Das große Kulturelle Erbe des brasilianischen Films ist durch die Bolsonaro-Regierung bedroht. Dies zeigt sich insbesondere an der Schließung der Cinemateca Brasileira, die mit über 250.000 Filmrollen und über einer Million Dokumenten wie Plakate und Drehbücher über die wichtigste Sammlung des audiovisuellen Erbes Brasiliens, wenn nicht gar Lateinamerikas verfügt. Wenngleich sich die Lage seit Bolsonaros Amtsantritt unverkennbar verschärft hat, ist das kulturelle Erbe Brasiliens aber schon länger bedroht. Insbesondere die Lebenswelten und Kulturen der Indigenen und der Schwarzen Bevölkerung werden systematisch marginalisiert oder aus einer Weißen Perspektive definiert. Das brasilianische Kino steht außerdem seit seiner Entstehung in einem postkolonial geprägten Spannungsfeld, das sich insbesondere mit dem Einfluss Hollywoods konfrontiert sieht. Eng daran angeknüpft ist die Frage nach einer nationalen Filmästhetik. Dass in Deutschland vor allem das brasilianische Kino wahrgenommen und diskutiert wird, und weniger das Fernsehen oder die Serienproduktion, hängt besonders mit dem Einfluss jener Filmfestivalzirkel und der Zunahme internationaler Koproduktionen zusammen, die die Laufbahnen der Filme lenken. Auf ihrem Weg über den Globus haben jedoch auch brasilianische Telenovelas ihre Spuren im deutschen Fernsehprogramm hinterlassen. Die Beiträge dieser Ausgabe von montageAV werfen auch Schlaglichter auf vergleichsweise selten beachtete Phänomene und vermitteln neue Impulse. Jenseits des Schwerpunktthemas gibt es einen Beitrag zur Aufführung experimenteller Filme während der documenta 6 (1977) sowie in der Rubrik "Feministische Perspektiven" einen Beitrag über misogyne Bildproduktionen.
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