In drastisch-zarten Bildern erzählt Inga Machel von einer kaum in Worte zu fassenden Trauer und führt uns an die Orte, an denen sie wirklich und sinnvoll wird. Zehn Jahre ist es her, dass Mario, damals Mitte zwanzig, seinen Vater verlor. Ein einzelner Winterstiefel lag auf den Gleisen einer ICE-Strecke, mehr blieb nicht von ihm. Seit fünf Jahren kämpft Mario bereits um sein eigenes seelisches Überleben, als er in einer Zufallsbegegnung mitten in Berlin seinen Vater zu erkennen glaubt. Er nennt den Mann P. und wird von nun an dessen stiller, täglicher Begleiter. P., der heroinabhängig am Rand der Gesellschaft seinen eigenen Lebenskampf austrägt, wird für Mario zum Stellvertreter, um das Trauma der gescheiterten Beziehung zum Vater, die Erinnerungen an die Kindheit in der brandenburgischen Provinz und das Fehlen von bedingungsloser Liebe und Sicherheit endlich verarbeiten zu können. Satz für Satz setzt sich das Bild eines Innenlebens zusammen, in dem Raum und Zeit, Vergangenheit und Zukunft, Klarheit und Rationalität keine Bedeutung mehr haben. Ein unter die Haut gehendes Romandebüt zwischen Märchen und Neorealismus, zwischen Peter Handkes Wunschloses Unglück und Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Gern liest Rezensentin Judith von Sternburg Inga Machels Debütroman, der sich um Mario dreht, einen jungen Mann, dessen Vater sich das Leben nimmt und der anschließend in Berlin einem Drogensüchtigen begegnet, den er für eben diesen Vater hält. Auf den Spuren dieses Mannes irrt Mario dann durch die Stadt, erfahren wir, selbst ist er Alkoholiker, der Zustand der beiden Figuren wird vom Buch keineswegs beschönigt. Die Rezensentin glaubt, mitunter könne man Mario für eine Frau halten, was sie durchaus interessant gefunden hätte, aber leider nicht weiter ausführt. Im Weiteren lobt sie vor allem die stilistischen Aspekte des Buchs, Machel schreibt vorbildlich flüssig, aber nie aufdringlich. Dass nicht alles auserzählt wird, verbucht die Kritikerin als zusätzlichen Gewinn.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Auf den Gleisen" ist ein sicher gebautes, sehr gut gearbeitetes Buch. Nicht angestrengt oder übermäßig originell, sondern: elegant, fließend, wie aus dem Lehrbuch. Die Möglichkeiten des deutschen Satzbaus werden ausgespannt wie die Flügel, die Vater und Sohn nicht mehr haben. Judith von Sternburg Frankfurter Rundschau 20240319