Viel heiße Luft um den Rausch
Die Autorin Racha Kirakosian ist neben ihrer Professur für Mediävistik auch sehr an Frauengeschichte interessiert, was man ihrem Buch zur Geschichte der Ekstase deutlich anmerkt. Da ist an sich nichts Schlimmes dran. Zumal die Ekstase an sich, also wie auch immer
geartete Rauschzustände des Neben-sich-Stehens oder des Sich-Selbst-Vergessens oft Frauen zugeschrieben…mehrViel heiße Luft um den Rausch
Die Autorin Racha Kirakosian ist neben ihrer Professur für Mediävistik auch sehr an Frauengeschichte interessiert, was man ihrem Buch zur Geschichte der Ekstase deutlich anmerkt. Da ist an sich nichts Schlimmes dran. Zumal die Ekstase an sich, also wie auch immer geartete Rauschzustände des Neben-sich-Stehens oder des Sich-Selbst-Vergessens oft Frauen zugeschrieben werden. Weshalb überhaupt? Das fragt sich auch die Autorin. Sie erklärt es sich - grob zusammengefasst - damit, dass Frauen eben empfindsamer seien, gewissermaßen einen stärkeren Draht zur Natur hätten und so beispielsweise auf großartige Weise als Orakel von Delphi fungierten. Hier sind wir jedoch schon bei einem Punkt, der mir bei der Lektüre Bauchdrücken verursachte. Die Pythia, die sogenannte Seherin des Orakels, die alle an sie gerichteten Frage stets nur mit Ja oder Nein beantworten konnte, sei laut Autorin eben nicht von Schwefeldämpfen beeinflusst worden, hätte also daher neben sich gestanden, sondern hätte die Inspiration durch eigene geistige Leistung oder besonders intensive Öffnung zum Göttlichen erfahren. Die denkbaren Vorgänge, dargelegt von Männern, werden hier diskreditiert; das eher Magische, Unrealistische bevorzugt, wahrscheinlich, weil die Pythia eben eine Frau war - eine besonders starke, inspirierte Frau, dem Göttlichen so nah, dass sie keine Schwefeldämpfe brauchte.
Und das war nur eine der etwas eigentümlichen Darstellungen zur Ekstase. Angereichert wird die Sprache der Autorin durch Füllwörter und unnötige Tautologien, die das Buch unnötig aufblähen. Hier hätte man sicher gut die Hälfte sparen können. Unnötig finde ich die grau unterlegten Exkurse und Diskurse, die weitestgehend lediglich weiterführende Gedanken der Autorin zum Thema wiedergeben, also Gedanken, die nötig sind, um zum Eigentlichen zu kommen, die man aber später weglässt, da sie nur Ballast auf dem Weg zum Ziel sind.
So umfangreich das Buch auch ist (320 Textseiten in fünf Kapiteln und knapp 80 Seiten Anhang), so hat die Autorin den Wortsinn der Ek-stasis, also das Aus-dem-Stillstand-Heraustreten, nirgends erwähnt. Bei ihr geht es vor allem um den Rausch, die Inspiration, also die wohl weibliche Art der Ekstase. Eine für mich sehr einseitige Betrachtung.
Fazit: Das Buch ist leider nicht rauschhaft geschrieben. Eher stückhaft, mit Einsprengseln, die aus dem Zusammenhang herausreißen. Ist das auch so eine Art Ekstase? Schade, aber ich kann das Buch nicht empfehlen.