Was war der Holocaust damals und wie wirkt der Holocaust heute noch? Harry Friebel betrachtet den Themenkomplex "Erinnerungskultur" aus einer interdisziplinären Perspektive und untersucht Motivationen, Bedeutungen und Interessenlagen auf verschiedenen Ebenen. Besondere Aufmerksamkeit wird der Wechselseitigkeit von Täter- und Opferperspektive innerhalb der NS-Diktatur und im Leben der Nachkommen in einer multikulturellen Moderne gewidmet. Abschließend diskutiert der Autor die Frage, wie eine Erinnerungskultur für die Zukunft aussehen kann.
Mir gefallen H. Friebels gedankliche Brückenschläge wie z. B. Subjekt-Logik versus Gelegenheitsstrukturen, Vergangenheitsvergegenwärtigung, Doppelstruktur von Wissen und Nicht-Wissen, Beschweigen, intergenerationales Nachbeben. Hilfreich ist seine Unterscheidung des Erinnerns an die NS-Zeit nach gesellschaftlichem, institutionellem und individuellem Erinnern. Dieses Erinnern ist in Deutschland auf allen drei Ebenen zunächst einmal unangenehm und bedarf des mutigen Arbeitens im Unliebsamen, des mutigen Verzichts auf Verleugnung, Verdrängung und Beschweigen.Ingegerd Schäuble, Kontext, Heft 2/2024 Die Seiten des schmalen Buches drohen vor lauter Bezügen, Belegen und Fußnoten nahezu zu platzen, aber Harry Friebel verliert nie den Bezug zu seinen Leitfragen. Auch der persönliche Ton und die klare Haltung machen das Essay zu einem sehr lesenswerten Werk mit spannenden Herangehensweisen und Verknüpfungen. Ronja Inhoff, Außerschulische Bildung, 2/2024 Jenseits aller unterschiedlichen Interpretationen, Sicht- und Herangehensweisen in Hinblick auf die Aufarbeitung der von Deutschen begangenen Verbrechen vermittelt Friebel in seinem Buch die zentrale Botschaft: »Wenn die Wirkmächtigkeit des NS-Terrorregimes von 1933 bis 1945 auch heute noch (...) weiter deutlich aufspürbar ist, dann sagt uns das: Gestern ist auch morgen!« (S. 77) Damit meint er eben nicht nur die Aufarbeitung in einem allgemeinen politischen Kontext, sondern die Herausforderung jedes Einzelnen, sich seiner Familiengeschichte zu stellen. Joachim Geffers, hlz-Zeitschrift der GEW Hamburg 5-6/2024 Der Essay ist eine dicht geschriebene Vergegenwärtigung der bisherigen Erinnerungskultur und ein nachdrückliches Plädoyer über eine zukünftige nachzudenken. Die NS-Zeit als Bildungsauftrag im Gedächtnis zu behalten - und hier vor allem auch im familienbiografischen - und sie weiterhin öffentlich zu machen, ist die Kernbotschaft seines Essays. Benno Hafeneger, Journal für Politische Bildung, 1-2024 Das Büchlein thematisiert die in vielerlei Hinsicht misslungene NS-Vergangenheitsbewältigung, die in der Bundesrepublik nach 1945 zur Pflichtveranstaltung wurde, die aber nicht wirklich als breite zivilgesellschaftliche Aktivität oder als allgemeine Änderung des Geschichtsbewusstsein zur Geltung kam. [...] Als Sammlung von Denkanstößen und sachdienlichen Hinweisen kann das Buch [...] zur Einführung in den Themenkomplex genutzt werden. Johannes Schillo auf socialnet, 9.11.2023