Brave New World predicts - with eerie clarity - a terrifying vision of the future. Read the dystopian classic.
EVERYONE BELONGS TO EVERYONE ELSE
Welcome to New London. Everybody is happy here. Our perfect society achieved peace and stability through the prohibition of monogamy, privacy, money, family and history itself. Now everyone belongs.
You can be happy too. All you need to do is take your Soma pills.
Discover the brave new world of Aldous Huxley's classic novel, written in 1932, which prophesied a society which expects maximum pleasure and accepts complete surveillance - no matter what the cost.
'A masterpiece of speculation... As vibrant, fresh, and somehow shocking as it was when I first read it' Margaret Atwood, bestselling author of The Handmaid's Tale
'A grave warning... Provoking, stimulating, shocking and dazzling' Observer
**One of the BBC's 100 Novels That Shaped Our World**
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2013Das Handicap beim E-Magneto-Golf
Vor fünfzig Jahren starb Aldous Huxley: Seinen Roman „Schöne Neue Welt“ gibt es jetzt in einer Neuübersetzung – wie liest er sich heute?
Wer Befürchtungen für die Zukunft hegt, dem pflegen zwei Bücher einzufallen: George Orwells „1984“, wenn er an einen totalitären Überwachungsstaat denkt; und „Schöne Neue Welt“ von Aldous Huxley, wenn er mehr die Möglichkeiten genetischer und sonstiger Manipulation im Sinn hat. Dieses zweite Buch scheint in der Rezeption allerdings weitgehend zu seinem Titel abgemagert: Den kennt jeder, aber das Ganze gelesen hat kaum jemand. Die Neu-Übersetzung von Uda Strätling gibt Gelegenheit, dies zu ändern.
„Schöne Neue Welt“ macht kein Hehl daraus, dass es der Roman eines Journalisten ist. Er hat eine Idee, eine These, und setzt sie wirkungsvoll um. Das Buch beginnt mit einer Szene, in der der Chef des Befruchtungsinstituts es sich nicht nehmen lässt, die staunenden Erstsemester höchstpersönlich durch den Laborkomplex zu führen.
So erfährt man, ohne dass dies den Charakter einer langweiligen Belehrung bekäme, bis ins Detail, wie es vor sich geht, dass aus Ei- und Samenzelle durch gezielte Beigaben, durch Bestrahlung und Variation von Temperatur und Sauerstoffgehalt auf biologischem Weg die fünf distinkten sozialen Klassen entstehen, gestuft von Alpha bis Epsilon, die der Weltstaat benötigt. An die Stelle der Pädagogik tritt die Hypnopädie; etwa eine Viertelmillionmal bekommt ein Gamma-Kind in seinem jungen Leben während des Schlafs eingesäuselt: „Nein, nein, ich will nicht mit Delta-Kindern spielen. Und Epsilon-Kinder sind noch schlimmer.“ Das sitzt.
Alle haben die Pflicht zum Glück. Damit sie ihnen leicht wird, erhalten sie die Droge Soma ausgehändigt, die friedlich und selig macht. Freundschaft und Liebe werden nicht gern gesehen, dafür herrscht völlige sexuelle Freizügigkeit, Orgien werden als Gesamtkunstwerke inszeniert. In der Freizeit spielt man „Riemannflächentennis“ oder „E-Magneto-Golf“, geht ins Fühlaroma, wo man die Spitze jedes Haars des Bärenfells, auf das sich Held und Heldin betten, am eigenen Leib spürt (vom Rest gar nicht zu reden), und zischt mit den „Helis“ nach Belieben zum Urlaub um die Welt.
Handlung kann in einer solchen gleichförmigen Umwelt nur aus der Rebellion erwachsen, das ist bei Huxley nicht anders als bei Orwell. Bernhard Marx, Mitglied der Alpha-Elite, aber lang schon insgeheim aufsässig, schafft es dank seiner Verbindungen, dass er ins „Reservat“ reisen darf, einem großen umzäunten Territorium im Westen der einstigen USA, wo zurückgebliebene Indianer weiterhin unbehelligt ihren alten elenden Lebensstil pflegen. Dort stößt er, Nomen est omen, auf John Savage, der auf wirren Wegen von auswärts hierher gelangt ist und Englisch spricht. Schon als Kind ist ihm eine der ganz wenigen überlebenden Ausgaben von Shakespeares Werken in die Finger gefallen, die ihm den Blick in eine höhere intellektuelle und emotionale Kultur geöffnet haben; er kann alles auswendig.
Bernhard nimmt ihn mit nach London, wo er für einen Skandal sorgt und durch seine romeohaft exklusive Leidenschaft für Lenina, die nicht weiß wie ihr geschieht, die Gemüter empört. In einer Unterredung mit dem hochrangigen Funktionär Mustapha Mond treffen die zwei feindlichen Geisteshaltungen aufeinander.
„,Kurzum‘, bemerkte Mustapha Mond, ‚Sie fordern das Recht, unglücklich zu sein.‘ ‚Also gut‘, bejahte der Wilde trotzig, ‚dann fordere ich eben das Recht, unglücklich zu sein.‘ ,Ganz zu schweigen von dem Recht zu altern, hässlich und impotent zu werden, dem Recht auf Syphilis und Krebs, dem Recht, wenig zu essen zu haben, dem Recht, verlaust zu sein, dem Recht, in ständiger Angst vor dem zu leben, was morgen wird, dem Recht auf Typhus, dem Recht, unaussprechliche Schmerzen aller Art zu erleiden.‘ Es herrschte langes Schweigen. ‚Ja, ich fordere diese Rechte, alle‘, sagte der Wilde schließlich.“
„Schöne Neue Welt“, obschon durchaus effektiv gebaut, kann seinem Gegenstück „1984“, insofern man es als Literatur betrachtet, auch nicht annähernd das Wasser reichen. Es fehlt dem 1932 erschienenen Roman der tödliche Ernst jener Erfahrungen, die in dem 17 Jahre jüngeren Buch von Orwell stecken: der Zweite Weltkrieg, die Atombombe, vor allem der Stalinismus. Huxley gestattete sich den Luxus (wie man es im Nachhinein nennen muss), schon Tonfilm und Fließband für den Ausbund der menschheitlichen Katastrophe zu halten, ohne eine Ahnung von Auschwitz, Gulag und Hiroshima.
Natürlich war das erst nach seiner Zeit, und natürlich ist seine Gesellschaft prinzipiell anders zugeschnitten als die düstere und gewalttätige, die Orwell entwirft; aber die alberne Heiterkeit, von der Huxley spricht, färbt doch irgendwie aufs Werk ab. Es kommt nicht los vom Gedankenspiel, von der bloßen willkürlichen Setzung. Die entscheidende Begegnung des Wilden mit der Geliebten endet im Klamauk: Während er ihr Othello-Zitate um die Ohren haut und sie als „Metze!“ beschimpft, verbarrikadiert sie sich angstvoll im Badezimmer. Das Buch hat, ganz wie der typische Hollywoodfilm von heute, zwar die Welt samt ihrer Rettung oder ihres Untergangs im Visier, inszeniert aber die entscheidenden Wendungen des Plots unmaßstäblich als solche der Kleinfamilie; der Wilde entpuppt sich als Sohn des Instituts-Direktors, unter dem Bernhard arbeitet, und macht ihn unmöglich.
Am schwersten aber wiegt, dass Huxley seine Dystopie dann doch nicht zu Ende gedacht hat. Als Kulturkonservativer von altem Schrot und Korn hasst er mit gleicher Inbrunst zwei ungleichnamige Dinge: den Kommunismus und den Konsumismus. Zwar schildert er den totalen Staat; aber dessen Dasein koppelt er mit dem rückhaltlosen Verbrauchertum, das seinem Wesen nach doch immer individuell bleiben muss. Der Geist der Reklame, der die schöne neue Welt erfüllt, wäre erklärlich nur aus dem Fortbestehen der anarchischen Konkurrenz im Kapitalismus. Wäre nicht anzunehmen, dass, wenn schon die Fortpflanzung zentral gelenkt wird, dies bei der Warenproduktion erst recht der Fall wäre? Totalitäre Regimes neigen nicht zur Über-, sondern zur Mangelversorgung: Orwell weiß das, Huxley nicht.
Huxley hat einen Teil seiner Fehler später eingesehen; im Band ist das 14 Jahre nach dem Ersterscheinen verfasste Vorwort von 1946 mit abgedruckt. Doch was der Autor darin am meisten bedauert, das ist, dem Wilden neben den zwei gleichermaßen trüben Alternativen des geklonten Paradieses und des kläglichen Indianerdorfs nicht einen dritten Weg gewiesen zu haben. Der fehlt zum Glück dann doch; und so ist „Schöne Neue Welt“ ein zwar hier und da schwächliches, aber nicht ganz und gar schwaches Werk geworden. Sein Hauptverdienst bleibt es, eine Parole auszugeben, die alle erkennen und dank der sie sich in vielen konkreten Fällen zu verständigen vermögen; das ist eine ganze Menge für ein Buch.
BURKHARD MÜLLER
Aldous Huxley: Schöne Neue Welt. Ein Roman der Zukunft. Aus dem Englischen neu übersetzt von Uda Strätling. Mit einem Nachwort von Tobias Döring. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013. 365 Seiten, 19,99 Euro.
Aldous Huxley, 1894 in Südengland geboren, veröffentlichte den Roman „Brave New World“ 1932. 1937 zog er nach Kalifornien. Er starb vor fünfzig Jahren, am 22. November 1963, in Los Angeles. FOTO: DPA
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Vor fünfzig Jahren starb Aldous Huxley: Seinen Roman „Schöne Neue Welt“ gibt es jetzt in einer Neuübersetzung – wie liest er sich heute?
Wer Befürchtungen für die Zukunft hegt, dem pflegen zwei Bücher einzufallen: George Orwells „1984“, wenn er an einen totalitären Überwachungsstaat denkt; und „Schöne Neue Welt“ von Aldous Huxley, wenn er mehr die Möglichkeiten genetischer und sonstiger Manipulation im Sinn hat. Dieses zweite Buch scheint in der Rezeption allerdings weitgehend zu seinem Titel abgemagert: Den kennt jeder, aber das Ganze gelesen hat kaum jemand. Die Neu-Übersetzung von Uda Strätling gibt Gelegenheit, dies zu ändern.
„Schöne Neue Welt“ macht kein Hehl daraus, dass es der Roman eines Journalisten ist. Er hat eine Idee, eine These, und setzt sie wirkungsvoll um. Das Buch beginnt mit einer Szene, in der der Chef des Befruchtungsinstituts es sich nicht nehmen lässt, die staunenden Erstsemester höchstpersönlich durch den Laborkomplex zu führen.
So erfährt man, ohne dass dies den Charakter einer langweiligen Belehrung bekäme, bis ins Detail, wie es vor sich geht, dass aus Ei- und Samenzelle durch gezielte Beigaben, durch Bestrahlung und Variation von Temperatur und Sauerstoffgehalt auf biologischem Weg die fünf distinkten sozialen Klassen entstehen, gestuft von Alpha bis Epsilon, die der Weltstaat benötigt. An die Stelle der Pädagogik tritt die Hypnopädie; etwa eine Viertelmillionmal bekommt ein Gamma-Kind in seinem jungen Leben während des Schlafs eingesäuselt: „Nein, nein, ich will nicht mit Delta-Kindern spielen. Und Epsilon-Kinder sind noch schlimmer.“ Das sitzt.
Alle haben die Pflicht zum Glück. Damit sie ihnen leicht wird, erhalten sie die Droge Soma ausgehändigt, die friedlich und selig macht. Freundschaft und Liebe werden nicht gern gesehen, dafür herrscht völlige sexuelle Freizügigkeit, Orgien werden als Gesamtkunstwerke inszeniert. In der Freizeit spielt man „Riemannflächentennis“ oder „E-Magneto-Golf“, geht ins Fühlaroma, wo man die Spitze jedes Haars des Bärenfells, auf das sich Held und Heldin betten, am eigenen Leib spürt (vom Rest gar nicht zu reden), und zischt mit den „Helis“ nach Belieben zum Urlaub um die Welt.
Handlung kann in einer solchen gleichförmigen Umwelt nur aus der Rebellion erwachsen, das ist bei Huxley nicht anders als bei Orwell. Bernhard Marx, Mitglied der Alpha-Elite, aber lang schon insgeheim aufsässig, schafft es dank seiner Verbindungen, dass er ins „Reservat“ reisen darf, einem großen umzäunten Territorium im Westen der einstigen USA, wo zurückgebliebene Indianer weiterhin unbehelligt ihren alten elenden Lebensstil pflegen. Dort stößt er, Nomen est omen, auf John Savage, der auf wirren Wegen von auswärts hierher gelangt ist und Englisch spricht. Schon als Kind ist ihm eine der ganz wenigen überlebenden Ausgaben von Shakespeares Werken in die Finger gefallen, die ihm den Blick in eine höhere intellektuelle und emotionale Kultur geöffnet haben; er kann alles auswendig.
Bernhard nimmt ihn mit nach London, wo er für einen Skandal sorgt und durch seine romeohaft exklusive Leidenschaft für Lenina, die nicht weiß wie ihr geschieht, die Gemüter empört. In einer Unterredung mit dem hochrangigen Funktionär Mustapha Mond treffen die zwei feindlichen Geisteshaltungen aufeinander.
„,Kurzum‘, bemerkte Mustapha Mond, ‚Sie fordern das Recht, unglücklich zu sein.‘ ‚Also gut‘, bejahte der Wilde trotzig, ‚dann fordere ich eben das Recht, unglücklich zu sein.‘ ,Ganz zu schweigen von dem Recht zu altern, hässlich und impotent zu werden, dem Recht auf Syphilis und Krebs, dem Recht, wenig zu essen zu haben, dem Recht, verlaust zu sein, dem Recht, in ständiger Angst vor dem zu leben, was morgen wird, dem Recht auf Typhus, dem Recht, unaussprechliche Schmerzen aller Art zu erleiden.‘ Es herrschte langes Schweigen. ‚Ja, ich fordere diese Rechte, alle‘, sagte der Wilde schließlich.“
„Schöne Neue Welt“, obschon durchaus effektiv gebaut, kann seinem Gegenstück „1984“, insofern man es als Literatur betrachtet, auch nicht annähernd das Wasser reichen. Es fehlt dem 1932 erschienenen Roman der tödliche Ernst jener Erfahrungen, die in dem 17 Jahre jüngeren Buch von Orwell stecken: der Zweite Weltkrieg, die Atombombe, vor allem der Stalinismus. Huxley gestattete sich den Luxus (wie man es im Nachhinein nennen muss), schon Tonfilm und Fließband für den Ausbund der menschheitlichen Katastrophe zu halten, ohne eine Ahnung von Auschwitz, Gulag und Hiroshima.
Natürlich war das erst nach seiner Zeit, und natürlich ist seine Gesellschaft prinzipiell anders zugeschnitten als die düstere und gewalttätige, die Orwell entwirft; aber die alberne Heiterkeit, von der Huxley spricht, färbt doch irgendwie aufs Werk ab. Es kommt nicht los vom Gedankenspiel, von der bloßen willkürlichen Setzung. Die entscheidende Begegnung des Wilden mit der Geliebten endet im Klamauk: Während er ihr Othello-Zitate um die Ohren haut und sie als „Metze!“ beschimpft, verbarrikadiert sie sich angstvoll im Badezimmer. Das Buch hat, ganz wie der typische Hollywoodfilm von heute, zwar die Welt samt ihrer Rettung oder ihres Untergangs im Visier, inszeniert aber die entscheidenden Wendungen des Plots unmaßstäblich als solche der Kleinfamilie; der Wilde entpuppt sich als Sohn des Instituts-Direktors, unter dem Bernhard arbeitet, und macht ihn unmöglich.
Am schwersten aber wiegt, dass Huxley seine Dystopie dann doch nicht zu Ende gedacht hat. Als Kulturkonservativer von altem Schrot und Korn hasst er mit gleicher Inbrunst zwei ungleichnamige Dinge: den Kommunismus und den Konsumismus. Zwar schildert er den totalen Staat; aber dessen Dasein koppelt er mit dem rückhaltlosen Verbrauchertum, das seinem Wesen nach doch immer individuell bleiben muss. Der Geist der Reklame, der die schöne neue Welt erfüllt, wäre erklärlich nur aus dem Fortbestehen der anarchischen Konkurrenz im Kapitalismus. Wäre nicht anzunehmen, dass, wenn schon die Fortpflanzung zentral gelenkt wird, dies bei der Warenproduktion erst recht der Fall wäre? Totalitäre Regimes neigen nicht zur Über-, sondern zur Mangelversorgung: Orwell weiß das, Huxley nicht.
Huxley hat einen Teil seiner Fehler später eingesehen; im Band ist das 14 Jahre nach dem Ersterscheinen verfasste Vorwort von 1946 mit abgedruckt. Doch was der Autor darin am meisten bedauert, das ist, dem Wilden neben den zwei gleichermaßen trüben Alternativen des geklonten Paradieses und des kläglichen Indianerdorfs nicht einen dritten Weg gewiesen zu haben. Der fehlt zum Glück dann doch; und so ist „Schöne Neue Welt“ ein zwar hier und da schwächliches, aber nicht ganz und gar schwaches Werk geworden. Sein Hauptverdienst bleibt es, eine Parole auszugeben, die alle erkennen und dank der sie sich in vielen konkreten Fällen zu verständigen vermögen; das ist eine ganze Menge für ein Buch.
BURKHARD MÜLLER
Aldous Huxley: Schöne Neue Welt. Ein Roman der Zukunft. Aus dem Englischen neu übersetzt von Uda Strätling. Mit einem Nachwort von Tobias Döring. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013. 365 Seiten, 19,99 Euro.
Aldous Huxley, 1894 in Südengland geboren, veröffentlichte den Roman „Brave New World“ 1932. 1937 zog er nach Kalifornien. Er starb vor fünfzig Jahren, am 22. November 1963, in Los Angeles. FOTO: DPA
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