Die Kanonbilder, die in der gotischen Kölner Buchmalerei (um 1280–1525) kontinuierlich überliefert sind, zeigen in der Regel eine dreifigurige Kreuzigung mit Maria und Johannes zu Seiten des Kruzifixus. In dem Charakteristikum der Gleichförmigkeit und Stetigkeit liegt ein enormes und bisher völlig verkanntes Potential, das in der vorliegenden Arbeit ausgewertet wird. Die Beobachtung des Kruzifixtypus erlaubt eine gezielte Annäherung an die mit in etwa 170 Handschriften und Handschriftenfragmenten reich überlieferte und in den Hochphasen auch durchaus sehr qualitätvolle figürliche Kölner Buchmalerei der Gotik. Der mikrostilistischen Neuordnung dieses Gesamtbestandes, die in tabellarischen Aufstellungen nachvollzogen werden kann, steht als Gegenprobe die makrostilistische Reihung der chronologisch aufeinander folgenden Kruzifixtypen gegenüber. Hierdurch lassen sich einerseits Kontinuitäten und Brüche in der Ikonographie des Kanonbildes und die Genese des Eidbildes ermitteln, andererseits zeichnen sich Produktionshochphasen und -rückgänge bis hin zur Konkurrenz zwischen Handschrift und gedrucktem Buch deutlich ab. Die zweifache Befragung der Handschriften auf mikro- und makrostilistische Zusammenhänge führt zu den unterschiedlichen Kölner Skriptorien und gibt punktuell Blicke auf deren Arbeitsweise und die Herstellungsumstände frei. Durch die Einordnung der Codices in den historischen Kontext von Auftraggeberschaft, Stiftungen und Nutzungszusammenhängen wird das Bild vervollständigt. Diese Arbeit wurde 2001 vom Landschaftsverband Rheinland mit dem Paul-Clemen-Stipendium ausgezeichnet.