Wenn man zu einem Buch dieses französischen Autors greift, weiß man, dass man eine gut geschriebene und meist sehr verblüffende Geschichte bekommt. So auch mit diesem neuen Roman, dessen Ich-Erzähler ein Pariser Psychoanalytiker ist.
Doktor Faber, so sein Name, bekommt eine neue Patientin,
Nathalia. Sie erzählt, sie sei Fotografin, aber es sei ihr momentan unmöglich, ihre Arbeit zu verrichten.…mehrWenn man zu einem Buch dieses französischen Autors greift, weiß man, dass man eine gut geschriebene und meist sehr verblüffende Geschichte bekommt. So auch mit diesem neuen Roman, dessen Ich-Erzähler ein Pariser Psychoanalytiker ist.
Doktor Faber, so sein Name, bekommt eine neue Patientin, Nathalia. Sie erzählt, sie sei Fotografin, aber es sei ihr momentan unmöglich, ihre Arbeit zu verrichten. Daher benötige sie nun die Hilfe des Arztes.
Doch auf seine üblichen Fragen, die bei anderen Patienten funktionieren, die dazu führen, dass diese sich öffnen, reagiert Nathalia nicht. Sie antwortet einsilbig mit ja oder nein. All seine sonst probaten Methoden scheinen bei dieser mysteriösen Patientin nicht zu fruchten.
Nachdem sie ihm dann berichtet hat, dass sie statt zu arbeiten, tagein tagaus nur ihre Nachbarn im Gebäude gegenüber beobachten könne, schlägt sie vor, ihm die Geschichten dieser Nachbarn aufzuschreiben. Dies tut sie nun vor jeder Sitzung mit Doktor Faber, der auf diese Weise die Bewohner des Hauses kennenlernt. Doch ob die Geschichten, die Nathalia für ihn aufschreibt, wahr oder erfunden sind, das zu ergründen gelingt ihm nicht.
Dabei ziehen diese Geschichten ihn immer mehr in ihren Bann, er recherchiert, glaubt die Menschen, um die es geht, zu treffen, träumt von ihnen. So arbeiten sich die beiden gemeinsam Stockwerk um Stockwerk durch besagtes Haus.
Es ist faszinierend, mit welchen Worten und Bildern Antoine Laurain die Entwicklung beschreibt, die der Psychoanalytiker durchläuft. Es ist spannend, zu erleben, was die von Nathalia aufgeschriebenen Geschichten mit dem Mann machen, der doch glaubt, gegen solche Einflüsse gefeit zu sein.
Wohin das Ganze führt, ahnt man zu keinem Zeitpunkt, umso größer dann die Überraschung am Ende. Die ist diesem genialen Schriftsteller, dessen andere Romane mich genauso begeistert haben, unbedingt gelungen.
Der Schreibstil ist wie immer hervorragend, dennoch hat auch dieser Roman manche Länge. Eine etwas höhere Fließgeschwindigkeit wäre dem Lesefluss hin und wieder zuträglich gewesen. Davon unabhängig ist der Roman ein fesselndes Psychospiel zwischen zwei interessanten Figuren und unbedingt lesenswert.
Antoine Laurain - Auf gefährlich sanfte Art
aus dem Französischen von Katrin Segerer
Atlantik Verlag, August 2024
Gebundene Ausgabe, 206 Seiten, 23,00 €