Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: A- (1-), , Veranstaltung: Bildungsroman, Sprache: Deutsch, Abstract: Der 1959 veröffentlichte Roman Die Blechtrommel von Günter Grass handelt von den Deutschen vor und während der zwölfjährigen Naziherrschaft sowie in der Nachkriegszeit. Der Roman thematisiert jedoch weder Krieg, Soldatenschicksale, Ideologien noch historische Großereignisse, sondern beschreibt eine durch Passivität geprägte deutsche Gesellschaft in ihrer Konfrontation mit dem Dritten Reich und mit ihrer anschließenden Vergangenheitsbewältigung. Aus der Sicht des Protagonisten Oskar Matzerath beschreibt Grass das Verhalten der Deutschen in dieser Zeit, das sich neben Passivität auch insbesondere durch ein hohes Maß an Widersprüchlichkeit und Ambivalenzen auszeichnet. Trennlinien werden verwischt, Gegensätze aufgehoben und Dinge und Aussagen verlieren ihre Eindeutigkeit. Ambivalenzen ziehen sich wie ein roter Faden durch den Roman und sind Auslöser des schizophrenen Zustands, in dem sich die Deutschen nach den Kriegserlebnissen unweigerlich wiederfinden. Die Blechtrommel bringt das Dilemma der Deutschen zur Sprache: Ihre Unfähigkeit, aktiv Stellung zu ihrer Vergangenheit zu beziehen, ihre Rolle im Krieg eindeutig zu definieren, Verantwortung zu übernehmen und individuelle Schuld zu bekennen. In der Unfähigkeit der Deutschen zu einer eigenen eindeutigen Positionierung insbesondere im Umgang mit ihrer eigenen Geschichte und in der Täter/Opfer Frage bezüglich des Zweiten Weltkrieges sieht Grass eine Charaktereigenschaft, die er in seinem Roman durch Ambivalenzen unterschiedlichster Art darstellt. Grass sieht in der Passivität der Romanfiguren den Ursprung ihrer ambivalenten Situation: Ihre Passivität hat fatale Folgen, die sie von Opfern zunächst zu Zeugen und schließlich zu aktiven Tätern werden lassen. In der erzählten Geschichte des Romans reichen sie bis zurück in die Zeit vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. [...]