Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Theaterwissenschaft, Tanz, Note: 1,3, Freie Universität Berlin (Institut für Theaterwissenschaft), Veranstaltung: Seminar Figurationen des Melancholischen in Theater und Performance, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Inszenierung des Dramas „Iwanow“ (A.P. Tschechow) von Dimiter Gotscheff unter Berücksichtigung der Melancholie - und Depressionsproblematik. Bei der Themenwahl war für mich der Bezug zum aktuellen Melancholie/ bzw. Depressionsdiskurs besonders interessant, insbesondere wenn man Gotscheffs von der Fachpresse viel beachtete Inszenierung als eine Aktualisierung von Tschechows Drama begreift. Ziel dieser Untersuchung ist es, „neuere“ Theorien der Melancholie und Depression des 20./21. Jahrhunderts (Freud, Lacan, Kristeva) auf Gotscheffs Inszenierung zu beziehen und den Zusammenhang zwischen Depression und Tod zu herauszuarbeiten. Der Einstieg in die Thematik erfolgt durch einen historischen Exkurs und soll dem Leser einen ersten Überblick über die historische Entwicklung des Melancholiebegriffs verschaffen. Alsdann erläutere ich kurz Inhalt und Thematik von Tschechows Drama „Iwanow“, was die nachfolgende Lektüre der Inszenierungsanalyse erleichtern soll. Im weiteren Verlauf wende ich mich solchen Aspekten wie der Beziehung von phantasmatischen Objekt und Subjekt sowie dem Objektverlust (Freud) zu, wobei Žižeks Kommentar zu Lacans Psychoanalyse und Kristevas Ausführungen zur Depression relevant sind. Abschließend verweise ich auf die aktuelle Depressionsproblematik in unserer Gesellschaft und setzte mich mit Gotscheffs Inszenierung aus soziologischer Perspektive auseinander. Die antike Melancholievorstellung steht im engen Zusammenhang mit der Humoralpathologie, der Lehre von den vier Säften (Blut, gelbe und schwarze Galle und Phlegma). Nach Aristoteles, basiert die Melancholie auf einem Übermaß an schwarzer Galle („melaina kole“), was eine rein physiologische Erklärung für einen Gemütszustand darstellt. Seit der Spätantike wurde die Acedia (Trägheit) als eines der sieben Hauptlaster aufgefasst. Vor allem Mönche sind aufgrund ihres einsamen und einsiedlerischen Lebens im Kloster anfällig für dieses Laster, welches oftmals auf Trauer (tristitia) oder auf den mit dem Klosterleben verbundenen Entbehrungen oder Verlusterfahrungen basiert. In der Renaissance wurden dem Melancholiker „große intellektuelle Kräfte“ zugeschrieben, wobei die Nachdenklichkeit zum wichtigsten Charakteristikum des Melancholikers avancierte. Für den neuzeitlichen Melancholiediskurs (20./21 Jahrhundert) war Freuds psychoanalytischer Ansatz prägend.