Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für deutsche Philologie), Veranstaltung: Proseminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Das in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts (Fassung A) entstandene Spielmannsepos bewegt sich vor dem historischen Hintergrund der Hegemoniekämpfe zwischen Staufern und Welfen und umfaßt die Themenbereiche „Reichsgeschichte“, „der vorbildliche ritterliche Held“ sowie den Orientbereich und die dort vermuteten „seltsamen“ Geschöpfe. Das Epos thematisiert zum einen den Konflikt zwischen Partikular- und Zentralgewalt, was auch den Grund für die Reise des Herzogs nach Jerusalem liefert,und gleichzeitig auch der Bezeichnung „Staatsroman“ seine Legitimation erteilt. Zum anderen wird der Krieg gegen die Heiden unter dem Zeichen des Kreuzes dargestellt, verknüpft mit Elementen der aventiure. Auf der strukturellen Ebene fällt auf, daß die Orientreise des Herzogs eingebettet ist in eine Vorgeschichte, die den bereits angesprochenen Konflikt darstellt, und eine Nachgeschichte, die die Rückkehr des Herzogs und die Wiederherstellung der durch den Konflikt gestörten Ordnung zum Thema hat. Dazwischen liegt die Reise des Herzogs, die ihn über verschiedene Stationen bis nach Jerusalem führt und seinen Bewährungsweg als Ritter und Herrscher darstellt. Betrachtet man die einzelnen Stationen dieses Bewährungsweges genauer, so wird deutlich, daß jede dieser Stationen Besonderheiten aufweist, die wiederum auf eine spezifische Bedeutung innerhalb des gesamten Textes hinweisen. So ist beispielsweise Arimaspi die Station, in der Herzog Ernst am längsten verweilt und sich in dieser Zeit als ordentlicher Herrscher (mit eigenem Herzogtum, dem einheimischen Fürsten gleichgestellt) und Verteidiger seines Landes und Volkes in ruhmreichen Kämpfen gegen die Feinde desselben bewährt (die Kämpfe gegen die Platthufe, die Langohren, die Kraniche von Prechami und die Giganten). Die Besonderheit der ersten Station, Grippia, liegt demgegenüber in der Tatsache, daß sie zweimal besucht wird und dadurch vermutet werden kann, daß diese beiden Besuche unter verschiedenen Vorzeichen - Kreuzzug und aventiure - zu sehen sind. Dies umso mehr, als bereits der Prolog darauf hinweist, denn dort ist die Rede vom „guoten knehte“ und vom „hohen muot“, von „fremden rîchen“ und davon, daß diese edle, ritterliche Gesinnung nur der verstehen und nachempfinden kann, der sich selbst der Herausforderung stellt, nämlich ad venturam, dem, was kommt.