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Eleonore Freys Roman ist "Aus der Luft gegriffen"
Mit diesem Buch erreicht uns ein Lachen aus Österreich, aus der Schweiz und aus Frankreich. Denn ein Verlag aus Graz präsentiert uns den zehnten Roman der Schweizerin Eleonore Frey, geboren 1939 in Frauenfeld im Kanton Thurgau, die in Zürich und in Paris lebt. Wenn nun jemand wissen möchte, warum wir uns dieser Autorin so unernst nähern, dann gibt es nur eine Antwort: Man gucke hinein in das Buch und prüfe, ob man es bis zur letzten Seite ohne Schmunzeln lesen kann.
Ein sonderbarer Einfall trägt die Handlung. Vor den Augen der Schriftstellerin Frey, die sich dauernd selbst ins Geschehen einbringt, fällt eine Frau vom Himmel, ohne Fallschirm, ohne Schaden. Sie landet sanft wie eine der Schneeflocken, die um sie herab rieseln, weshalb ihre Erfinderin sie mit dem Namen Helen Schnee ausstattet. Wer sie ist, woher sie kommt, warum sie aus offenbar himmlischen Regionen auf die Erde wechselte, erfahren wir nicht. Stattdessen begleiten wir Helen Schnee bei ihren Versuchen, mit einem Dasein fertig zu werden. Den Leser verblüfft die Szenerie zunächst, aber nicht lange. Bald wächst in ihm der Eindruck, hier gehe es weniger um die Spielereien eines Märchenwesens, vielmehr um tiefe Einblicke in den Alltag gewöhnlicher Individuen, von denen kaum eines der Spezies Mensch Ehre zu machen weiß.
Die Romanhandlung bestätigt das. Helen Schnee verdingt sich bei einer Organisation mit dem Titel "Offenes Ohr". Die nimmt für sich in Anspruch, aus lauter edlen Helfern zu bestehen, die per Telefon jeden Unglücklichen oder Ratlosen mit Zuspruch oder nützlichen Hinweisen versehen. Es dauert nicht lange, bis die Schneedame herausfindet, dass das "Offene Ohr" weit eher von Gaunern betrieben wird. Den Trost suchenden Anrufern werden Geständnisse entlockt, die sich hervorragend als Ansatzpunkte für Erpressungen eignen. Enttäuschungen erwarten das himmlische Wesen auch in der irdischen Alltagswelt, etwa beim Bauernvolk, auf dessen Hof sie gefunden hat. Der Bauer würde der Himmelsfrau am liebsten an die Wäsche gehen, seine Mägde verfolgen sie mit Eifersucht. Als einzig Anständiger erweist sich Harry Hotz, ein Straßenbettler, der jeder schwierigen Frage mit der Formel "Je nachdem" begegnet.
Was haben wir da vor uns: Einen Traum? Ein Märchen? Eine märchenhaft verkleidete Wirklichkeit? Von allem ist etwas dabei, und wenn wir fragen, worauf die Autorin mit all dem hinauswollte, so können wir keine befriedigende Antwort finden. Es ist wohl einfach so, dass sie Spaß daran gehabt hat, ihre Phantasie auf die Reise zu schicken und durch keine Rücksicht auf Realitäten hemmen zu lassen - das gute Recht einer Schriftstellerin, sofern es um ihre Einfälle geht. Leider jedoch wirkt sich die Neigung zur Hemmungslosigkeit oft auch in ihrer Sprache aus. Eleonore Frey schmiedet bisweilen Satzungeheuer. Für den Leser, der es sowieso nicht leicht hat, sich in der transirdischen Schneeflockenwelt zurechtzufinden, bringt das zusätzliche Schwierigkeiten. Er muss manchmal sehr daran arbeiten, den Vortrag zu verstehen. Aber wenn er das geschafft hat, ist ihm eines sicher: Er darf sich amüsieren.
SABINE BRANDT
Eleonore Frey: "Aus der Luft gegriffen". Roman.
Literaturverlag Droschl, Graz 2011. 168 S., geb., 19,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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