Ende der Sechzigerjahre geht in West-Deutschland die Angst um: Die Wirtschaftskrise 1966/67 beendet ohne Vorwarnung die Zeit des fortwährenden Aufschwungs nach Kriegsende. Vollbeschäftigung ist plötzlich keine Tatsache mehr, sondern wird zur politischen Forderung. Die Spitzenfunktionäre der Parteien scheinen alarmiert: Andauernde Arbeitslosigkeit auf höherem Niveau könnte die Stabilität der Bundesrepublik gefährden, deshalb sollen neue wirtschaftspolitische Instrumente wie die Globalsteuerung die Stabilität des politischen Systems sicherstellen. Doch die öffentliche Rhetorik hat mit den tatsächlich stattfindenden Entscheidungsprozessen und Maßnahmenpaketen oft wenig gemein. Seit den Krisen der 1920er- und 1930er-Jahre ist Beschäftigungspolitik das zentrale Handlungsfeld der Innenpolitik, um den sozialen Frieden zu wahren. Wie die Sozialdemokratie nach dem Ende des Wirtschaftswunders in der sozialliberalen Koalition 1969 bis 1982 um Vollbeschäftigung rang, analysiert Michael Solms in einer akteurzentrierten Policy-Studie. Sie stellt die parteiinterne Programmentwicklung der Regierungspraxis gegenüber. Wie sich zeigt, engen vielfältige Restriktionen den Handlungsspielraum der Akteure im Spannungsfeld zwischen ökonomischer und politischer Rationalität ein.
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