Examensarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Didaktik für das Fach Englisch - Literatur, Werke, Note: 2, Philipps-Universität Marburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Obwohl der Begriff „Magischer Realismus“ schon über siebzig Jahre existiert, scheint es doch immer noch keinen gemeinsamen Konsens über eine Definition zu geben. Die Schwierigkeit der Begriffsbestimmung liegt in dem Terminus selbst, denn die Verbindung aus „magisch“ und „realistisch“ deutet darauf hin, dass sich hier zwei scheinbar widersprüchliche Elemente zusammenfügen: das Konzept der gewöhnlichen Realität einerseits und das Konzept des Magischen, d.h. des Fantastischen oder Übernatürlichen andererseits. Normalerweise können diese beiden Konzepte - zumindest aus europäischer Sichtweise - nicht gleichwertig koexistieren. Für einen narrativen Text bedeutet dies, dass er entweder überwiegend realistisch ist, d. h. fiktive Gestalten und Handlungen bewegen sich immer in den Normen der Realität, oder der Text weicht von der Realität ab und zeigt uns fantastische Elemente. Dabei ist dem Leser normalerweise bewusst, in welcher der beiden Welten er sich gerade bewegt. In magisch-realistischer Literatur hingegen scheinen die Grenzen zwischen rational-pragmatischer Alltagserfahrung und magischer Wirklichkeitssicht überschritten zu werden, und es wird eine gleichwertige Koexistenz der beiden Konzepte ermöglicht. Dies macht den Begriff des magischen Realismus sicherlich sehr faszinierend. Doch wie sieht ein Text aus, in dem diese gegensätzlichen Elemente koexistieren, in dem es keine Grenzen zwischen der Realität und magischen Vorstellungen gibt? Wie kann ermöglicht werden, dass die beiden Elemente gleichwertig und nicht in einer Hierarchie existieren? Dies sind Fragen, die sicherlich nicht einfach zu beantworten sind. Deutlich wird jedoch, dass sich hinter dem Begriff „Magischer Realismus“ ein komplexes und problematisches Konzept verbirgt. In der Literaturwissenschaft finden sich viele Versuche, den Begriff zu definieren, doch meistens werden die Definitionen sehr allgemein gehalten, was dazu führt, dass Kritiker diesen Begriff auf unterschiedlichste Texte beziehen und den verschiedensten Autoren zuordnen. Auch findet man häufig keine Abgrenzung zu benachbarten Genres wie dem der fantastischen Literatur oder des Surrealismus. Unklar bleibt im Grunde auch, worum es sich beim magischen Realismus eigentlich handelt. Ist es ein Genre, eine literarische Technik, ein bestimmter Stil oder einfach nur ein Sammelbegriff für die Literaturen, die vom klassischen Realismus abweichen?