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3 Kundenbewertungen

Die Rautenbergs: die Geschichte einer westdeutschen Unternehmerfamilie und ihres Verfalls. Als Wilhelm und Inga sich kennenlernen, sitzt Adenauer noch im Kanzleramt. Arzttochter Inga ist eine Schönheit und Wilhelm, ein erfolgreicher Dressurreiter, die beste Partie. Doch kurz nach der Geburt des zweiten Kindes stirbt Inga an Leukämie. Die jüngere Tochter wird zu den Großeltern mütterlicherseits gegeben, die ältere bleibt beim Vater. Der baut sich, um den Zwängen der Freikirchlichen Gemeinde und seiner strengen Mutter zu entfliehen, ein Haus, kilometerweit vom nächsten Nachbarn. Nach sieben…mehr

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Produktbeschreibung
Die Rautenbergs: die Geschichte einer westdeutschen Unternehmerfamilie und ihres Verfalls. Als Wilhelm und Inga sich kennenlernen, sitzt Adenauer noch im Kanzleramt. Arzttochter Inga ist eine Schönheit und Wilhelm, ein erfolgreicher Dressurreiter, die beste Partie. Doch kurz nach der Geburt des zweiten Kindes stirbt Inga an Leukämie. Die jüngere Tochter wird zu den Großeltern mütterlicherseits gegeben, die ältere bleibt beim Vater. Der baut sich, um den Zwängen der Freikirchlichen Gemeinde und seiner strengen Mutter zu entfliehen, ein Haus, kilometerweit vom nächsten Nachbarn. Nach sieben Jahren holt Wilhelm seine Jüngste wieder zu sich - , ganz wie im Märchen. Was aber folgt, ist alles andere als märchenhaft.

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Autorenporträt
Eva Sichelschmidt wuchs am grünen Rand des Ruhrgebiets auf. 1989 zog sie nach Berlin, wo sie als Kostümbildnerin für Film und Oper arbeitete und erst ein Maßatelier für Abendmode, dann das Geschäft «Whisky & Cigars» eröffnete. 2017 erschien ihr erster Roman, «Die Ruhe weg». Ihr zweiter, «Bis wieder einer weint», war u.a. für den Deutschen Buchpreis nominiert. 2022 war sie zum Bachmann-Wettbewerb eingeladen. Eva Sichelschmidt lebt in Rom und Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.01.2020

Am Rande des Reviers
Eva Sichelschmidts Roman "Bis wieder einer weint"

Dass der Rezensent einmal das Wort "Klümpchen" in einem Roman finden würde, hätte er nicht erwartet. Bei der Lektüre weckt es ganze Erinnerungskaskaden an Kindertage. Der Proust'sche Madeleine-Effekt funktioniert also auch mit einem Bonbon, und es braucht den Geschmack gar nicht dazu (erfreulicherweise, denn Klümpchen waren und sind eine reichlich vollsaftige Angelegenheit), sondern der Klang eines umgangssprachlichen Begriffs genügt, um eine Zeit, eine Gegend, eine Stimmung heraufzubeschwören. Dergleichen Signalwörter (Markennamen, Fernsehsendungen, westfälisches Idiom) gibt es einige in Eva Sichelschmidts Roman "Bis wieder einer weint".

Angesiedelt ist er allerdings auf zwei Zeitebenen, in zwei fiktiven Gemeinden am südlichen Rand des Ruhrgebiets und in zwei Stimmungen: einer Familie erst im Aufbruch und dann im Zusammenbruch. Die zwanzigjährige Arzttochter Inga Lüdersheim verguckt sich in den elf Jahre älteren Unternehmersohn Wilhelm Rautenberg, und am Ende des ersten von vier Teilen des Romans sind beide verheiratet. Dann schlägt das Schicksal bürgerlich bitter zu: Geld-, Ehe- und Gesundheitsprobleme stellen sich ein, und wenn man der Handlung ihren Reiz nicht nehmen will, verrät man hier nichts weiter. Die zweite Zeitebene setzt zehn Jahre später ein, mit der Geburt von Susanne, der zweiten Tochter des Ehepaars. Sie begleiten wir beim Aufwachsen im Zeichen der erwähnten Probleme bis hinein ins junge Erwachsenenalter, und sie ist für ihre Hälfte des Buchs auch dessen Ich-Erzählerin (bei einer auffälligen biographischen Schnittmenge mit der Autorin).

Es ist Eva Sichelschmidts zweiter Roman nach "Die Ruhe weg", der 2017 bei Knaus herauskam. Diesen Verlag gibt es nicht mehr, er ging in Penguin auf, und ein Teil seiner Autoren verließ das Haus - über die Frage, von welcher Seite jeweils die Trennung ausging, mag man spekulieren. Jedenfalls ist Eva Sichelschmidt zu Rowohlt gewechselt, also einer prominenten Adresse, allerdings in den dortigen "Hundert Augen"-Imprint, wo man sein Glück mit etwas leichtfüßigerer Literatur versucht als im Hauptprogramm. Und die Erzählung aus weiblicher Perspektive über die sechziger bis neunziger Jahre passt ja auch genau ins Beuteschema des Buchhandels, dem die Babyboomer der lohnendste Kundenkreis sind. Da es so viele Angehörige dieser Generation gibt, erscheinen heute auch recht viele Romane über jene reizvollen Jahre, als die Babyboomer noch jung waren und sich nicht nur so fühlten.

So zwangsläufig wenig originell dadurch der Inhalt von "Bis wieder einer weint" ist, so ambitioniert ist die Form des Buchs. Erzählt wird im ständigen, auch typographisch hervorgehobenen Wechsel zwischen mit Schlagworten betitelten Abschnitten aus Ich-Perspektive (zu Susannes Leben) und durchnumerierten, dafür jedoch namenlosen auktorialen Kapiteln (parallel zum Leben von Susannes Vater Wilhelm). Die Namen der Ich-Abschnitte geben jeweils ein Leitmotiv vor, das dann auch das folgende, zeitlich jedoch stets früher angesiedelte Kapitel prägt. So wird der Kurzschluss, dass die Fehler des Vaters sich auf die Tochter vererbt haben könnten, subtil ausgehebelt, weil man zunächst immer von der Jüngeren erzählt bekommt. Erst ganz zum Schluss werden beide Zeitebenen zusammengeführt, in zwei Sätzen verschmelzen Ich- und auktoriale Perspektive. Die alten Leben sind zu Ende, ein neues wird für Susanne beginnen, aber nicht mehr in diesem Roman.

Im ersten Teil ist die Handlung noch fesselnd, auch weil da die frühen sechziger Jahre Thema sind, also eine mittlerweile weit zurückliegende Zeit, und sich Eva Sichelschmidt bisweilen brillante Sarkasmen erlaubt wie den über Susannes Großvater mütterlicherseits, der nach der Schule kurzzeitig erwogen hatte, Eisenbahner zu werden. Er wurde dann Augenarzt und darum beneidet, weil man es in dieser Profession selten mit großem Leid oder gar dem Tod zu tun habe. Auf diese Binsenweisheit folgt aber der Satz: "Ein Beamter der Deutschen Reichsbahn hätte mit beidem noch weniger zu schaffen gehabt, keine Frage." Bösartiger geht es kaum, bei einem Abiturienten des Jahres 1929, also kurz vor dem "Dritten Reich" und dessen Deportationen.

Später gehorcht das Geschehen dann den gängigen Schemata eines Familienromans; nur einige Krankenhausaufenthalte anlässlich Kindsgeburt und Therapie bieten noch einmal mitreißende Schilderungen. Manche wohl als Clou gedachte Volte dagegen verpufft, weil zu absehbar ist, was passieren wird. "Übermut tut selten gut", weiß Susannes Großmutter und sagt dann das, was dem Roman den Titel gegeben hat: "Bis wieder einer weint." Das Zitat steht auf Seite 159. Dann kennt man das Programm der noch folgenden zwei Drittel.

ANDREAS PLATTHAUS.

Eva Sichelschmidt: "Bis wieder einer weint". Roman.

Rowohlt Verlag, Hamburg 2020. 476 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Eva Sichelschmidt beschreibt mit gekonnten Zeitsprüngen den Aufstieg und Fall einer westdeutschen Familie in der Nachkriegszeit. Sie zeichnet voller Freude am Detail Lebenswelten, die uns prägten. Der Kern ihres Buches aber ist das Schicksal eines Mannes, der trotz Erfolg nicht das Leben führen durfte, das er ersehnte, und für dessen Unglück alle bezahlen müssen. Brigitte 20200603