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Eine Matratze in den Wirren des 20. Jahrhunderts. Mit einem genialen Kunstgriff öffnet Tim Krohn das breite Panorama eines von zahlreichen Erschütterungen heimgesuchten Europa auf kleinstem Raum. Ein Sternstunde der Literatur, hochoriginell, voller beglückender, tragischer und komischer Momente.Die eigentliche Hauptfigur Tim Krohns ist eine Matratze. Viele abenteuerliche Schicksale kreuzen ihren Weg: Da ist der ewige Optimist Immanuel Wassermann, der aus Anlass seiner Spontanhochzeit mit einer gerade eroberten Italienerin eine deutsche Qualitätsmatratze erwirbt und sich gegenden Rat seiner…mehr

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Produktbeschreibung
Eine Matratze in den Wirren des 20. Jahrhunderts. Mit einem genialen Kunstgriff öffnet Tim Krohn das breite Panorama eines von zahlreichen Erschütterungen heimgesuchten Europa auf kleinstem Raum. Ein Sternstunde der Literatur, hochoriginell, voller beglückender, tragischer und komischer Momente.Die eigentliche Hauptfigur Tim Krohns ist eine Matratze. Viele abenteuerliche Schicksale kreuzen ihren Weg: Da ist der ewige Optimist Immanuel Wassermann, der aus Anlass seiner Spontanhochzeit mit einer gerade eroberten Italienerin eine deutsche Qualitätsmatratze erwirbt und sich gegenden Rat seiner Freunde (er ist Jude, wir schreiben das Jahr 1935) mit seiner Braut nach Berlin begibt.Da sind Mirtha und Simon, die sich (es ist Nachkriegszeit) bisher nur auf ausgelegten Zeitungen betteten. Doch eben hat Mirtha die Matratze auf dem Rotkreuzbasar erstanden - und sie schlafen in dieser Nacht so gut, dass sie am nächsten Morgen beschließen, zum ersten Mal seit langer Zeit einen Tag freizunehmen, um einfach nur auszuruhen.Und 30 Jahre später trifft Giaccomo Neri auf das, was von der einst stolzen Qualitätsmatratze übrig ist. Jährlich fährt er an denselben Badeort bei Rom und hofft, dort jene unbekannte Frau wiederzutreffen, der er einmal fast einen Heiratsantrag gemacht hätte. Als er bei einem Angelausflug über Bord geht, rettet ihn - für eine Weile wenigstens - die im Meer treibende, aufgeblähte Matratze und schenkt ihm eine letzte Nacht voller Träume, die ihn mit der fremden Schönen vereinen.

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Autorenporträt
Tim Krohn, geboren 1965, lebt als freier Schriftsteller in Santa Maria Val Müstair. Seine Romane Quatemberkinder und Vrenelis Gärtli machten ihn berühmt. 2015 veröffentlichte Tim Krohn bei Galiani den hochgelobten Erzählband Nachts in Vals. Der Auftaktband des >Menschliche Regungen<-Projekts Herr Brechbühl sucht eine Katze war wochenlang in den Schweizer Bestsellerlisten. Zuletzt erschien der dritte Band, Julia Sommer sät aus (2018).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Keinen beliebigen Episodenroman hat Moritz Scheper seiner Meinung nach gelesen, sondern ein raffiniertes und glänzendes Panorama Europas des 20. Jahrhunderts. Der Schweizer Autor hat sich eine Matratze als Bühne für wechselnde Zeiten, Benutzer und Orte gewählt und dem begeisterten Rezensenten wird schnell klar, dass es Krohn hier um eine Erzählung von Europa geht. Es gelinge ihm dabei großartig, die jeweilige Atmosphäre der wechselnden Zeiten einzufangen, preist Scheper, und wenn am Ende die auseinanderfallenden Reste der Matratze ihrem ersten, nun alt gewordenen Benutzer vor die Füße gespült werden, bekommt der Leser nicht nur ein beeindruckendes "Vanitas-Gemälde" präsentiert, sondern kann sich auch davon überzeugen, dass dieser Roman in seiner Qualität seiner Hauptfigur in nichts nachsteht: "allerbeste Machart".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.02.2014

Wie du dich bettest, so lebst du
Balladen aus der Matratzengruft: Tim Krohn macht eine Bettstatt zum Helden einer leichthändig geschriebenen Familiensaga

Von großen Anschaffungen sagt man gern, dass diese sich "ein Leben" halten werden, und meint damit das eigene. Um das Eigenleben jener Dinge aber, mit denen wir uns in der Welt einrichten und womöglich mehr Zeit verbringen als mit vielen Menschen, die wir jemals kennenlernen, machen wir uns kaum Gedanken. Dabei hätten nicht nur alte Möbel- oder Erbstücke, die Generationen überdauern, sicher sehr viel zu erzählen. Auch Alltagsgegenstände, deren Lebensdauer kürzer ist, durchlaufen wohl in dieser Spanne oft so viele Eigentümer und Verwendungen, dass es ohne Zweifel lohnen mag, den Lauf der Welt einmal aus ihrer Perspektive zu erkunden oder sich zumindest vorzustellen, wie sich die Weltgeschichte ausnähme, wenn wir den Wechselfällen ihrer materiellen Grundlagen je folgen könnten. Das unternimmt Tim Krohn - Schweizer Erfolgsautor deutscher Herkunft, der letzten Sonntag 49 Jahre alt geworden ist - in seinem wunderbaren neuen Buch, einer Folge aus acht Miniaturen, die "aus dem Leben einer Matratze bester Machart" berichten.

Fast sechs Jahrzehnte umfasst deren Lebenszyklus, von 1935 bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts, und man muss sich wohl die hohen Produktionsstandards eines schwäbischen Handwerksbetriebs jener Zeit vorstellen, der auch noch "auf der Schillerhöhe" angesiedelt ist, damit diese Lebensdauer überhaupt begreiflich wird. Alles beginnt mit einer Hochzeitsnacht: Ein jüdischer Farbenfabrikant aus Berlin namens Immanuel Wassermann hat im spätsommerlichen Tessin kurzentschlossen eine schöne junge Sizilianerin gefreit und die erste Nacht mit ihr in einer Pension bei Stuttgart zugebracht. Viel Schlaf, so schon der erklärte Vorsatz, haben sie dort nicht gefunden, dafür aber ihre schönsten Stunden auf einem fabrikneuen Prachtexemplar von Qualitätsmatratze zugebracht.

Leider hat es, wie der nächste Morgen zeigt, infolge dieser Nacht einen größeren Blutfleck davongetragen, der auf wundersame Weise wie Amerika aussieht. "Blut geht nie aus", weiß die junge Braut und scheint sich ihrer Hinterlassenschaft so sehr zu schämen, dass ihr Mann diese Matratze dem Pensionswirt kurzerhand abkauft. Und tatsächlich, als wir ein Menschenleben später und nach den Wirren eines Kriegsjahrhunderts Wassermann als einen verschrobenen Alten wiedertreffen, der in einem Badeort bei Nizza lebt und täglich Treibgut am Strand sammelt, lässt sich auf den Überresten der Matratze, die wie durch Zufall angespült wurde, jener Fleck noch immer ausmachen.

Dazwischen liegen lauter weitere Stationen - ein Luftschutzkeller, in dem Kinder vergeblich auf die Mutter warten; ein ärmliches Nachkriegsnotquartier, das dennoch wohnlich eingerichtet wird; die Passstraße zum Gotthard, auf der ein liebeshungriges Pärchen vom frühen Wintereinbruch überrascht wird; die Tiberbrücke in Trastevere bei schlimmer Überschwemmung; die offene See vor Anzio, in der ein sehnsuchtsvoller Angler gegen das Ertrinken kämpft -, an denen wir jeweils eine klitzekleine Episode aus dem wechselvollen Dasein dieses Alltagsgegenstands erfahren, kaum mehr als Schlaglichter auf ein gewaltiges Epenpanorama, das weithin im Dunkel liegt und doch wie durch Wetterleuchten momentweise derart erhellt wird, dass wir uns das Übrige aufs schönste selbst ausmalen. Denn das ist das wahrhaft Große an diesem kleinen Buch: dass es so unauffällig wie beständig über sich hinausweist und den Realismus seiner klaren, schnörkellosen Sprache zur Ahnung höherer Gewalten steigert.

Seit jeher ist es Vorrecht von Erzählern, allwissend sein zu dürfen. Selten aber hat eine Erzählung dieses Privileg so spielerisch wie zugleich sinnfällig genutzt, indem sie auf so knappem Raum - die Kapitel umfassen jeweils ein paar Seiten - mit leichter Hand und scharfem Blick Weltverbindungen stiftet und Spuren für uns auslegt, ihnen nachzugehen. Sein bislang größter Triumph gelang Tim Krohn vor etlichen Jahren mit dem Doppelroman "Quatemberkinder" und "Vrenelis Gärtli", einer betörenden Verbindung von Schweizer Heimatliteratur und Alpenzaubermärchen. Diesmal verzichtet er auf Spuk und Zauberei und bis zur märchenhaften Schlusswendung auf alle Einlassungen mit Mächten jenseits der vertrauten Alltagswirklichkeit. Die eigentliche Magie liegt hier in den Dingen selbst, und seien sie auch noch so unscheinbar. Man muss wohl bis zu Annette von Droste-Hülshoff zurückgehen und ihrer Ballade über jenen schicksalhaften Holzbalken mit der Aufschrift "Batavia. Fünfhundert Zehn", um eine derart eindringliche Studie über Eigenwert von Gegenständen und deren Zirkulation zu finden: Lektüre für Minuten, die ein Zeitalter umfasst.

Damit bietet Krohn zugleich einen vielsagenden Gegenentwurf zu den Großerzählungen des zwanzigsten Jahrhunderts. Nicht der Verfall einer Familie wird hier erzählt, sondern eine fragmentarische Geschichte, in deren Verlauf die Grundlage allen Familienlebens - denn was sollte eine Matratze anderes sein? - unaufhaltsam fortschreitend zu Abfall wird und dennoch weiterhin Verwendung findet, bis hin zur lebensrettenden Funktion. Es sind sicher solcherlei Geschichten, Phantasien, Selbsterzählungen oder Fiktionen, mit denen wir uns in der Welt am besten einrichten. Manche davon halten lebenslang.

TOBIAS DÖRING

Tim Krohn:

"Aus dem Leben einer Matratze

bester Machart".

Galiani Verlag, Berlin 2014. 120 S., geb., 16,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Keinen beliebigen Episodenroman hat Moritz Scheper seiner Meinung nach gelesen, sondern ein raffiniertes und glänzendes Panorama Europas des 20. Jahrhunderts. Der Schweizer Autor hat sich eine Matratze als Bühne für wechselnde Zeiten, Benutzer und Orte gewählt und dem begeisterten Rezensenten wird schnell klar, dass es Krohn hier um eine Erzählung von Europa geht. Es gelinge ihm dabei großartig, die jeweilige Atmosphäre der wechselnden Zeiten einzufangen, preist Scheper, und wenn am Ende die auseinanderfallenden Reste der Matratze ihrem ersten, nun alt gewordenen Benutzer vor die Füße gespült werden, bekommt der Leser nicht nur ein beeindruckendes "Vanitas-Gemälde" präsentiert, sondern kann sich auch davon überzeugen, dass dieser Roman in seiner Qualität seiner Hauptfigur in nichts nachsteht: "allerbeste Machart".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Tim Krohn ist ein Autor, den man kennt als heiteren und auch witzigen Unterhalter, als Erzähler leuchtender, schwebender Geschichten von Liebe und der ihr bisweilen innewohnenden Leichtfertigkeit.« Gabriele von Arnim / Tages-Anzeiger Tages-Anzeiger