Ein typischer Kapstadt-Winter. Nicht viel los. Aber mit ausreichend Arbeit für Mace Bishop und Pylon Buso, die gegen Geld ihren Sicherheitsservice für Ausländer anbieten. Während sich Bishop um seine depressive Tochter kümmert, beschützt Buso einen deutschen Waffenspezialisten, dem ein paar osteuropäische Gangster auf den Fersen sind. Und ein Pärchen aus den USA, das in den lokalen Spielkasino-Markt investieren will. Aber dann wird die Frau entführt, und ein Reporter interessiert sich etwas zu sehr für die Balkan-Beziehungen des Waffenspezialisten. Plötzlich kommt Bewegung in das beschauliche Kapstadt-Dasein. Und im Hintergrund zieht die skrupellose Anwältin Sheemina February geschickt die Fäden ...
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Den neuen Thriller von Mike Nichol um ein amerikanisches Paar, das sich im Casino-Business in Südafrika verhebt, hält Sylvia Staude für hart, aber realistisch, schon weil die Polizeiarbeit bei Nichol weitgehend von privaten Personenschützern erledigt wird, finstere Vergangenheiten inklusive. Stilistisch findet sie das Buch auf der Höhe moderner ambitionierter Krimiliteratur; rasante Spannungsbögen, keine Klischees, versichert Staude.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2014Zum Verzehr nicht geeignet
Krimi in Kürze: Südafrika, Luxemburg und Jubilare
Wenige Länder jenseits von Skandinavien dürften sich mit solchem Aplomb auf der Weltkarte der Kriminalliteratur festgesetzt haben wie Südafrika. Deon Meyer, Roger Smith, Mike Nicol haben sich in den letzten Jahren als feste Größen etabliert, die beiden letzten fielen dabei mit erheblicher Brutalität auf, gegen die sich Deon Meyer beinahe schon sanft ausnimmt. Sein Held Bennie Griessel ist auch in diesem zu Ende gehenden Krimijahr mit einem Fall in deutscher Übersetzung vertreten, "Cobra", ebenso Nicol mit "Black Heart". Nun taucht der seiner Trunksucht derzeit erfolgreich entrinnende Captain Griessel als Figur in einem Roman von Andrew Brown auf.
In "Trost" (btb, 352 S., br., 14,99 [Euro]) begegnet Browns ebenfalls mit dem Alkohol kämpfender Inspector Eberard Februarie Griessel mit der Bemerkung, er habe schon viel von ihm gehört. Das ist eine augenzwinkernde Verbeugung vor dem Kollegen Deon Meyer. Der Fall ist alles andere als alltäglich: Ein junger Muslim wird in einen Gebetsmantel gehüllt auf dem Altar einer Synagoge tot aufgefunden - ausgeweidet wie ein Opfertier. Februarie entdeckt, dass für die Inszenierung dieses Frevels ein Straßenjunge getötet wurde, aber da ist die Stimmung zwischen den Religionsgruppen schon am Überkochen. Das Buch hat es gleich auf die Krimi-Zeit-Bestenliste geschafft und in der Tat: Brown kann sicher mehr, als die stellenweise holprige Übersetzung - was sind "Hinterstraßen"? - vermuten lässt.
Nicht übersetzt werden musste der Debütroman von Max Annas, der mit "Die Farm" (Diaphanes Verlag, 188 S., br., 16,95 [Euro]). einen filmisch sequenzierten Überfall auf eine südafrikanische Farm voranpeitscht. Annas war laut Klappentext früher Journalist und lebte in Köln, heute forscht er über Jazz an der University of Fort Hare in East London. Sein Debüt liefert das multiperspektivische Protokoll eines Angriffs, von dem nicht klar ist, wer warum wen zu töten versucht. Das Tempo ist hoch, die atmosphärische Dichte steigert sich mit jeder Minute der verhandelten acht Stunden Belagerung.
Im Vergleich dazu hat sich Tom Hillenbrand mit seinem neuen Kulinarik-Krimi "Tödliche Oliven" (Kiepenheuer & Witsch, 319 S., br., 9,99 [Euro]) kaum Mühe gemacht. Den vierten Fall seines Luxemburger Kochs Xavier Kieffer hat er einfach so runtergeschrieben. Kann man natürlich machen, ist ja auch eine Art Hausschuh-Technik des Erzählens - reinschlüpfen und sich wohlfühlen, nur nicht den Leser mit Anspruch verwirren. Das ist schade, denn Hillenbrand hat in diesem Jahr mit "Drohnenland" gezeigt, wie viel mehr er kann.
Kieffer will, wie alle Jahre, seinen Freund, dem Öl- und Weinhändler Alessandro Colao, zu dessen Ölmühle in Italien begleiten. Aber vor dem vereinbarten Termin verschwindet Colao, offenkundig verstrickt in lebensbedrohliche Machenschaften mit der Mafia. Im weltweiten Olivenölgeschäft geht es um viel Geld, allein die Italiener verbrauchen jährlich 600 000 Tonnen, produzieren aber selbst nur die Hälfte dieser Menge.
Hillenbrand bedient sich, wie er im Nachwort einräumt, bei dem vor zwei Jahren erschienenen Sachbuch von Tom Mueller, "Extra Vergine" (Redline Verlag, 312 S., 24,99 [Euro]), das "Die erhabene und skandalöse Welt des Olivenöls", so der Untertitel, erkundet. Er tut dies so ungeniert und großzügig, dass hier das Buch des amerikanischen Journalisten empfohlen sei. Der Konsument lernt: Minderwertiger Verschnitt sind offenbar die meisten der in den Verkauf gelangenden Öle, eher für Lampen denn für menschlichen Verzehr geeignet. Extra vergine? Ein Witz.
"As much as she had created him he had also, perhaps, created her" - mit dieser Pointe verabschiedete sich der "Economist" in der Ausgabe vom 6. Dezember von einer Großmeisterin des Genres, die in der angelsächsischen Welt viel größer und berühmter war als hierzulande: P. D. James. Das Wirtschaftsmagazin schlüpft in seinem Nachruf in die Rolle von Commander Adam Dalgliesh, dem Serienhelden von P. D. James, der seine Erfinderin in ihrem Haus im Holland Park besucht.
Die Schriftstellerin war mitverantwortlich für den immensen Vorsprung, den der englischsprachige Krimi seit Jahrzehnten hat, weil er in seinen Heimatländern nicht als minderwertiges Genre begriffen wird. Dem Einbruch der Gewalt in die bürgerliche Wohlgeordnetheit widmet sich auch eine andere Grand Dame des Genres, die Amerikanerin Mary Higgins Clark. Zuletzt mit dem bei Heyne erschienenen Thriller "In der Stunde deines Todes". Als Abkömmling irischer Einwanderer in der Bronx geboren, feiert die Auflagenmillionärin am Heiligen Abend ihren fünfundachtzigsten Geburtstag.
Bereits drei Tage zuvor begeht eine Branchengröße des Noir einen runden Geburtstag: James Sallis, dem in Deutschland mit "Driver" vor sieben Jahren ein später Durchbruch gelang, wird siebzig Jahre alt. Diverse Romane liegen mittlerweile bei Liebeskind, Heyne und Dumont vor. Sallis' schlackenlose Prosa taugt für Leser, denen die Weihnachtskonsumrauschfaust einen Magenschwinger versetzt hat.
HANNES HINTERMEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimi in Kürze: Südafrika, Luxemburg und Jubilare
Wenige Länder jenseits von Skandinavien dürften sich mit solchem Aplomb auf der Weltkarte der Kriminalliteratur festgesetzt haben wie Südafrika. Deon Meyer, Roger Smith, Mike Nicol haben sich in den letzten Jahren als feste Größen etabliert, die beiden letzten fielen dabei mit erheblicher Brutalität auf, gegen die sich Deon Meyer beinahe schon sanft ausnimmt. Sein Held Bennie Griessel ist auch in diesem zu Ende gehenden Krimijahr mit einem Fall in deutscher Übersetzung vertreten, "Cobra", ebenso Nicol mit "Black Heart". Nun taucht der seiner Trunksucht derzeit erfolgreich entrinnende Captain Griessel als Figur in einem Roman von Andrew Brown auf.
In "Trost" (btb, 352 S., br., 14,99 [Euro]) begegnet Browns ebenfalls mit dem Alkohol kämpfender Inspector Eberard Februarie Griessel mit der Bemerkung, er habe schon viel von ihm gehört. Das ist eine augenzwinkernde Verbeugung vor dem Kollegen Deon Meyer. Der Fall ist alles andere als alltäglich: Ein junger Muslim wird in einen Gebetsmantel gehüllt auf dem Altar einer Synagoge tot aufgefunden - ausgeweidet wie ein Opfertier. Februarie entdeckt, dass für die Inszenierung dieses Frevels ein Straßenjunge getötet wurde, aber da ist die Stimmung zwischen den Religionsgruppen schon am Überkochen. Das Buch hat es gleich auf die Krimi-Zeit-Bestenliste geschafft und in der Tat: Brown kann sicher mehr, als die stellenweise holprige Übersetzung - was sind "Hinterstraßen"? - vermuten lässt.
Nicht übersetzt werden musste der Debütroman von Max Annas, der mit "Die Farm" (Diaphanes Verlag, 188 S., br., 16,95 [Euro]). einen filmisch sequenzierten Überfall auf eine südafrikanische Farm voranpeitscht. Annas war laut Klappentext früher Journalist und lebte in Köln, heute forscht er über Jazz an der University of Fort Hare in East London. Sein Debüt liefert das multiperspektivische Protokoll eines Angriffs, von dem nicht klar ist, wer warum wen zu töten versucht. Das Tempo ist hoch, die atmosphärische Dichte steigert sich mit jeder Minute der verhandelten acht Stunden Belagerung.
Im Vergleich dazu hat sich Tom Hillenbrand mit seinem neuen Kulinarik-Krimi "Tödliche Oliven" (Kiepenheuer & Witsch, 319 S., br., 9,99 [Euro]) kaum Mühe gemacht. Den vierten Fall seines Luxemburger Kochs Xavier Kieffer hat er einfach so runtergeschrieben. Kann man natürlich machen, ist ja auch eine Art Hausschuh-Technik des Erzählens - reinschlüpfen und sich wohlfühlen, nur nicht den Leser mit Anspruch verwirren. Das ist schade, denn Hillenbrand hat in diesem Jahr mit "Drohnenland" gezeigt, wie viel mehr er kann.
Kieffer will, wie alle Jahre, seinen Freund, dem Öl- und Weinhändler Alessandro Colao, zu dessen Ölmühle in Italien begleiten. Aber vor dem vereinbarten Termin verschwindet Colao, offenkundig verstrickt in lebensbedrohliche Machenschaften mit der Mafia. Im weltweiten Olivenölgeschäft geht es um viel Geld, allein die Italiener verbrauchen jährlich 600 000 Tonnen, produzieren aber selbst nur die Hälfte dieser Menge.
Hillenbrand bedient sich, wie er im Nachwort einräumt, bei dem vor zwei Jahren erschienenen Sachbuch von Tom Mueller, "Extra Vergine" (Redline Verlag, 312 S., 24,99 [Euro]), das "Die erhabene und skandalöse Welt des Olivenöls", so der Untertitel, erkundet. Er tut dies so ungeniert und großzügig, dass hier das Buch des amerikanischen Journalisten empfohlen sei. Der Konsument lernt: Minderwertiger Verschnitt sind offenbar die meisten der in den Verkauf gelangenden Öle, eher für Lampen denn für menschlichen Verzehr geeignet. Extra vergine? Ein Witz.
"As much as she had created him he had also, perhaps, created her" - mit dieser Pointe verabschiedete sich der "Economist" in der Ausgabe vom 6. Dezember von einer Großmeisterin des Genres, die in der angelsächsischen Welt viel größer und berühmter war als hierzulande: P. D. James. Das Wirtschaftsmagazin schlüpft in seinem Nachruf in die Rolle von Commander Adam Dalgliesh, dem Serienhelden von P. D. James, der seine Erfinderin in ihrem Haus im Holland Park besucht.
Die Schriftstellerin war mitverantwortlich für den immensen Vorsprung, den der englischsprachige Krimi seit Jahrzehnten hat, weil er in seinen Heimatländern nicht als minderwertiges Genre begriffen wird. Dem Einbruch der Gewalt in die bürgerliche Wohlgeordnetheit widmet sich auch eine andere Grand Dame des Genres, die Amerikanerin Mary Higgins Clark. Zuletzt mit dem bei Heyne erschienenen Thriller "In der Stunde deines Todes". Als Abkömmling irischer Einwanderer in der Bronx geboren, feiert die Auflagenmillionärin am Heiligen Abend ihren fünfundachtzigsten Geburtstag.
Bereits drei Tage zuvor begeht eine Branchengröße des Noir einen runden Geburtstag: James Sallis, dem in Deutschland mit "Driver" vor sieben Jahren ein später Durchbruch gelang, wird siebzig Jahre alt. Diverse Romane liegen mittlerweile bei Liebeskind, Heyne und Dumont vor. Sallis' schlackenlose Prosa taugt für Leser, denen die Weihnachtskonsumrauschfaust einen Magenschwinger versetzt hat.
HANNES HINTERMEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main