London ist laut und anstrengend, die Batemans sehnen sich nach Ruhe und haben sich für den Sommer auf dem Land in Yorkshire eingemietet. Vor allem der Vater, ein nervöser Journalist, hofft auf Entspannung in der bäuerlichen Umgebung. Hier trifft sein kleiner Sohn Harry auf Bell, den jüngsten Sohn der Vermieter, und eine tiefe Jungenfreundschaft beginnt. Sommer für Sommer und mit jedem gemeinsam erlebten Abenteuer wird diese Freundschaft erneuert, so unterschiedlich die Sphären, in denen sie mit ihren Familien leben, auch sind. Ein hell leuchtendes Ferienbuch von Jane Gardam, in dem die Spannung zwischen Stadt- und Landmenschen mit so viel Weisheit und Humor eingefangen ist.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.09.2020NEUE TASCHENBÜCHER
„Bell und Harry“ – Jane Gardam
beschwört, „was morgen anliegt“
Am 11. August 1999 entscheidet sich das Schicksal von Light Trees. Ein altes Bauernhaus in einem Tal in Yorkshire, am Rande des Hochmoors. Es gehört dem alten Grandad Hewitson, der hat es an die Familie Bateman verpachtet, die aus London kam und jedes Jahr den Sommer, aber nicht nur, hier verbrachte. Der jüngste Bateman-Sohn heißt Harry, sein bester Freund ist Bell Teesdale. Von den beiden erzählt Jane Gardam, in der Tradition von Huckleberry Finn in kleinen Miniaturen, Kindheit und Jugend, das Erwachsensein, Begegnungen mit den anderen Menschen im Tal, der Eierhexe oder dem Schornsteinfeger Kendal oder Granny Crack, auch Erlebnisse, die gefährlich und magisch sind, ein Wasserfall, der sich im Winter in einen Kronleuchter aus Eis verwandelt hat! Der Drang zu erzählen, ist unwiderstehlich für Jane Gardam. „Das schien die einzige Art und Weise, zu leben. Glücklich zu sein.“
„The Hollow Land“ heißt das Buch im Original, denn der Boden ist durchzogen mit alten Minen, einst wurde hier Silber abgebaut. Im Jahr 1999 bestimmt eine Krise das Leben, es gibt kein Erdöl mehr, man mäht das Heu nicht mehr mit Maschinen und ist wieder mit dem kleinen Einspänner, dem Digby unterwegs. Harry hat sich zu Besuch angemeldet, aber nur noch ein Dampfzug am Tag verkehrt zwischen London und Yorkshire, der Zug ist übervoll, es wird nicht nur mit Stehplätzen aufgestockt, sondern mit Aus-der-Tür-häng-Plätzen, wie in Indien. Der Roman erschien in England bereits 1981.
Eine totale Sonnenfinsternis ist angekündigt für den 11. August, die Bewohner ziehen in die Berge, auf die Nine Standards, um sie zu beobachten. Ein Verwandter aus Südamerika will sein Anrecht auf Light Trees durchsetzen, er vermutet Erdöl unter dem Haus. Jane Gardams Erzählen ist auf eigentümliche Weise utopisch, sie reiht Moment an Moment, wie die Rubrik in der Times, die sagt, was Tag für Tag wesentlich ist, „was anliegt“. „Muss toll gewesen sein, jeden Tag eine Zeitung zu haben. Und das Gefühl, wir könnten bestimmen, was anliegt.“ FRITZ GÖTTLER
Jane Gardam: Bell und Harry. Aus dem Englischen von Isabel Bogdan. dtv,
München 2020. 191 Seiten, 11,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
„Bell und Harry“ – Jane Gardam
beschwört, „was morgen anliegt“
Am 11. August 1999 entscheidet sich das Schicksal von Light Trees. Ein altes Bauernhaus in einem Tal in Yorkshire, am Rande des Hochmoors. Es gehört dem alten Grandad Hewitson, der hat es an die Familie Bateman verpachtet, die aus London kam und jedes Jahr den Sommer, aber nicht nur, hier verbrachte. Der jüngste Bateman-Sohn heißt Harry, sein bester Freund ist Bell Teesdale. Von den beiden erzählt Jane Gardam, in der Tradition von Huckleberry Finn in kleinen Miniaturen, Kindheit und Jugend, das Erwachsensein, Begegnungen mit den anderen Menschen im Tal, der Eierhexe oder dem Schornsteinfeger Kendal oder Granny Crack, auch Erlebnisse, die gefährlich und magisch sind, ein Wasserfall, der sich im Winter in einen Kronleuchter aus Eis verwandelt hat! Der Drang zu erzählen, ist unwiderstehlich für Jane Gardam. „Das schien die einzige Art und Weise, zu leben. Glücklich zu sein.“
„The Hollow Land“ heißt das Buch im Original, denn der Boden ist durchzogen mit alten Minen, einst wurde hier Silber abgebaut. Im Jahr 1999 bestimmt eine Krise das Leben, es gibt kein Erdöl mehr, man mäht das Heu nicht mehr mit Maschinen und ist wieder mit dem kleinen Einspänner, dem Digby unterwegs. Harry hat sich zu Besuch angemeldet, aber nur noch ein Dampfzug am Tag verkehrt zwischen London und Yorkshire, der Zug ist übervoll, es wird nicht nur mit Stehplätzen aufgestockt, sondern mit Aus-der-Tür-häng-Plätzen, wie in Indien. Der Roman erschien in England bereits 1981.
Eine totale Sonnenfinsternis ist angekündigt für den 11. August, die Bewohner ziehen in die Berge, auf die Nine Standards, um sie zu beobachten. Ein Verwandter aus Südamerika will sein Anrecht auf Light Trees durchsetzen, er vermutet Erdöl unter dem Haus. Jane Gardams Erzählen ist auf eigentümliche Weise utopisch, sie reiht Moment an Moment, wie die Rubrik in der Times, die sagt, was Tag für Tag wesentlich ist, „was anliegt“. „Muss toll gewesen sein, jeden Tag eine Zeitung zu haben. Und das Gefühl, wir könnten bestimmen, was anliegt.“ FRITZ GÖTTLER
Jane Gardam: Bell und Harry. Aus dem Englischen von Isabel Bogdan. dtv,
München 2020. 191 Seiten, 11,90 Euro.
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Leicht, voller Weisheit und Humor! Freundin 20230614