Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,5, Universität Hamburg (Institut für Germanistik II), Veranstaltung: Hauptseminar: Geschlechterkonstellationen in der Literatur um 1900, Sprache: Deutsch, Abstract: „Reigen“, eins der interessantesten und sicherlich das umstrittenste Stück Arthur Schnitzlers, ist ein Einakterzyklus. Diese offene, um die Jahrhundertwende sehr populäre Form erlaubt das Fehlen eines dramatischen Konflikts, sowie der Kausalität der Kompositionseinheiten, was hier eben der Fall ist. „Reigen“ besteht aus zehn Akten, in denen verschiedene Figuren, insgesamt zehn, in einer intimen Situation geschildert werden. In jeder Szene agieren jeweils zwei Personen, die sich entweder absichtlich treffen oder auch zufällig begegnen, miteinander flirten und sich gegenseitig verführen, einen Sexualakt vollziehen und eine konventionelle Konversation „danach“ führen, um sich anschließend wieder zu trennen. Jeder geht seinen eigenen Weg, wobei wir die eine der Personen gleich in der folgenden Szene mit einem neuen Partner wieder sehen. Auf diese Art und Weise schließt sich der Kreis: die Dirne, die in der ersten Szene mit dem Soldaten verkehrt, tritt in der letzten Szene zum zweiten Mal auf, diesmal in „Begleitung“ des Grafen. Übrigens ist dieser letzte Akt der einzige, in dem keine sexuelle Handlung stattfindet, wodurch er von der Komposition des gesamten Dramas abweicht. Schon der Titel deutet auf die besprochene Kreisform hin: Reigen ist nämlich nichts anderes als „ein Tanz im Kreis mit Gesang“. In seinem „Reigen“ verstößt Schnitzler gegen die Konventionen des zeitgenössischen Salontheaters, in dem Erotik zwar thematisiert wird, aber keinesfalls so explizit, und ausschließlich auf der verbalen Ebene. Im „Reigen“ dagegen lässt der Autor seine Figuren ihre sexuellen Triebe nicht nur in Gesprächen zum Ausdruck bringen, sondern auch noch ausleben, wobei der Ort des Sprechens und der Ort des Handelns der gleiche ist. Obwohl die Grenze zwischen Erotik und Sexualität eindeutig überschritten wird, was mit einem zur damaligen Zeit unverzeihlichen Tabubruch gleichzusetzen ist, geschieht dies auf eine sehr dezente Art und Weise. Der Sexualakt selbst ist im Text des Stücks nicht dargestellt, sondern lediglich durch Gedankenstriche markiert. In einer Theateraufführung sollte er nach Schnitzlers Idee durch eine „möglichst kurze Pause“ angedeutet werden, „ob diese nun durch Vorhang, Schleier oder Verdunkelung symbolisiert und zugleich verwirklicht wird“. [...]