Ohio im Jahre 1885, der Sezessionskrieg ist 20 Jahre vorbei, und ebenso lang ist die Sklaverei gesetzlich abgeschafft. Sethe lebt in einem kleinen Haus am Rand von Cincinnati. Sie war hochschwanger aus der Sklaverei geflohen und hatte, als die Sklavenjäger sie aufspürten, ihre kleine Tochter Beloved
getötet, um sie vor der Sklaverei zu bewahren. Nun lebt sie mit der älteren Tochter Denver…mehrOhio im Jahre 1885, der Sezessionskrieg ist 20 Jahre vorbei, und ebenso lang ist die Sklaverei gesetzlich abgeschafft. Sethe lebt in einem kleinen Haus am Rand von Cincinnati. Sie war hochschwanger aus der Sklaverei geflohen und hatte, als die Sklavenjäger sie aufspürten, ihre kleine Tochter Beloved getötet, um sie vor der Sklaverei zu bewahren. Nun lebt sie mit der älteren Tochter Denver zusammen, die beiden Söhne haben das Haus verlassen, es herrscht Frieden, Sethe könnte zur Ruhe kommen.
Von den Fixpunkten Zeit und Ort greift die Autorin immer wieder weit aus. Sethe wird überflutet von wirbelsturmartigen Erinnerungen, die sie nicht zur Ruhe kommen lassen, die sie quälen und lähmen. Sie erinnert sich nicht nur an eigene Erlebnisse, sondern auch an die ihrer Mit-Sklaven, und alle ihre Erinnerungen sind für sie nicht nur Erinnerungen, sondern quälende Gegenwart. Der Roman besteht daher aus einer (gelegentlich zu großen) Fülle von Gedankenströmen, Erinnerungssplittern, Gesprächsfetzen und auch Leerstellen, die sich erst am Schluss im Kopf des Lesers zu einer kongruenten Geschichte zusammensetzen. Dazu kommen verschiedene Erzähler, deren Stimmen sich zu einem vielstimmigen Chor zusammenfinden. Sehr beeindruckend sind die Elemente des Magischen Realismus, die Morrison einsetzt. Sethes Haus wird zu einem Geisterhaus, in dem sie von den Dämonen der Vergangenheit gequält wird und sich nicht aus ihrer Herrschaft lösen kann.
Der Leser schaut hinein in das menschenverachtende System der Sklaverei und kann die aktuellen Bestrebungen von Ron de Santis in Florida, die Sklaverei zu idyllisieren und zu beschönigen, in keiner Weise nachvollziehen. Morrison geht es jedoch weniger um das System der Sklaverei, sondern sie zeigt ihrem Leser, welche Auswirkungen das System auf die Betroffenen hatte. Und der Leser erkennt: Die Vergangenheit lässt sich nicht abschütteln, und mit dem Verfassungsartikel zur Abschaffung der Sklaverei ist sie nur de iure beendet, nicht jedoch in den Seelen der betroffenen Menschen.
Es ist nicht leicht, dieses komplexe und stimmreiche Buch einzulesen. Abak Safaei-Rad macht mit ihrer klaren Stimme und ihrer Textsicherheit das Zuhören zu einem Vergnügen.