Gelungener Auftakt der Market of Monsters-Reihe rund um eine soziopathische Antiheldin
Nita, die mit ihrer Mutter in Peru lebt, hilft im illegalen Familienunternehmen aus. Denn Nitas Mutter jagt Unnatürliche, deren Leichen Nita daheim im Sezierraum in ihre Einzelteile zerlegt, so dass ihr Vater
diese online verkaufen kann. Doch alles geht schief, als Nitas Mutter von ihrer letzten…mehrGelungener Auftakt der Market of Monsters-Reihe rund um eine soziopathische Antiheldin
Nita, die mit ihrer Mutter in Peru lebt, hilft im illegalen Familienunternehmen aus. Denn Nitas Mutter jagt Unnatürliche, deren Leichen Nita daheim im Sezierraum in ihre Einzelteile zerlegt, so dass ihr Vater diese online verkaufen kann. Doch alles geht schief, als Nitas Mutter von ihrer letzten Geschäftsreise den jungen Fabricio mit nach Hause bringt, den sie einem Sammler in Buenos Aires gestohlen hat. Da Fabricios besondere Fähigkeiten ausschließlich darin zu bestehen scheinen hervorragend zu schmecken, hat Nitas Mutter beschlossen, ihn nur betäubt in ein Flugzeug zu verfrachten. Nun will sie ihm im Sezierraum mit Nitas Hilfe möglichst frisch einzelne Körperteile abschneiden, um diese meistbietend im Darknet zu verkaufen. Aber in Nita, die zuvor nur mit Leichen zu tun hatte, regt sich nach einem verbotenen Gespräch mit Fabricio ihr Gewissen und so nehmen dann verhängnisvolle Ereignisse ihren Lauf.
Bis auf die Knochen ist der erste Band einer Reihe um den abgründigen Market of Monsters. Nita ist dessen ungewöhnliche Protagonistin. Dabei hat mir gut gefallen, dass Rebecca Schaeffer den Mut hatte, ihrer Antiheldin mehr als nur ein paar Ecken und Kanten zuzugestehen. In ihrer antisozialen Charakterisierung und Abneigung gegenüber anderen Menschen ist Nita wenig sympathisch. Dafür liebt sie ihre Sektionen. Denn nur das Zerlegen der von ihrer Mutter gejagten Unnatürlichen verschafft Nita Ruhe und Frieden. Sie ist selbstreflektierend genug, um sich als Soziopathin zu erkennen, der nur ein kleiner Rest Moral verblieben ist, an dem sie anders als ihre Mutter fest hält.
Die Dynamik der Beziehung zwischen Nita und ihrer Mutter ist gut von Rebecca Schaeffer herausgearbeitet. Zu Beginn steht Nita unter der Fuchtel ihrer furchteinflößenden Mutter, die sie liebt, vor der sie aber auch Angst hat. Denn Nitas Mutter ist unberechenbar, wenn sie wütend wird. Das Geld, was sie mit dem Familiengeschäft verdient, ist das sie antreibende Motiv. Und so hat die Autorin in intensiver, aber nachvollziehbarer Weise geschildert, wie der zuvor nur zwischen Nita und ihrer Mutter schwelende Konflikt über deren Streit wegen Fabricio eskaliert.
Rebecca Schaeffer hat in ihrem Roman eine alternative Realität rund um die von ihr beschriebenen Unnatürlichen entworfen. So gibt es etwa die INHUP. Das ist die Polizei, die für alle Vorfälle mit Unnatürlichen verantwortlich ist.
Der Einstieg in diesen düster abgründigen Fantasy-Roman ist rasant Es dauert nur wenige Seiten, bis Nitas Mutter Fabricio mit nach Hause bringt und Nitas sonst so geregelter Alltag durcheinandergerät. Dabei habe ich über kurze, eingeschobene Rückblicke in Gestalt von Erinnerungen mehr über das illegale Familiengeschäft erfahren. Dadurch dass die Autorin das Setting, in der Unnatürliche Teil des Alltags sind, nebenher einführt, wird das hohe Erzähltempo nicht ausgebremst. So beginnt der Roman stark als intensiv unangenehmes Kammerspiel, das sich zwischen Fabricio, Nita und ihrer Mutter in deren Wohnung entwickelt.
Nach diesem starken ersten Teil schleichen sich jedoch Längen ein. Am Anfang ist das Tempo so hoch, dass ich über Nitas kindische Eigenheiten, die im Widerspruch zur soziopathischen Seziererin zu stehen scheinen, einfach hinweg lesen konnte, aber wenn die Erzählweise ruhiger wird, fallen diese Schwächen in der Charakterisierung stärker ins Gewicht. Zudem wiederholen sich Nitas innere Monologe und ziehen die Handlung so unnötig in die Länge, ohne dass sie Nitas Entwicklung vorantreiben würden. Besser hätte mir gefallen an dieser Stelle zu kürzen und stattdessen mehr furchteinflößende Auftritte von Miss Reyes, der ungekrönten Königin der Körperteile, die den letzten König gestürzt hat, einfließen zu lassen. Statt die ganze Geschichte nur aus Sicht von Nita zu erzählen, hätten mich auch andere Perspektiven interessiert.
Wer einen typischen New Adult Fantasy-Roman lesen möchte, ist bei diesem Buch an der falschen Adresse. Denn Sympathieträger sucht man darin vergebens. Nita hegt eine morbide Leidenschaft für das Zerlegen von Leichen und Nitas Mutter jagt ihren Opfern gern Angst ein, bevor sie ihnen, ohne mit der Wimper zu zucken, Körperteile mit dem Messer abtrennt. Beim Ausloten menschlicher Abgründe und denen von Unnatürlichen, was bei Rebecca Schaeffer zu Beginn noch so intensiv ausgefallen ist, hätte ich mir im weiteren Verlauf eine größere Bandbreite gewünscht, die ein legendärer, illegaler Monstermarkt doch eigentlich bieten müsste.
Das explosive Finale hat mich dann für einige der Längen, die den Mittelteil dieses Romans geprägt haben, entschädigt. Die Twists, mit denen die Autorin zum Schluss aufwartet, habe ich zwar größtenteils zuvor so vermutet, gefallen hat mir aber, dass diese schlüssig und stimmig sind. Und da das Ende recht offen ausgefallen ist, bin ich schon gespannt auf den nächsten Band der Reihe, den ich bestimmt lesen werde.