Die Vermessung der Psyche
Der Titel „Beerholms Vorstellung“ bringt prägnant zum Ausdruck, wovon Daniel Kehlmanns Erstlingswerk handelt. Es ist mehr als die Biografie von Protagonist Arthur Beerholm, es ist eine Introspektion, eine Beschreibung seiner Gedankenwelt, seiner Entwicklungsphasen,
seiner Erfolge und seines Scheiterns.
Arthur wird von Familie Beerholm adoptiert. Ich-Erzähler Arthur…mehrDie Vermessung der Psyche
Der Titel „Beerholms Vorstellung“ bringt prägnant zum Ausdruck, wovon Daniel Kehlmanns Erstlingswerk handelt. Es ist mehr als die Biografie von Protagonist Arthur Beerholm, es ist eine Introspektion, eine Beschreibung seiner Gedankenwelt, seiner Entwicklungsphasen, seiner Erfolge und seines Scheiterns.
Arthur wird von Familie Beerholm adoptiert. Ich-Erzähler Arthur beschreibt seine Kindheit, seine Jugend und seine Vorliebe für die Zauberei. Bereits zu Beginn wird deutlich, dass der Protagonist direkt jemanden anspricht. (12) Arthurs Stiefmutter stirbt kurz nach seiner Erstkommunion; er wird in einem Internat untergebracht, als sein Stiefvater seine Haushälterin heiratet.
Sein Weg ist nicht geradlinig. Die Zauberei, genau genommen die Magie, wird zu seiner Profession, nachdem er seine Ausbildung zum Priester abgebrochen hat. Er hat Erfolg, auch aufgrund seiner Lehrzeit bei dem Magier van Rode. Im Zuge seiner persönlichen Entwicklung findet er seine Grenzen in der Auseinandersetzung mit der Unendlichkeit.
Kehlmann versteht es, mathematische, physikalische, philosophische und theologische Betrachtungen einfließen zu lassen. Bei Törleß [1] sind es die imaginären Zahlen, bei Beerholm ist es die Irrationalität, die symbolisch für die Unberechenbarkeit der Welt bzw. für die Begrenztheit der Vorstellungswelt steht. Hier findet selbst die Magie ihre Grenzen.
An dieser Situation verzweifelt Protagonist Arthur, dem schon, wie einst Faust, die Theologie nicht helfen kann. Paradoxerweise verzweifelt er am Zweifel selbst, wie Pater Fassbinder ihm zu erklären versucht. Dennoch zählt der Zweifel nicht zu den sieben Todsünden. (113) Auch verwechselt der Autor bei seinen physikalischen Betrachtungen Beschleunigung und Kraft. (244)
Daniel Kehlmann hat einen Roman mit Tiefgang abgeliefert, der für einen 22-jährigen Autor ungewöhnlich ist. Im gelingt das, ohne dass seine vielfältigen Gedankengänge lächerlich oder naiv wirken. Über kleine Unschärfen kann hinweg gesehen werden. Die Literaturwelt wird um einen experimentierfreudigen Autor bereichert.
[1] Robert Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß