Yemen, 1935. Jama is a "market boy," a half-feral child scavenging with his friends in the dusty streets of a great seaport. For Jama, life is a thrilling carnival, at least when he can fill his belly. When his mother-alternately raging and loving-dies young, she leaves him only an amulet stuffed with one hundred rupees. Jama decides to spend her life's meager savings on a search for his never-seen father; the rumors that travel along clan lines report that he is a driver for the British somewhere in the north. So begins Jama's extraordinary journey of more than a thousand miles north all the way to Egypt, by camel, by truck, by train, but mostly on foot. He slings himself from one perilous city to another, fiercely enjoying life on the road and relying on his vast clan network to shelter him and point the way to his father, who always seems just a day or two out of reach.
In his travels, Jama will witness scenes of great humanity and brutality; he will be caught up in the indifferent, grinding machine of war; he will crisscross the Red Sea in search of working papers and a ship. Bursting with life and a rough joyfulness, Black Mamba Boy is debut novelist Nadifa Mohamed's vibrant, moving celebration of her family's own history.
In his travels, Jama will witness scenes of great humanity and brutality; he will be caught up in the indifferent, grinding machine of war; he will crisscross the Red Sea in search of working papers and a ship. Bursting with life and a rough joyfulness, Black Mamba Boy is debut novelist Nadifa Mohamed's vibrant, moving celebration of her family's own history.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.03.2015Erwartungsperlen
Nadifa Mohameds Adoleszenz- und Wunderroman „Black Mamba Boy“ über die Dreißiger- und Vierzigerjahre im Osten Afrikas
Die britische Autorin Nadifa Mohamed gehört zu den jungen, international erfolgreichen Stimmen, die es schaffen, sich einerseits von den Festschreibungen durch ihre Herkunft zu befreien und andererseits die Geschichte ihrer Herkunftsländer im Bewusstsein zu behalten. Mohamed wurde 1981 in Hargesia geboren, heute die Hauptstadt von Somaliland, das 1992 einseitig und international nicht anerkannt seine Unabhängigkeit von Somalia erklärte. Nach dem Erfolg ihres zweiten Romans „Garten der verlorenen Seelen“ hat der C. H.-Beck-Verlag jetzt auch ihr Debüt „Black Mamba Boy“ veröffentlicht. Dieser Roman spielt in den Jahren zwischen 1935 und 1947 und erzählt die Geschichte von Mohameds Vater Jama – fiktionalisiert und als Stationendrama, mit allen Stärken und Schwächen dieses Verfahrens.
Es beginnt in Jemen, wo Jama mit seiner Mutter, einem Ausbund an Kampfgeist und Autorität, bei somalischen Verwandten lebt. Nach ihrem frühen, elenden Tod macht er sich auf die Suche nach seinem Vater und wandert über Dschibuti nach Eritrea, von wo aus es ihn weitertreibt in den Sudan, bis nach Ägypten, Palästina und schließlich auf einem der Gefängnisschiffe, die 1947 in Palästina von den Briten abgewiesene jüdische Überlebende zurück nach Deutschland bringen, nach Hamburg und London. Die mütterliche Schlinge aus „Erwartungsperlen“ zieht ihn vorwärts: „Ich setze nämlich große Hoffnungen in dich, du bist mein Glückskind, du bist dazu bestimmt, jemand Wichtiges zu werden, Goode.“ Die Worte der Mutter begleiten ihn hartnäckig und liebevoll auf seiner abenteuerlichen Reise durch die Kriege im Osten Afrikas.
Mohamed erzählt die anrührende Geschichte dieses Jungen als Adoleszenz- und Wunderroman. Oder ist es kein Wunder, wenn ein Elfjähriger gegen alle Wahrscheinlichkeit die Wüste durchquert und überlebt, als Teenager mitten im Zweiten Weltkrieg Kindersoldat bei den Italienern wird und überlebt, Heuschreckenplagen, Hunger, Gefängnis und einen Rückschlag nach dem anderen erlebt und überlebt? Möglich wird dies durch das dichte soziale Netz der Somalis und die Freundschaft mit dem optimistischen Straßenkind Shidane und seinem kleinen ängstlichen Onkel Abdi. In den Seelen dieser drei Jungs klingt „zu viel Musik“, als dass sie sich mit ihrer Existenz abfinden könnten.
Mohamed erzählt von den Dreißiger- und Vierzigerjahren im Osten Afrikas ganz gegenwärtig: Aden, wo Jamas Reise beginnt, nennt sie einen „Industriehafen“ und eine „moderne“ Stadt. Das wirkt nicht verfremdend, sondern zoomt das Zeitgefühl für heutige Leser heran. Sie beschreibt den Rassismus, mit dem sich die unterschiedlichen Stämme der Somali begegnen, aber auch das bis in die europäische Fremde verzweigte Verwandtschaftssystem, das Mitglieder eines Clans zur Solidarität verpflichtet.
„Black Mamba Boy“ ist ein harter, realistischer Roman, aber auch einer, dem man seinen Wunsch aufzuklären anmerkt. Nadifa Mohamed hat Politik und Geschichte in Oxford studiert. Jamas Reise nutzt sie, um die unterschiedlichen Strategien der Kolonialmächte zu beschreiben und vom Anfang und Ende der italienischen Kolonie „Ostafrika“ zu erzählen, die unter dem Vorwand errichtet wurde, die Sklaverei abzuschaffen. Einer seiner väterlichen Retter warnt Jama unterwegs: Wenn er nach Eritrea komme, werde er ohne jeden Zweifel feststellen, dass es dort Leute gibt, „die der Ansicht sind, dass du nicht Schmerz empfindest wie sie, keine Träume hast wie sie, das Leben nicht so liebst wie sie.“ Jama erfährt die furchtbare Wahrheit dieses Satzes, als Shidane eine Hand voll Reis klaut: „Sie waren erbarmungslos, rackerten sich an ihm ab, wie Automechaniker, die ein Fahrzeug verschrotten.“
Nadifa Mohamed entfaltet ihre Geschichte der Gewalt in täuschend mildem Ton und stellt ihr die Geschichte der Liebe entgegen. Man kann ihrem Roman die teilweise voraussehbare Dramaturgie vorwerfen, auch sein am Film orientiertes, auf Ereignisse und Figuren bezogenes Erzählen und die Hast, mit der Jama durch Raum und Zeit getrieben wird. Solche formalen Schwächen verblassen aber angesichts der Leistung, eine individuelle Geschichte als Geschichte von vielen und für viele zu erzählen. „Black Mamba Boy“ schafft so ein politisches und historisches Bewusstsein, das weit über die wie Wundmale pochenden Grenzen der Kolonialzeit hinausreicht.
INSA WILKE
Nadifa Mohamed: Black Mamba Boy. Roman. Aus dem Englischen von Susann Urban. C. H. Beck Verlag, München 2015. 366 Seiten, 19,95 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Wie ein Stationendrama
hat die britische Autorin ihre
Rückschau aufgebaut
Starke Erzählerin mit Oxford-Abschluss: Nadifa Mohamed.
Foto: Sabreen Hussain
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Nadifa Mohameds Adoleszenz- und Wunderroman „Black Mamba Boy“ über die Dreißiger- und Vierzigerjahre im Osten Afrikas
Die britische Autorin Nadifa Mohamed gehört zu den jungen, international erfolgreichen Stimmen, die es schaffen, sich einerseits von den Festschreibungen durch ihre Herkunft zu befreien und andererseits die Geschichte ihrer Herkunftsländer im Bewusstsein zu behalten. Mohamed wurde 1981 in Hargesia geboren, heute die Hauptstadt von Somaliland, das 1992 einseitig und international nicht anerkannt seine Unabhängigkeit von Somalia erklärte. Nach dem Erfolg ihres zweiten Romans „Garten der verlorenen Seelen“ hat der C. H.-Beck-Verlag jetzt auch ihr Debüt „Black Mamba Boy“ veröffentlicht. Dieser Roman spielt in den Jahren zwischen 1935 und 1947 und erzählt die Geschichte von Mohameds Vater Jama – fiktionalisiert und als Stationendrama, mit allen Stärken und Schwächen dieses Verfahrens.
Es beginnt in Jemen, wo Jama mit seiner Mutter, einem Ausbund an Kampfgeist und Autorität, bei somalischen Verwandten lebt. Nach ihrem frühen, elenden Tod macht er sich auf die Suche nach seinem Vater und wandert über Dschibuti nach Eritrea, von wo aus es ihn weitertreibt in den Sudan, bis nach Ägypten, Palästina und schließlich auf einem der Gefängnisschiffe, die 1947 in Palästina von den Briten abgewiesene jüdische Überlebende zurück nach Deutschland bringen, nach Hamburg und London. Die mütterliche Schlinge aus „Erwartungsperlen“ zieht ihn vorwärts: „Ich setze nämlich große Hoffnungen in dich, du bist mein Glückskind, du bist dazu bestimmt, jemand Wichtiges zu werden, Goode.“ Die Worte der Mutter begleiten ihn hartnäckig und liebevoll auf seiner abenteuerlichen Reise durch die Kriege im Osten Afrikas.
Mohamed erzählt die anrührende Geschichte dieses Jungen als Adoleszenz- und Wunderroman. Oder ist es kein Wunder, wenn ein Elfjähriger gegen alle Wahrscheinlichkeit die Wüste durchquert und überlebt, als Teenager mitten im Zweiten Weltkrieg Kindersoldat bei den Italienern wird und überlebt, Heuschreckenplagen, Hunger, Gefängnis und einen Rückschlag nach dem anderen erlebt und überlebt? Möglich wird dies durch das dichte soziale Netz der Somalis und die Freundschaft mit dem optimistischen Straßenkind Shidane und seinem kleinen ängstlichen Onkel Abdi. In den Seelen dieser drei Jungs klingt „zu viel Musik“, als dass sie sich mit ihrer Existenz abfinden könnten.
Mohamed erzählt von den Dreißiger- und Vierzigerjahren im Osten Afrikas ganz gegenwärtig: Aden, wo Jamas Reise beginnt, nennt sie einen „Industriehafen“ und eine „moderne“ Stadt. Das wirkt nicht verfremdend, sondern zoomt das Zeitgefühl für heutige Leser heran. Sie beschreibt den Rassismus, mit dem sich die unterschiedlichen Stämme der Somali begegnen, aber auch das bis in die europäische Fremde verzweigte Verwandtschaftssystem, das Mitglieder eines Clans zur Solidarität verpflichtet.
„Black Mamba Boy“ ist ein harter, realistischer Roman, aber auch einer, dem man seinen Wunsch aufzuklären anmerkt. Nadifa Mohamed hat Politik und Geschichte in Oxford studiert. Jamas Reise nutzt sie, um die unterschiedlichen Strategien der Kolonialmächte zu beschreiben und vom Anfang und Ende der italienischen Kolonie „Ostafrika“ zu erzählen, die unter dem Vorwand errichtet wurde, die Sklaverei abzuschaffen. Einer seiner väterlichen Retter warnt Jama unterwegs: Wenn er nach Eritrea komme, werde er ohne jeden Zweifel feststellen, dass es dort Leute gibt, „die der Ansicht sind, dass du nicht Schmerz empfindest wie sie, keine Träume hast wie sie, das Leben nicht so liebst wie sie.“ Jama erfährt die furchtbare Wahrheit dieses Satzes, als Shidane eine Hand voll Reis klaut: „Sie waren erbarmungslos, rackerten sich an ihm ab, wie Automechaniker, die ein Fahrzeug verschrotten.“
Nadifa Mohamed entfaltet ihre Geschichte der Gewalt in täuschend mildem Ton und stellt ihr die Geschichte der Liebe entgegen. Man kann ihrem Roman die teilweise voraussehbare Dramaturgie vorwerfen, auch sein am Film orientiertes, auf Ereignisse und Figuren bezogenes Erzählen und die Hast, mit der Jama durch Raum und Zeit getrieben wird. Solche formalen Schwächen verblassen aber angesichts der Leistung, eine individuelle Geschichte als Geschichte von vielen und für viele zu erzählen. „Black Mamba Boy“ schafft so ein politisches und historisches Bewusstsein, das weit über die wie Wundmale pochenden Grenzen der Kolonialzeit hinausreicht.
INSA WILKE
Nadifa Mohamed: Black Mamba Boy. Roman. Aus dem Englischen von Susann Urban. C. H. Beck Verlag, München 2015. 366 Seiten, 19,95 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Wie ein Stationendrama
hat die britische Autorin ihre
Rückschau aufgebaut
Starke Erzählerin mit Oxford-Abschluss: Nadifa Mohamed.
Foto: Sabreen Hussain
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.04.2015So weit die Füße tragen
Nadifa Mohameds Romandebüt "Black Mamba Boy"
Dieses Buch ist eine Lebens- und Überlebensgeschichte der besonderen Art. Sie beginnt 1935 im Jemen, in den Gassen der von den Briten kolonisierten Hafenstadt Aden. Hier begegnet der Leser dem halbverhungerten Straßenjungen Yama zum ersten Mal. Mit seiner Mutter war er vor der Armut in Somaliland geflohen, nachdem der Vater beide verlassen hatte, um im Sudan für die Briten zu arbeiten. Seitdem fehlt jede Spur von ihm. Doch im damals noch multikulturellen arabisch-jüdischen Aden ist es nicht viel besser. Vom kargen Lohn als Kaffeesortiererin kann die Mutter sich und den Jungen kaum ernähren, und als sie, die sich keinen Arzt leisten kann, plötzlich stirbt, beschließt dieser Oliver Twist der Wüste, sich auf die Suche nach seinem Vater zu machen.
Es soll eine Odyssee werden, die ihn von Aden nach Djibouti, Eritrea, Sudan, Ägypten und dem Sinai und am Ende bis nach Europa führt, eine Jahre dauernde Reise der Entbehrungen und Demütigungen, der Hoffnungen und Enttäuschungen. Yama lernt auf der Reise nicht nur lesen, sondern auch das Fürchten. Er und seine zwei treuen Freunde geraten zwischen die Fronten des Zweiten Weltkrieges, der am Horn von Afrika erbittert zwischen Engländern und Italienern ausgefochten wird. Nur knapp entkommt er den Bomben der Engländer und der Niedertracht der italienischen Kolonialherren, die seinen Freund mit bestialischer Brutalität zu Tode quälen. Nach einer mörderischen Hatz durch die Wüste des Sinai trifft er - inzwischen ein Matrose in britischen Diensten - am Suezkanal auf Holocaust-Überlebende, Passagiere der legendären "Exodus", denen die Briten die Einreise nach Palästina verweigern. Den Vater wird er nicht finden, aber eine Liebe, die ihn zurückkehren lässt in seine Heimat.
Somaliland ist für die meisten hierzulande ein weißer Fleck nicht nur auf der geographischen, sondern auch auf der literarischen Weltkarte. Mit dem Staat in der Sahel-Zone, der sich 1991 vom bürgerkriegszerrütteten Somalia abspaltete und international nicht anerkannt ist, verbindet man am ehesten Hunger, Dürre, Elend und Krieg. Abertausende mit ihren Leidensgeschichten hat dieser bis heute schwelende Konflikt in Europa stranden lassen, darunter auch die Familie von Nadifa Mohamed.
Im Jahr 1981 in Hargeisa geboren, kam die Autorin als Kind mit ihren Eltern nach England. Die geplante Rückkehr vereitelte der Krieg. Nadifa Mohamed studierte in Oxford Politik und Geschichte und avancierte schnell zur gefeierten Schriftstellerin. Die britische Zeitschrift "Granta" zählt sie zu den zwanzig besten britischen Nachwuchsautoren. In Deutschland erschien 2014 zunächst ihr zweiter Roman "Der Garten der verlorenen Seelen" über Frauenschicksale im somalischen Bürgerkrieg. Ihr jetzt vorliegendes Romandebüt aus dem Jahr 2010 verarbeitet die Lebensgeschichte ihres 1926 geborenen Vaters. Entstanden ist daraus ein herzergreifender literarischer Blockbuster, dessen sympathischer Held rührt, kurz eine super Filmvorlage. Manchmal aber wünscht man sich zwischen den eng aneinandergereihten Abenteuern Yamas mit ihren oft traumatischen Erlebnissen, die in ihrem schlichten Gut-Böse-Schema allzu rührselig daherkommen, ein Innehalten. Weniger wäre hier mehr gewesen.
SABINE BERKING
Nadifa Mohamed: "Black Mamba Boy". Roman.
Aus dem Englischen von Susann Urban, C. H. Beck Verlag, München 2015. 366 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nadifa Mohameds Romandebüt "Black Mamba Boy"
Dieses Buch ist eine Lebens- und Überlebensgeschichte der besonderen Art. Sie beginnt 1935 im Jemen, in den Gassen der von den Briten kolonisierten Hafenstadt Aden. Hier begegnet der Leser dem halbverhungerten Straßenjungen Yama zum ersten Mal. Mit seiner Mutter war er vor der Armut in Somaliland geflohen, nachdem der Vater beide verlassen hatte, um im Sudan für die Briten zu arbeiten. Seitdem fehlt jede Spur von ihm. Doch im damals noch multikulturellen arabisch-jüdischen Aden ist es nicht viel besser. Vom kargen Lohn als Kaffeesortiererin kann die Mutter sich und den Jungen kaum ernähren, und als sie, die sich keinen Arzt leisten kann, plötzlich stirbt, beschließt dieser Oliver Twist der Wüste, sich auf die Suche nach seinem Vater zu machen.
Es soll eine Odyssee werden, die ihn von Aden nach Djibouti, Eritrea, Sudan, Ägypten und dem Sinai und am Ende bis nach Europa führt, eine Jahre dauernde Reise der Entbehrungen und Demütigungen, der Hoffnungen und Enttäuschungen. Yama lernt auf der Reise nicht nur lesen, sondern auch das Fürchten. Er und seine zwei treuen Freunde geraten zwischen die Fronten des Zweiten Weltkrieges, der am Horn von Afrika erbittert zwischen Engländern und Italienern ausgefochten wird. Nur knapp entkommt er den Bomben der Engländer und der Niedertracht der italienischen Kolonialherren, die seinen Freund mit bestialischer Brutalität zu Tode quälen. Nach einer mörderischen Hatz durch die Wüste des Sinai trifft er - inzwischen ein Matrose in britischen Diensten - am Suezkanal auf Holocaust-Überlebende, Passagiere der legendären "Exodus", denen die Briten die Einreise nach Palästina verweigern. Den Vater wird er nicht finden, aber eine Liebe, die ihn zurückkehren lässt in seine Heimat.
Somaliland ist für die meisten hierzulande ein weißer Fleck nicht nur auf der geographischen, sondern auch auf der literarischen Weltkarte. Mit dem Staat in der Sahel-Zone, der sich 1991 vom bürgerkriegszerrütteten Somalia abspaltete und international nicht anerkannt ist, verbindet man am ehesten Hunger, Dürre, Elend und Krieg. Abertausende mit ihren Leidensgeschichten hat dieser bis heute schwelende Konflikt in Europa stranden lassen, darunter auch die Familie von Nadifa Mohamed.
Im Jahr 1981 in Hargeisa geboren, kam die Autorin als Kind mit ihren Eltern nach England. Die geplante Rückkehr vereitelte der Krieg. Nadifa Mohamed studierte in Oxford Politik und Geschichte und avancierte schnell zur gefeierten Schriftstellerin. Die britische Zeitschrift "Granta" zählt sie zu den zwanzig besten britischen Nachwuchsautoren. In Deutschland erschien 2014 zunächst ihr zweiter Roman "Der Garten der verlorenen Seelen" über Frauenschicksale im somalischen Bürgerkrieg. Ihr jetzt vorliegendes Romandebüt aus dem Jahr 2010 verarbeitet die Lebensgeschichte ihres 1926 geborenen Vaters. Entstanden ist daraus ein herzergreifender literarischer Blockbuster, dessen sympathischer Held rührt, kurz eine super Filmvorlage. Manchmal aber wünscht man sich zwischen den eng aneinandergereihten Abenteuern Yamas mit ihren oft traumatischen Erlebnissen, die in ihrem schlichten Gut-Böse-Schema allzu rührselig daherkommen, ein Innehalten. Weniger wäre hier mehr gewesen.
SABINE BERKING
Nadifa Mohamed: "Black Mamba Boy". Roman.
Aus dem Englischen von Susann Urban, C. H. Beck Verlag, München 2015. 366 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main