Charles C. Mann schreibt die Geschichte des vorkolumbischen Amerikas. Er macht deutlich, dass die indianischen Kulturen oftmals weiter entwickelt waren als die europäische. Ihre Boote waren schneller und wendiger als die der Europäer, ihre Städte größer als das damalige Paris. Kolumbus' Ankunft in Amerika veränderte den Kontinent fundamental. Zwei Zivilisationen trafen aufeinander, deren Historie und Kultur unterschiedlicher nicht hätten sein können, und für die Ureinwohner war die Begegnung folgenschwer: Die Masern-, Pocken- und die Grippeviren, welche die Europäer einschleppten, rafften einen Großteil von ihnen dahin, Kriege entmachteten sie. Mann lässt das vorkolumbische Amerika aufleben. Er gewährt uns überraschende Einblicke in die Lebensweise der Ureinwohner und zeigt, wie noch heute ihre Mais-, Kürbis- und Kartoffelanbauflächen weite Teile des Kontinents prägen. «Amerika vor Kolumbus» ist ein wichtiges, mitreißend erzähltes Buch. «Die Indianer waren keine nomadischen, ökologisch vorbildlichen Menschen, die zu Pferde Büffel jagten. Sie erbauten und bevölkerten einige der größten und reichsten Städte der Welt. Keineswegs abhängig von der Großwildjagd, lebten die meisten Indianer auf Farmen. Amerika war unermesslich geschäftiger, mannigfaltiger und dichter bevölkert, als es sich die Forscher früher vorgestellt hatten. Und älter war es auch.» Das Buch wurde von der National Academy of Sciences als bestes Buch des Jahres ausgezeichnet.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Harald Eggebrecht freut sich, dass nach "Kolumbus' Erbe" nun auch Charles C. Manns Buch über "Amerika vor Kolumbus" endlich auf Deutsch erschienen ist. Das Buch eröffnet neue Perspektiven auf den Doppelkontinent, lobt der Kritiker, der bewundert, wie einleuchtend Mann mit "bornierten" Wissenschaftsmeinungen und festgefügten Ansichten aufräumt. So erfährt Eggebrecht hier etwa, dass die Urbevölkerung Amerikas zahlenmäßig keineswegs so klein war, wie lange angenommen, sondern immer mehr Berichte von vor Menschen "wimmelnden" Dörfern und Städten auftauchen. Darüber hinaus lernt der Rezensent, dass die Vorstellung von einer unberührten Wildnis, die die europäischen Entdecker angeblich angetroffen haben, mit Blick auf die bereits entwickelten Hochkulturen verschiedener Indianerstämme, die auch das Land kultivierten, längst hätte revidiert werden müssen. Vergnügt liest der Kritiker zudem, wie der Autor die überholten Lehrmeinungen von Wissenschaftskollegen überzeugend zerlegt. Ein reichhaltiges, spannendes Buch, das nicht zuletzt dank des umfassenden Anmerkungsapparats zu neuen Diskussionen einlädt, schließt Eggebrecht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016Vor dem bösen
Erwachen
Charles C. Mann schildert das Amerika von 1491.
Da ahnte noch niemand, dass ein Jahr
später ein gewisser Kolumbus kommen würde
– in der Meinung, er habe Indien entdeckt
VON HARALD EGGEBRECHT
Wer dieses Buch gelesen hat, kann gar nicht anders, als Georg Christoph Lichtenbergs Bonmot zuzustimmen: „Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.“ Charles C. Mann, der in „Kolumbus’ Erbe“ eindrucksvoll beschrieben hat, wie die Entdeckung Amerikas die Welt verändert hat bis ins Reich von Mikroben und Bakterien hinein, entfaltet in diesem Buch – das unter dem Originaltitel „1491: New Revelations of the Americas Before Columbus“ erstmals 2005 in New York erschien und dessen letzte Version 2011 herauskam – nun die Situation des Doppelkontinents vor jener „bösen Entdeckung“. Wie schon in seinem anderen, ungemein erhellenden Werk räumt Mann mit lieb gewordenen Ansichten, bornierten Wissenschaftsmeinungen, festgefügten Glaubenssätzen und versteinerten Überzeugungen auf und entwirft am Ende ein vielfarbiges und vielgesichtiges Panorama eines von verschiedensten Kulturen und ihren Menschen bebenden Doppelkontinents, der auch ohne die Ankunft des Kolumbus auf interessanteste Weisen eine ganz eigene Entwicklung von Zivilisation und „Fortschritt“ genommen hätte.
In drei Teilen spürt er drei grundsätzlichen Fragenkomplexen zur indianischen Kulturentfaltung Nord- und Südamerikas nach, die die neuesten Forschungen und deren Befunde ergeben haben: „Die indianische Demografie, die indianischen Ursprünge sowie die indianische Ökologie“. Dabei weist Mann darauf hin, dass es sich um einen fortgesetzten Prozess handelt, weshalb keinerlei Gesamtschau oder umfassende Geschichte der beiden Amerika vor Kolumbus beabsichtigt sein kann, weil der schreibende Autor am Ende von neuesten Forschungen überholt würde, sodass der Anfang eines solchen Unternehmens schon wieder veraltet wäre.
Doch all solchen Vorsichtsmaßnahmen und Einschränkungen zum Trotz: Mann öffnet völlig neue Perspektiven auf den Doppelkontinent, was seine Bearbeitung durch die Menschen der westlichen Hemisphäre, immer noch mit dem letztlich unsinnigen Namen „Indianer“ benannt, angeht. Er schildert, wie zäh sich gerade unter maßgeblichen Wissenschaftlern vermeintlich sichere Annahmen verfestigen und wie schwer es angebliche Außenseiter haben, neue Erkenntnisse durchzusetzen. So war es bis in die Neunzigerjahre hinein selbstverständlich, von einer geringen Urbevölkerung in den Amerikas auszugehen. Doch dieses Dogma wankt inzwischen, weil einmal die Berichte der Europäer über ihre ersten Begegnungen mit Indianern von vor Menschen wimmelnden Dörfern und Städten künden. Zum andern wird von Epidemien erzählt, in denen Pocken, Grippe, Typhus, Tuberkulose und andere ungewollte „Geschenke“ der weißen Ankömmlinge ganze Landstriche entvölkerten sowohl in Nord- wie in Südamerika. Mann erzählt davon, wie die ältere Schulmeinung zur Zahl der Urbevölkerung schwer erschüttert wird durch die Untersuchungen von Molekularbiologen, Genetikern und Geologen. So hat sich herausgestellt, dass die Indianer aufgrund ihrer jahrtausendelangen Abgeschiedenheit ein weniger ausdifferenziertes Immunsystem haben, weshalb die europäischen Viren und anderen Keime eben Millionen dahinraffen konnten. Daher kommen sie zu völlig neuen Bevölkerungszahlen, deren Wahrscheinlichkeit mit jeder Untersuchung größer wird.
Womöglich haben also im Gegensatz zur immer noch vertretenen Meinung der „Niedrigzähler“, die von kaum mehr als einer Million Menschen auf dem Doppelkontinent ausgehen, in Nord- und Südamerika viele Millionen Menschen gelebt, und ihre Ursprünge weisen wesentlich weiter zurück als bisher angenommen. Es liest sich spannend und vergnüglich zugleich, wie der mächtige Anthropologie-Professor Aleš Hrdlička von der ehrwürdigen Smithsonian Institution jeglichen Versuch, neuere Erkenntnisse aufgrund eigentlich schlagender Befunde einzubringen, diskreditierte. Für ihn konnte es nicht sein, dass es Indianer schon vor zehntausend und mehr Jahren gegeben haben sollte. Als Speerspitzen gefunden wurden in prähistorischen Bisons, die dann nach etlichen Forscherstreitereien die Existenz der sogenannten Clovis-Kultur belegten, verweigerte Hrdlička die Anerkennung, weil bislang keine menschlichen Gebeine solchen Alters gefunden wurden. Getrieben von Rechthaberei um fast jeden Preis, ließ er Gräberfelder mit dem Bulldozer umwühlen ohne Rücksicht auf die Traditionen und religiösen Gefühle der Indianer.
Ähnlich erging es einem anderen Bannerträger von scheinbar unumstößlichen Lehrmeinungen, dem Archäologen C. Vance Haynes, der für die Einwanderung der Indianer aus Sibirien nach Alaska über die wegen der Eiszeit trockengefallenen Beringsee – das Meer ist dort heute nur 37 Meter tief – von einem Korridor gesprochen hat, in dem sich zu der Zeit viele Wildtiere aufhielten. Mann hat Haynes besucht, der beklagt, alles wissenschaftliche Vorgehen würde von Amateuren und Spinnern missachtet. Einerseits ist das richtig, andrerseits musste Haynes miterleben, wie seine Korridor-Theorie zur Einwanderung der Indianer aus Asien Stück für Stück entkräftet wurde, unter anderem durch neue Funde in Chile, die eindeutig belegen, dass Indianer lange vor der Clovis-Kultur schon da waren. Inzwischen gibt es die These, dass mindestens drei Wellen von Einwanderungen geschehen sein müssen.
Zu den Lehrgebäude-Erschütterern gehören auch Linguisten wie Joseph Greenberg, der die enorme Sprachenvielfalt der Indianer auf letztlich drei Hauptwurzeln zurückführen will: das Eskimo-Aleutische, die Na-Dené-Sprache und das Amerind. Seine Thesen sind heftig umstritten, doch Charles Mann zeigt, dass weder die „Clovis first“-Theorie mehr haltbar ist noch andere Gewissheiten über die amerikanischen Ureinwanderer.
Der letzte Teil seines aufregenden, perspektivreichen, mit reichhaltigem Apparat versehenen und zu weiteren Diskussionen und Streitgesprächen einladenden Buches – glänzend geschrieben wie schon sein Standardwerk über „Kolumbus’ Erbe“ und souverän übersetzt von Bernd Rullkötter – widmet sich der Einwirkung und Gestaltung der amerikanischen Natur durch die frühen Menschen. Damit gerät eine der bedeutsamsten Projektionsflächen vor allem der weißen Einwanderer und der Europäer ins Wanken: Die Vorstellung von einer Natur, einer Wildnis an sich, in der eben der edle Wilde in Einklang mit ihr lebt, ohne sie zu berühren.
Charles C. Manns Buch erläutert, dass es dergleichen Wildnis wohl nie gegeben hat, auch nicht in den beiden Amerikas, wo Indianer erste Hochkulturen bildeten, als in Mesopotamien die Sumerer herrschten. Manns Fazit lautet daher: „Die amerikanischen Ureinwohner bewirtschafteten den Kontinent, wie sie es für richtig hielten . . . Wenn heutige Nationen den größtmöglichen Teil der Landschaft in den Zustand des Jahres 1491 zurückführen möchten, gilt es, den umfassendsten Garten der Welt zu erschaffen.“
Vorstellungen von unberührter
Natur und edlen Wilden in ihr
müssen verabschiedet werden
Charles C. Mann:
Amerika vor Kolumbus.
Die Geschichte eines
unentdeckten Kontinents. Aus dem Englischen von Bernd Rullkötter. Rowohlt Verlag, Reinbek 2016.
718 Seiten, 29,95 Euro. E-Book 24,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Erwachen
Charles C. Mann schildert das Amerika von 1491.
Da ahnte noch niemand, dass ein Jahr
später ein gewisser Kolumbus kommen würde
– in der Meinung, er habe Indien entdeckt
VON HARALD EGGEBRECHT
Wer dieses Buch gelesen hat, kann gar nicht anders, als Georg Christoph Lichtenbergs Bonmot zuzustimmen: „Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.“ Charles C. Mann, der in „Kolumbus’ Erbe“ eindrucksvoll beschrieben hat, wie die Entdeckung Amerikas die Welt verändert hat bis ins Reich von Mikroben und Bakterien hinein, entfaltet in diesem Buch – das unter dem Originaltitel „1491: New Revelations of the Americas Before Columbus“ erstmals 2005 in New York erschien und dessen letzte Version 2011 herauskam – nun die Situation des Doppelkontinents vor jener „bösen Entdeckung“. Wie schon in seinem anderen, ungemein erhellenden Werk räumt Mann mit lieb gewordenen Ansichten, bornierten Wissenschaftsmeinungen, festgefügten Glaubenssätzen und versteinerten Überzeugungen auf und entwirft am Ende ein vielfarbiges und vielgesichtiges Panorama eines von verschiedensten Kulturen und ihren Menschen bebenden Doppelkontinents, der auch ohne die Ankunft des Kolumbus auf interessanteste Weisen eine ganz eigene Entwicklung von Zivilisation und „Fortschritt“ genommen hätte.
In drei Teilen spürt er drei grundsätzlichen Fragenkomplexen zur indianischen Kulturentfaltung Nord- und Südamerikas nach, die die neuesten Forschungen und deren Befunde ergeben haben: „Die indianische Demografie, die indianischen Ursprünge sowie die indianische Ökologie“. Dabei weist Mann darauf hin, dass es sich um einen fortgesetzten Prozess handelt, weshalb keinerlei Gesamtschau oder umfassende Geschichte der beiden Amerika vor Kolumbus beabsichtigt sein kann, weil der schreibende Autor am Ende von neuesten Forschungen überholt würde, sodass der Anfang eines solchen Unternehmens schon wieder veraltet wäre.
Doch all solchen Vorsichtsmaßnahmen und Einschränkungen zum Trotz: Mann öffnet völlig neue Perspektiven auf den Doppelkontinent, was seine Bearbeitung durch die Menschen der westlichen Hemisphäre, immer noch mit dem letztlich unsinnigen Namen „Indianer“ benannt, angeht. Er schildert, wie zäh sich gerade unter maßgeblichen Wissenschaftlern vermeintlich sichere Annahmen verfestigen und wie schwer es angebliche Außenseiter haben, neue Erkenntnisse durchzusetzen. So war es bis in die Neunzigerjahre hinein selbstverständlich, von einer geringen Urbevölkerung in den Amerikas auszugehen. Doch dieses Dogma wankt inzwischen, weil einmal die Berichte der Europäer über ihre ersten Begegnungen mit Indianern von vor Menschen wimmelnden Dörfern und Städten künden. Zum andern wird von Epidemien erzählt, in denen Pocken, Grippe, Typhus, Tuberkulose und andere ungewollte „Geschenke“ der weißen Ankömmlinge ganze Landstriche entvölkerten sowohl in Nord- wie in Südamerika. Mann erzählt davon, wie die ältere Schulmeinung zur Zahl der Urbevölkerung schwer erschüttert wird durch die Untersuchungen von Molekularbiologen, Genetikern und Geologen. So hat sich herausgestellt, dass die Indianer aufgrund ihrer jahrtausendelangen Abgeschiedenheit ein weniger ausdifferenziertes Immunsystem haben, weshalb die europäischen Viren und anderen Keime eben Millionen dahinraffen konnten. Daher kommen sie zu völlig neuen Bevölkerungszahlen, deren Wahrscheinlichkeit mit jeder Untersuchung größer wird.
Womöglich haben also im Gegensatz zur immer noch vertretenen Meinung der „Niedrigzähler“, die von kaum mehr als einer Million Menschen auf dem Doppelkontinent ausgehen, in Nord- und Südamerika viele Millionen Menschen gelebt, und ihre Ursprünge weisen wesentlich weiter zurück als bisher angenommen. Es liest sich spannend und vergnüglich zugleich, wie der mächtige Anthropologie-Professor Aleš Hrdlička von der ehrwürdigen Smithsonian Institution jeglichen Versuch, neuere Erkenntnisse aufgrund eigentlich schlagender Befunde einzubringen, diskreditierte. Für ihn konnte es nicht sein, dass es Indianer schon vor zehntausend und mehr Jahren gegeben haben sollte. Als Speerspitzen gefunden wurden in prähistorischen Bisons, die dann nach etlichen Forscherstreitereien die Existenz der sogenannten Clovis-Kultur belegten, verweigerte Hrdlička die Anerkennung, weil bislang keine menschlichen Gebeine solchen Alters gefunden wurden. Getrieben von Rechthaberei um fast jeden Preis, ließ er Gräberfelder mit dem Bulldozer umwühlen ohne Rücksicht auf die Traditionen und religiösen Gefühle der Indianer.
Ähnlich erging es einem anderen Bannerträger von scheinbar unumstößlichen Lehrmeinungen, dem Archäologen C. Vance Haynes, der für die Einwanderung der Indianer aus Sibirien nach Alaska über die wegen der Eiszeit trockengefallenen Beringsee – das Meer ist dort heute nur 37 Meter tief – von einem Korridor gesprochen hat, in dem sich zu der Zeit viele Wildtiere aufhielten. Mann hat Haynes besucht, der beklagt, alles wissenschaftliche Vorgehen würde von Amateuren und Spinnern missachtet. Einerseits ist das richtig, andrerseits musste Haynes miterleben, wie seine Korridor-Theorie zur Einwanderung der Indianer aus Asien Stück für Stück entkräftet wurde, unter anderem durch neue Funde in Chile, die eindeutig belegen, dass Indianer lange vor der Clovis-Kultur schon da waren. Inzwischen gibt es die These, dass mindestens drei Wellen von Einwanderungen geschehen sein müssen.
Zu den Lehrgebäude-Erschütterern gehören auch Linguisten wie Joseph Greenberg, der die enorme Sprachenvielfalt der Indianer auf letztlich drei Hauptwurzeln zurückführen will: das Eskimo-Aleutische, die Na-Dené-Sprache und das Amerind. Seine Thesen sind heftig umstritten, doch Charles Mann zeigt, dass weder die „Clovis first“-Theorie mehr haltbar ist noch andere Gewissheiten über die amerikanischen Ureinwanderer.
Der letzte Teil seines aufregenden, perspektivreichen, mit reichhaltigem Apparat versehenen und zu weiteren Diskussionen und Streitgesprächen einladenden Buches – glänzend geschrieben wie schon sein Standardwerk über „Kolumbus’ Erbe“ und souverän übersetzt von Bernd Rullkötter – widmet sich der Einwirkung und Gestaltung der amerikanischen Natur durch die frühen Menschen. Damit gerät eine der bedeutsamsten Projektionsflächen vor allem der weißen Einwanderer und der Europäer ins Wanken: Die Vorstellung von einer Natur, einer Wildnis an sich, in der eben der edle Wilde in Einklang mit ihr lebt, ohne sie zu berühren.
Charles C. Manns Buch erläutert, dass es dergleichen Wildnis wohl nie gegeben hat, auch nicht in den beiden Amerikas, wo Indianer erste Hochkulturen bildeten, als in Mesopotamien die Sumerer herrschten. Manns Fazit lautet daher: „Die amerikanischen Ureinwohner bewirtschafteten den Kontinent, wie sie es für richtig hielten . . . Wenn heutige Nationen den größtmöglichen Teil der Landschaft in den Zustand des Jahres 1491 zurückführen möchten, gilt es, den umfassendsten Garten der Welt zu erschaffen.“
Vorstellungen von unberührter
Natur und edlen Wilden in ihr
müssen verabschiedet werden
Charles C. Mann:
Amerika vor Kolumbus.
Die Geschichte eines
unentdeckten Kontinents. Aus dem Englischen von Bernd Rullkötter. Rowohlt Verlag, Reinbek 2016.
718 Seiten, 29,95 Euro. E-Book 24,99 Euro.
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Faszinierend. Ein bahnbrechendes Buch, das ein tief verwurzeltes Klischee nach dem anderen über das koloniale Amerika widerlegt. The Boston Globe