Ein Angsthase zu sein ist unangenehm und peinlich, und so habe ich mir bereits in frühester Kindheit angewöhnt, die Angst zu überspielen, zumindest nach außen hin. Mit diesem Selbstbild ließ es sich besser leben, und mit der Zeit fühlte es sich auch immer echter an. Im Erwachsenenalter war es dann
so, dass ich meinte, meine großen Kindheitsängste überwunden oder zumindest gut im Griff zu haben.…mehrEin Angsthase zu sein ist unangenehm und peinlich, und so habe ich mir bereits in frühester Kindheit angewöhnt, die Angst zu überspielen, zumindest nach außen hin. Mit diesem Selbstbild ließ es sich besser leben, und mit der Zeit fühlte es sich auch immer echter an. Im Erwachsenenalter war es dann so, dass ich meinte, meine großen Kindheitsängste überwunden oder zumindest gut im Griff zu haben. Dass dieser eiserne Griff nicht nur die Angst sondern über die Jahre das gesamte fühlende Wesen in mir unterdrückt und kontrolliert, habe ich gar nicht bemerkt. Und dass es gar nicht funktioniert, dass die alte Angst sich gar nicht aufgelöst hat, das habe ich sehr leidvoll erfahren, als ich durch einen unvorhergesehenen Moment von Kontrollverlust plötzlich mitten drin war in der Angst des kleinen Kindes, erstarrt, schockiert, sprachlos, hilflos. Und das einzige, was ich wollte, war zu fliehen, bloß weg, innerlich, aber wohin…?
Allein der Titel des Buches von OM: „Angst, Die Flucht aus der Wirklichkeit“ trifft den Nagel auf den Kopf. Es ist eine Offenbarung, was er über die ungenutzte, unterdrückte, kraftvolle Energie sagt, die wir als Angst bezeichnen, vor der wir fliehen, die wir bekämpfen oder mit Therapien heilen wollen, wenn sie uns überhaupt erst einmal zugänglich wird, unter allem, was wir an Schichten über sie gelegt haben.
Ein Großteil des Buches sind OMs Antworten auf Fragen von Menschen zu ihren Ängsten. Ängste im Alltag, Ängste vor Versagen, vor Krankheit und Tod. Er deutet auf die wertvolle Möglichkeit hin, in so einem kritischen Moment, wenn Angst da ist, still zu sein, da zu bleiben und zu fühlen. Nur so haben wir die Chance zu erkennen, dass wir Angst vor der Angst haben, ohne wirklich zu wissen, was Angst eigentlich ist.
Ich habe mich in fast allen Beiträgen wiedergefunden und konnte somit die gegebenen Antworten tief in mich aufnehmen. Ich empfinde das Lesen dieses Buches als heilsame Nahrung, die ich Stück für Stück und immer wieder zu mir nehmen kann.