Auch 150 Jahre nach der Reichsgründung von 1871 werden die Weltmachtambitionen, das Demokratiedefizit und die Reformfähigkeit des ersten deutschen Nationalstaats nach wie vor intensiv diskutiert. Die Geschichte der Gewalt im wilhelminischen Kaiserreich fand hingegen bislang erstaunlich wenig Beachtung, was vor allem an der retrospektiven Einordnung der Epoche vor dem Ersten Weltkrieg als »Zeitalter der Sicherheit« (Stefan Zweig) liegt. Amerigo Carusos Studie zeigt indessen, dass die Erosion der Sicherheit ein wesentliches Merkmal dieser Epoche war und wirft so neues Licht auf soziale Konflikte, Protestbewegungen, staatliche Repression und Privatisierung von Gewalt in den letzten Jahren des Kaiserreichs. Im Fokus stehen dabei die »reale« Bedrohung der wilhelminischen Ordnung durch Massenstreiks und demokratische Partizipation einerseits und die Konstruktion von Unsicherheit andererseits, wie sie in der Kriminalisierung politischer Gegner, in der Medialisierung von Gewalt, in der Militarisierung »loyaler« Bürger und in der Verbindung zwischen Antisozialismus und Radikalnationalismus ihren Ausdruck fand. Mit einem Nachwort von Matteo Millan
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»Dieses bemerkenswerte Buch trägt wichtige Perspektiven zu der Debatte über die Entwicklungspotentiale des Kaiserreichs bei. Es vertritt die These, Gewalterwartung und Gewaltbereitschaft in der deutschen Gesellschaft hätten sich bereits vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs signifikant gesteigert, vor allem seit dem Jahr 1905.« Andreas Fahrmeir, Historische Zeitschrift, 1.10.2022 »Die Stärke von Carusos Buch liegt darin, dass es die Literatur zum Thema in ihrer Breite einbezieht und [... ] Thesen dem internationalen Vergleich aussetzt. Dadurch ergibt sich eine Breite des Blicks, die Regierung, Parteien, Parlament, Medien und Verbände gleichermaßen in den Blick nimmt. [...] Was an Thesen darüber hinausgeht, spiegelt nicht zuletzt den kontroversen, sich weiter im Fluss befindenden Charakter der Diskussion über das Kaiserreich.« Christoph Nonn, H-Soz-u-Kult, 19.01.2022 »The book is a concise and authoritative addition to the wider literature on cultures of violence, economic discipline, and the exercise of political power in pre-Nazi Germany.« Mark Hewitson, Central European History, 28.10.2022 »In short, by taking Germany as a case study, Caruso has successfully rescued micro-level violence as one of the key, but underrated, features of labour relations in pre-1914 Europe from the threat of trivialization or belittlement. [... ] Without doubt this is a major contribution to early twentieth-century social history and a compelling, must have, and must-read book.« Matthew Stibbe, Labour History Review, vol. 87, no. 1, 2022 »The great service of Amerigo Caruso's study is thus to draw attention to the complex organizational and rhetorical mechanics that drove the anxieties in conflicts over socialist labour.« Roger Chickering, German History, 7.12.2021