LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, es wurde bekannt gegeben, dass Udo Kittelmann seinen Vertrag als Direktor der Nationalgalerie nicht verlängern wird, in einem Jahr ist Schluss. Über seine Gründe, diesen Traumjob nach dann zwölf Jahren aufzugeben, kann man nur spekulieren. Oder darüber räsonieren, dass dieser Job offenbar gar nicht so traumhaft ist, dass man ihn endlos machen will. Jedenfalls nicht, wenn man zwar einer der begnadetsten und eigenköpfigsten Ausstellungsmacher im Land ist, aber eben kein öliger Manager in der knirschenden Stiftungsbürokratie, der Blockbuster am Fließband produziert, während er nebenbei Sammler und Sponsoren umgarnt und außerdem ein Haus nach dem anderen renoviert und gleich noch neue baut. Man hat den Eindruck, dass der Kurator Kittelmann sukzessive im Direktor Kittelmann verdunstet ist. 2014 haben wir in ART , etwa zur Halbzeit seiner Ära, ein Pro und Contra gebracht: "Udo Kittelmann: Kuratoren-Genie oder Zirkusdirektor?". Den Ruf als Kuratorengenie hatte er sich schon vor seiner Zeit in Berlin erworben, etwa damit, dass er mit Gregor Schneiders Totes Haus u r 2001 den wahnsinnigsten deutschen Venedig-Pavillon aller Zeiten schuf, oder indem er das ganze MMK in Frankfurt/M. mit Nachschöpfungen von Elaine Sturtevant zum Fake-Museum umbaute oder gleich mit E-Bay-Käufen ausstattete. Zirkusdirektor wurde er despektierlich genannt, weil er seine Einstandsausstellung reklamemäßig doof Die Kunst ist super! nannte und auch mal mit Carsten Höller Rentiere im Hamburger Bahnhof rumlaufen ließ. Da hatte er aber auch schon seine Hausaufgaben gemacht und mit drei inspirierenden Epochenschauen die unglaubliche Sammlung der Nationalgalerie neu erkundet und gegen den Strich gebürstet. Diese ersten Jahre waren sicher seine besten in Berlin. Mit Udo Kittelmann, diesem euphoriegetriebenen Schrägeinsteiger und klugen Querdenker, verabschiedet sich einer der letzten Begeisterungsmenschen aus dem deutschen Museumsbetrieb, der jetzt noch ordentlicher und braver wird, weil er immer alles richtig machen will. Er wird fehlen wie das Salz in der Suppe. Aber das ist ja kein Nachruf, es gibt ein Leben nach der Preußen-Stiftung: Man kann sich freuen auf so herrliche Ausstellungen wie Udo Kittelmanns Gastauftritt in der Fondazione Prada, Venedig 2017, mit den Fotos von Thomas Demand und den Filmen von Alexander Kluge in den Kulissen von Anna Viebrock - auf solche beknackt-genialen Ideen muss man erst mal kommen! Jetzt bitte wieder mehr vom wahren Udo Kittelmann ...
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