Eine Entzifferung der erinnerungstheoretischen Spuren Sigmund Freuds im Nachlass zu Walter Benjamins Berliner Chronik/Berliner Kindheit um 1900. Poetische Prosaminiaturen, autobiographische Erinnerungsbilder, sprachliche Momentaufnahmen - Walter Benjamins »Berliner Kindheit um neunzehnhundert" (1932-1938) gilt als Schlüsseltext der Moderne. Benjamin schreibt ihn im letzten Jahrzehnt seines Lebens, im Exil und in großer Sehnsucht nach der Heimat der Kindheit. In die Texte eingeschlossen und zum Teil verborgen sind Reflexionen über die Unwiederbringlichkeit der Vergangenheit. Trotzdem suchen die Texte das Vergangene unermüdlich auf. Die implizite Gedächtnistheorie des Kindheitsbuchs ist durch die Lektüre Sigmund Freuds geprägt. Nadine Werner geht den Spuren Freuds erstmals in ihrem ganzen Umfang nach. Das Bild vom »Analytiker als Archäologen", der Vergangenes an die Oberfläche des Bewusstseins hebt, ist Freuds wirkungsmächtigste Metapher - Benjamin dient die Archäologie als Denkfigur. Sie bringt den gedanklichen Raum hervor, in dem seine erinnerungstheoretischen Überlegungen wachsen. Entlang der Archäologie als Metapher und Methode entziffert die Autorin die Aufnahme Freuds in das (zum Teil noch unpublizierte) Nachlassmaterial zum Kindheitsbuch.