Studienarbeit aus dem Jahr 1997 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,7, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Roman "Das steinerne Herz" birgt auch noch rund fünfzig Jahre nach der Erstveröffentlichung eine innovative Kraft, die die Lektüre faszinierend macht. Dem Autor gelingt eine anschauliche Darstellung des Zeitgeschehens der 50er Jahre, die den ironisierenden Untertitel „historischer Roman“ voll gerechtfertigt erscheinen läßt. Die Arbeit nähert sich dem Roman von zwei Seiten: Erstens werden Schmidts poetologische Voraussetzungen betrachtet. Anhand der 1955/56 erschienenen "Berechnungen" wird untersucht, wie Schmidts präzise Wirklichkeitsbeschreibung gelingt. Reinhard Baumgart schreibt, „daß Schmidts Prosa Trümmerstruktur hat“, seine Kunst „Sprengkunst sein“ will. Bewußtseinsvorgänge bilden die Form, die Schmidt als Vorbild seiner modifizierten Schreibweise ansieht. Mit der Formulierung der Prosagrundsätze geht die Analyse der Wahrnehmungsmodi einher; beides kann mit den Begriffen ‘Diskontinuität’ und ‘Partikularität’ beschrieben werden. In Schmidts Prosa werden alltägliche, historische und kognitive Wirklichkeitspartikel so verfugt, daß die Frage aufkommt, wie die „Bedeutung des Unbedeutenden“ entsteht. Das zweite Kapitel dieser Arbeit, "Themen der Teilung", widmet sich der historisch-politischen Dimension des Romans, sowie der Teilung des Ich-Erzählers in Körper und Geist. Als Verbindendes zwischen den Teilen der Arbeit mag vielleicht die Selbstimagination Schmidts als Landvermesser/Geodät fungieren. Zum einen ist sie ganz wörtlich zu verstehen: Schmidts Erzählerfiguren treten oft nur mit einer Katasterkarte bewaffnet ihre Abenteuer an und frönen ihrer Faszination an der Weltvermessung. Neben dem Raum aber wird historische Zeit vermessen: In wissenschaftlicher Anmutung wird präzise Detailkenntnis eingestreut, und das kontinuierliche Interesse an abstrusen Fakten gibt dem diskontinuierlichen Alltag Halt. Eggers, Schmidts Ich-Erzähler, wird zum politischen Landvermesser, als er in "Das steinerne Herz" im „Jahre 1954 nach Christi“ eine Reise durch das geteilte Deutschland unternimmt, die ihm Anlaß zum Systemvergleich gibt. Schmidt gelingt ein zeittypisches Bild der 50er Jahre: Das Buch ist ein „Herbarium der bundesdeutschen Nachkriegszeit“. Jedoch gehört auch der Blick auf die ostdeutsche Wirklichkeit genauso zu diesem Roman wie die systemübergreifende Dimension: „Die Erfahrung der existentiellen Diskontinuität ist über die desaströsen persönlichen Erfahrungen des Autors hinaus authentisch für die Zeit.“