Ein Spaziergang durch die sonnige Südtiroler Postkartenidylle wird zu einer gefährlichen Wanderung bis ans Ende der Nacht, ein Arbeitsausflug zu einer Flucht vor sich selbst: Matthias Harms, auf Zwangsneurosen spezialisierter Psychotherapeut, gerät auf einer Tagung in Meran durch scheinbar harmlose Begebenheiten unversehens an seine Grenzen. Ihn plagen Erinnerungen an seine viel zu früh verstorbene Schwester, ihre gemeinsame Kindheit im bedrückend strengen Elternhaus rückt ihm unerbittlich auf den Leib. Aus dem sonst so beherrschten Zuhörer, der mit seiner Frau, einer Sozialarbeiterin, und seinem besten Freund einen Club der Gutmenschen bildet, wird ein im Innersten erschütterter, verlorener Mensch, dem sämtliche Gewissheiten abhandenkommen. Mareike Krügel changiert geschickt zwischen Vergangenheit und Zukunft. Mit trockenem Witz und einem wunderbaren Sinn für Situationskomik zeichnet sie das berührend-dramatische Psychogramm eines vermeintlich souverän geerdeten und in allen Belangen des Lebens erfolgreichen Mannes.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Therapiert fühlt sich Katrin Hillgruber nicht nach diesem Roman, den Mareike Krügel tüchtig mit psychologischem Hintergrundwissen ausgestattet hat. Aber darum geht es ja auch nicht. Wenn Krügel ihren Helden (einen Psychologen!) in der Südtiroler Idylle unter Einfluss der Höhenluft und vermittels "familiärer Flashbacks" zur anfangs etwas irren, am Happy-Ende schließlich heilsamen Daseinsrevision ansetzen lässt, kommt sie auch so auf ihre Kosten. Der Reiz liegt für sie im rasanten Erzähltempo bei gleichzeitiger Tiefenbohrung über Krankheitsbilder und Therapieansätze. Und im Witz der Geschichte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»So temporeich wie witzig.« Katrin Hillgruber, Frankfurter Rundschau