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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
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Petina Gappahs historischer Roman "Aus der Dunkelheit strahlendes Licht"
Als David Livingstone sich aufmachte, die Quellen des Nils zu finden, bei seinen Pioniertaten für die britische Kolonisation und christliche Mission Afrikas: Hatte er da, möchte man mit Bertolt Brecht fragen, nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Es war eine Köchin, Halima, von Livingstone als Sklavin gekauft und seinem Vertrauten Amoda als "Frau für unterwegs" zugeeignet. Der Afrika-Forscher selbst schildert sie in einem Tagebuch als "sehr ergeben", aber ungeheuer geschwätzig. In ihr hat die Schriftstellerin Petina Gappah, 1971 in Zimbabwe geboren, die Erzählerin für ihren Roman "Aus der Dunkelheit strahlendes Licht" gefunden, der mit Livingstones Tod einsetzt: eine naheliegende, aber nicht die beste Entscheidung - und zum Glück für das Buch nicht die einzige Stimme.
Als Livingstone am 1. Mai 1873 im heutigen Sambia starb, hatte er die von Herodot beschriebenen Quellen nicht gefunden, seine Expeditionen allerdings in seinen Tagebüchern gut dokumentiert. Sein Herz wurde begraben, wo er gestorben war, sein Leichnam, heißt es in der Encyclopedia Britannica knapp, sei von seinen afrikanischen Dienern in einer schwierigen, neun Monate währenden Reise an die Küste gebracht worden, um schließlich am 18. April 1874 in Westminster Abbey beigesetzt zu werden.
Um diese zweihundertfünfundachtzig Tage geht es Petina Gappah: um die Entscheidung für diese beschwerliche Reise ebenso wie um die Begegnungen unterwegs, um die Spannungen innerhalb der Gruppe wie um die mit den verschiedenen Stämmen auf ihrem mehr als tausendfünfhundert Meilen langen Weg, auf dem man dem bunt zusammengewürfelten, bewaffneten, oft genug entkräfteten Haufen Menschen, der einen Leichnam mit sich führte, nicht immer mit der wünschenswerten Aufgeschlossenheit und Gastfreundschaft begegnet ist.
Erst lässt die Autorin Halima erzählen, mit großer Inbrunst und beschränktem Blick, dann Jacob Wainwright, einen jungen Mann, der von den Briten aus Sklavenhändlerhand befreit, getauft und in einer Missionarsschule in Indien erzogen worden war. Auch er berichtet inbrünstig und beschränkt, allerdings im Gegensatz zu Halima voller missionarischem Eifer und im festen Glauben, seine Gebete hätten eine Reihe schicksalhafter Wendungen zum Guten bewirkt, voller Hochmut also und Einfalt. Mit seinem Blick, mit seiner Stimme findet die Autorin die Balance aus erschütterndem Bericht und Satire, die ihren Roman schließlich zum beeindruckenden Leseerlebnis werden lässt.
Jacob Wainwright hat tatsächlich Tagebuch geführt. Während das englischsprachige Original hundertfünfzig Jahre lang als verloren galt, war lediglich eine deutsche Übersetzung bekannt. Erst im Frühjahr 2019 veröffentlichte das David Livingstone Birthplace Museum im schottischen Blantyre Manuskriptauszüge und Transkriptionen. Wainwrights Tagebuch soll eine der Attraktionen des im kommenden Jahr nach Renovierung neu öffnenden Museums werden.
FRIDTJOF KÜCHEMANN
Petina Gappah: "Aus der Dunkelheit strahlendes Licht". Roman.
Aus dem Englischen von Anette Grube. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2019. 432 S., geb., 24,- [Euro].
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