder betont Jones die Bedeutung von Gerüchten: Die Spartakisten hatten nie genug Kämpfer für eine erfolgreiche Revolution, also wurde die russische Gefahr in fast der gesamten deutschen Presse überschätzt. Zu den Straßenkämpfen in Lichtenberg kam es, weil Revolutionäre angeblich einen Polizeiposten überfallen hätten. Einen solchen Überfall gab es aber nicht.
Die Zeit des legitimierten Tötens dauerte bis zum 6.5.1919, als Regierungstruppen nach der Niederschlagung der Räte-Republik in München 21 unschuldige Katholiken töteten, ja massakrierten. In Bayern setzte sich die SPD, im Gegensatz zur regierungstreuen SPD in Berlin, dafür ein, dass den Tätern ein Prozess gemacht wurde. Auch die katholische Kirche übte Druck aus.
Viel Neues habe ich gelernt und den bräsigen, deutschen Professorenstil haben ich nicht gefunden. Die meisten Kapitel beginnen erzählerisch mit einem Beispiel für die Gewalt, dann folgt die politische Ursache und Hintergründe, zum Schluss die Bewertung in der Presse.
Der Pressespiegel wiederholt sich. Wo nichts Neues steht, muss nicht wörtlich zitiert werden. Ein wenig bekommt man das Gefühl, der Autor habe in den Archiven die Zeitung “Freiheit“ der USPD gefunden, dadurch eine neue Sicht bekommen und will diese dem Leser mitteilen. Fast gebetsmühlenartig ist vom „Gewaltmythos“ die Rede.
Wegen dieser Wiederholungen nur 4 Sterne.