Anderthalb Jahrzehnte nach PISA 2000 zeichnet sich im Schulwesen eine paradoxe Situation ab. Die Bewegung, die in den Schulen durch eine umfassende Schulreform ausgelöst wurde, bleibt eine Entwicklung im rasanten Leerlauf. Die alte Lernschule und ihr ritualisierter Unterricht behaupten sich in leicht modernisierter Form. Das traditionelle Schulsystem kann dabei auf eine breite Unterstützung zählen, die von Lehrerverbänden über die Eltern bis in die Medien und die öffentliche Meinung reicht. PISA ist seit 2000 die zentrale Chiffre in der deutschen Schuldiskussion. Der internationale Schulleistungsvergleich der OECD und das enttäuschende Abschneiden des deutschen Schulsystems wirkten wie eine Initialzündung für zahlreiche schulpolitische Maßnahmen und private Initiativen. Sie sollten im Rahmen einer "evidenz-basierten" Schulreform die deutschen Schulen chancengerechter, leistungsstärker und zukunftsfester machen. Die vorgelegte Bilanz nach 15 Jahren analysiert und bewertet Verlauf und Ergebnisse dieser Entwicklung. Zentrale Modernisierungsdefizite deutscher Schulen, etwa die aus dem 19. Jahrhundert stammende Arbeitsorganisation oder die fest im 20. Jahrhundert verorteten Leistungskriterien einer ethnisch und sozial homogenen Mittelschichtskultur, werden in der Bundesrepublik nicht thematisiert, sondern tabuisiert. Die Schule des 21. Jahrhunderts ist damit nicht zu bauen.
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