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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Heute erscheint der neue "Asterix"-Band. Mit von der Partie ist eine antike Figur, die ein modernes Vorbild hat: Michel Houellebecq.
Seit gestern läuft die Buchmesse, und heute erscheint wie als Überlebensversicherung für die ganze Branche der neue "Asterix". Schon vorab steht "Asterix und der Greif", der 39. Band der Serie, als weltweit erfolgreichste Publikation des Jahres fest: Die internationale Startauflage beträgt fünf Millionen Exemplare, mehr als drei allein in Frankreich und Deutschland. Allerdings wird der Löwenanteil hierzulande über Kioske abgesetzt werden, denn da kostet das broschierte Album nur knapp sieben Euro; im Buchhandel werden für die gebundene Ausgabe schon zwölf fällig, und die überformatige limitierte Luxusausgabe (mit Werkstattbericht und Bleistiftvorzeichnungen zu allen Seiten) schlägt gar mit 59 Euro zu Buche, während in Frankreich dafür nur vierzig fällig werden. Dafür gibt es dort noch ein Artbook auf Kunstdruckpapier für 220 Euro. Das Einzige, was man als Verlag (Hachette in Frankreich, Egmont in Deutschland) da noch fürchten muss, ist, dass einem der Himmel auf den Kopf fällt. Ansonsten wird der Geldzufluss kaum zu stoppen sein.
Das Geschäftsmodell "Asterix" ist also auch nach 62 Jahren noch kein Auslaufmodell. Im Gegenteil: Mit dem Verkauf der Figurenrechte an den französischen Buchkonzern Hachette ist 2008 nicht nur das befürchtete Ende der Serie durch den Tod des damals bereits einundachtzigjährigen Zeichners Albert Uderzo - er starb erst 2020 - vermieden, sondern eben auch das Engagement des Autorenduos Jean-Yves Ferri (Szenario) und Didier Conrad (Zeichnungen) ermöglicht worden, die seit 2013 einen festen zweijährigen Erscheinungsrhythmus etabliert haben. Das ist nicht so dicht wie zu den Glanzzeiten von René Goscinny, der in achtzehn Jahren 24 Alben schrieb, aber allemal besser als unter dem seit 1977 auch textverantwortlichen Uderzo, der für acht Alben 28 Jahre brauchte. Conrad zeichnet zudem, als wäre er Uderzo Redivivus. Und das ist nicht der Name eines römischen Legionärs.
Die heißen im neuen Album Brudercus, Pferdecus, Regengus, Abschiedsgrus, Sagleiseservus oder gar Ausdimaus. Es war schon einmal weniger zwanghaft originell. Aber Ferri ist leider nicht Goscinny Redivivus, obwohl seine Römernamen im französischen Original weitaus weniger bemüht sind als die der deutschen Übersetzung. Ausdimaus heißt bei ihm etwa Jolicursus. Vier Personen bemühten sich um die deutsche Übersetzung - und dann kommt Ausdimaus heraus. Aber das Quartett hat ja nicht einmal bemerkt, dass es einer Figur, einem sarmatischen Käsemacher, bei dessen erstem Auftritt den Namen Margarine verpasst hat, um ihn nur acht Seiten später dann Ötküsine zu nennen.
Besser hat sich das Übersetzerteam bei einem römischen Geographen geschlagen, der im Original Terinconus heißt (terre inconnue ist auf Französisch das unbekannte Land). Diese Figur heißt in der deutschen Ausgabe Globulus. Interessanter als der Name ist aber sowieso ihr Aussehen: In Terinconus/Globulus hat Didier Conrad den Schriftsteller Michel Houellebecq karikierend porträtiert. Cameo-Auftritte französischer Kulturprominenz haben in "Asterix" Tradition; so kamen etwa Jean Gabin, Jean Marais, Lino Ventura, Bernard Blier oder auch Goscinny und Uderzo höchstselbst zu Ehren. Aber eine derart große Rolle, wie sie nun Houellebecq zugestanden wird, konnte zuvor nur ein reales Vorbild, zudem ein Ausländer, nämlich Sean Connery, für sich in Anspruch nehmen: als gallischer Agent Nullnullsix im Band "Die Odyssee".
Was aber prädestiniert Houellebecq für die Rolle eines Geographen? Vor allem natürlich der Titel seines goncourtpreisgekrönten Romans "Karte und Gebiet" (La carte et le territoire, 2010). Aber auch der seines Debütromans "Ausweitung der Kampfzone" von 1994, denn in "Asterix und der Greif" dringen die römischen Legionen in Regionen vor, die nie zuvor ein antiker zivilisierter Mensch gesehen hat, weshalb sie gesammelt als Barbaricum bezeichnet wurden. Natürlich werden Asterix und seine Freunde als Widerstandskämpfer gegen Rom von einem der angegriffenen barbarischen Völker zu Hilfe gerufen, konkret den Sarmaten - als Handlungsort ist damit am ehesten die Ukraine bestimmt, aber aktuelle politische Anspielungen verkneift sich Ferri. Es ist ja bemerkenswert genug, dass es noch kein Album "Asterix in Russland" gab.
Der Greif aus dem Titel ist übrigens ein MacGuffin. Cäsar will das sagenhafte Fabelwesen für seine römischen Zirkusspiele haben, doch der deshalb gen Osten ausgesandte Globulus verfolgt eigene Pläne. Statt des Greifs taucht am Schluss ohnehin etwas ganz anderes auf, das aber keinerlei Konsequenzen fürs Geschehen hat; einmal mehr erzählt Ferri seine Asterix-Geschichten nicht aus. Man fragt sich, warum es überhaupt noch jeweils zwei Jahre bis zum nächsten Album dauert, wenn zum Ende hin immer wieder alles derart überhastet wirkt. Mit einem weiteren Romantitel von Houellebecq könnte man die nunmehr bereits fünf Ferri/Conrad-Alben als Elementarteilchen bezeichnen: kleinstmögliche Materiebausteine mit geringster Anregung auf dem Feld "Asterix". ANDREAS PLATTHAUS
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