Das Bild von erwerbstätigen Armen ist oftmals durch die Vorstellung von hart arbeitenden, aber gering bezahlten Arbeitskräften geprägt, deren Alltag die beiden US amerikanischen Journalisten Barbara Ehrenreich (2005) und David Shipler (2005) am Beispiel von einfachen Industriearbeitern, Servicekräften oder Erntehel fern eindrücklich geschildert haben. Auch in europäischen Wohlfahrtsstaaten, um die es in dieser Arbeit gehen soll, sind entsprechende Bilder präsent, wenn von armen Erwerbstätigen die Rede ist. Dies ist aber nur eine Seite des Problems ‚Ar mut von Erwerbstätigen’. Aus anderer Perspektive sind es nicht allein geringbezahl te Jobs, die als Ursache von Armut von Erwerbstätigen in Frage kommen. Frühere Arbeiten, wie beispielsweise die bislang umfassendste Studie zu den ‚working poor’ in Deutschland (Strengmann Kuhn 2003), weisen darauf hin, dass der Haushalts kontext eine entscheidende Rolle dabei spielt, ob ein Einkommen ausreichend ist oder nicht. Auch Normalverdiener, die allein eine Familie zu versorgen haben, gehören daher häufiger als manche andere Gruppen zu den erwerbstätigen Armen. Die Berücksichtigung dieses Aspekts setzt allerdings voraus, dass man Armut von Erwerbstätigen im Sinne der allgemeinen Armutsforschung definiert, die von den in einem Haushalt verfügbaren Ressourcen ausgeht und nicht allein von der Verteilung der Erwerbseinkommen. Dies ist auch die grundsätzliche Sichtweise dieser Arbeit. Dieses Verständnis von ‚Armut von Erwerbstätigen’ ist in der wissenschaftli chen und politischen Diskussion inzwischen durchaus etabliert. So wird seit einigen Jahren ein entsprechender Indikator in der europäischen Sozialberichterstattung verwendet (vgl. Bardone/Guio 2005). Dabei zeigt sich einerseits, dass sich das Ausmaßvon Armut von Erwerbstätigen zwischen Ländern erheblich unterscheidet.