Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Technische Universität Berlin (Institut für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Brechts Lyrik, Sprache: Deutsch, Abstract: Bertolt Brecht verfasst 1928 die Terzinen über die Liebe und bedient sich - wie es der Titel verrät - damit einer Versform, die Dante Alighieri (1265-1321) in seiner Divina Commedia initial und innovativ zur Anwendung brachte. In der Versgeschichte des deutschen Sprachraums sind Terzinengedichte erst jeweils im Gefolge einer Danterenaissance um 1800 und um 1900 entstanden, so zum Beispiel Bei Betrachtung von Schillers Schädel von Goethe oder die vier Gedichte in Terzinen Hugo von Hofmannsthals.1 Über 450 Jahre lang fand diese Versform jedoch kaum Beachtung. [...] Bertolt Brecht versucht in den Terzinen über die Liebe über einen Bruch mit konventionellen Rezeptionsmustern, den Rezipienten dazu zu veranlassen, seine mutmaßlich affirmative Haltung zugunsten einer kritisch reflektiernden aufzugeben, die zu einem erneuten und ¿neuen` Wiederlesen des Gedichts führen soll. Dazu beschwört er scheinbar die von der lyrischen Tradition empfindsam verklärten Vorstellungen einer romantischen Liebe herauf und bedient sich eines größtenteils regelmäßigen und einheitlichen traditionsreichen Versschemas, um beides dann zu transformieren und zu demontieren. Dies geschieht auf sprachlicher und metrischer Ebene zunächst durch das Setzen einzelner irritierender Akzente und dann mittels eines sehr deutlichen Umbruchs, der den Charakter des Gedichts völlig ändert. Dadurch untergräbt Brecht jeden Wunsch der Einfühlung sowie Identifikation und setzt einen Reflexionsprozess in Gang, der im besten Fall dazu führt, dass der Rezipient das Gedicht ein weiteres Mal, aber jetzt mitdenkend und distanzierter, liest. Das den Terzinen... zugrunde liegende Thema Liebe wird dementsprechend nicht als überhöhtes und verklärtes Ideal vorgeführt, sondern entzaubert, bis sie schließlich am Schluss als nur scheinbar Halt gebend vollständig entlarvt wird. Diese Hausarbeit soll zeigen, dass Bertolt Brecht bei der Wahl und Anwendung des Versschemas, dem Rückgriff auf das Liebespaar und der Behandlung des Themas in den Terzinen über die Liebe noch mit einer unübersehbaren nihilistischen Lust am Vergehen, jedoch bereits sehr ausgeprägtem Sendungsbewusstein und Veränderungswillen agiert und sich dabei einer sehr frühen Tradition bedient, um mit der - seiner Meinung nach - überkommenen bürgerlichen Tradition zu brechen und Tradition als solche gleichzeitig zu schaffen und auf neue Weise fortzuführen. [...]
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