Weshalb polemisiert der israelische Kulturwissenschaftler Ethan Rosen gegen einen Artikel, den er selbst verfaßt hat? Erkennt er seinen eigenen Text nicht wieder? Oder ist er seinem Kollegen Klausinger in die Falle gegangen, mit dem er um eine Professur an der Wiener Universität konkurriert? Ethan Rosen und Rudi Klausinger: Beide sind sie Koryphäen auf demselben Forschungsgebiet, und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein: Rosen ist überall zu Hause und nirgends daheim. Selbst der Frau, die er liebt, stellt er sich unter falschem Namen vor. Klausinger wiederum ist Liebkind und Bastard zugleich. Er weiß sich jedem Ort anzupassen und ist trotzdem ruhelos: Was ihn treibt, ist die Suche nach seinem leiblichen Vater; sie führt ihn schließlich nach Israel und zu Ethan Rosen. Dessen Vater, ein alter Wiener Jude, der Auschwitz überlebte, braucht dringend eine neue Niere. Bald wird die Suche nach einem geeigneten Spenderorgan für die Angehörigen zur Obsession. Und selbst der obskure Rabbiner Berkowitsch hat plötzliches Interesse an den Rosens. Herkunft, Identität, Zugehörigkeit – um und um wirbelt Doron Rabinovici in seinem neuen Roman "Andernorts" die Verhältnisse in einer jüdischen Familie, deckt ihre alten Geheimnisse auf und beobachtet sie bei neuen Heimlichkeiten. Am Ende dieser packend erzählten Geschichte sind alle Gewißheiten beseitigt. Nur eines scheint sicher: Heimat ist jener Ort, wo einem am fremdesten zumute ist.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.02.2012Total
meschugge
Schon auf dem Flug von Tel Aviv nach Wien beginnt für den österreichisch-israelischen Kulturwissenschaftler Ethan der Schlamassel. Während sein Nachbar zur Rechten im Gebet vor und zurück schaukelt, „als gehöre er einer Hardrockband an“, frühstückt zur Linken eine Oma Medikamente. „Ob sie an einer Krankheit leide?“ „Nein. An mehreren.“ Als ihn dann die schöne Noa anspricht, verleugnet er sich, gibt sich als Johann Rossauer aus. Doron Rabinovici erzählt in „Andernorts“ von der schwierigen Suche nach Herkunft, Identität, Heimat, aberwitzig und ernst zugleich. Ethan schickt er in den Clinch mit dem Kollegen Klausinger, mit dem er letztlich mehr gemeinsam hat, als ihm lieb ist. Unterdessen benötigt der Vater eine neue Niere, und ein Ultraorthodoxer verfolgt wirre Pläne: „Rabbi, sind Sie total meschugge? Sie wollen den Messias klonen?“
Florian Welle
Doron
Rabinovici:
Andernorts. Roman.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012.
286 Seiten,
9,99 Euro.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
meschugge
Schon auf dem Flug von Tel Aviv nach Wien beginnt für den österreichisch-israelischen Kulturwissenschaftler Ethan der Schlamassel. Während sein Nachbar zur Rechten im Gebet vor und zurück schaukelt, „als gehöre er einer Hardrockband an“, frühstückt zur Linken eine Oma Medikamente. „Ob sie an einer Krankheit leide?“ „Nein. An mehreren.“ Als ihn dann die schöne Noa anspricht, verleugnet er sich, gibt sich als Johann Rossauer aus. Doron Rabinovici erzählt in „Andernorts“ von der schwierigen Suche nach Herkunft, Identität, Heimat, aberwitzig und ernst zugleich. Ethan schickt er in den Clinch mit dem Kollegen Klausinger, mit dem er letztlich mehr gemeinsam hat, als ihm lieb ist. Unterdessen benötigt der Vater eine neue Niere, und ein Ultraorthodoxer verfolgt wirre Pläne: „Rabbi, sind Sie total meschugge? Sie wollen den Messias klonen?“
Florian Welle
Doron
Rabinovici:
Andernorts. Roman.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012.
286 Seiten,
9,99 Euro.
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»Doron Rabinovicis Roman handelt bitterernste Fragen mit einem kräftigen Schuss überdrehten Humors ab. Das liest sich flott und unterhaltsam und macht - so wohlkonstruiert der Roman auch sein mag - einen wohltuend unangestrengten Eindruck.«