Gibt es Schutzengel? Nun, die Antwort wird bei jedem unterschiedlich ausfallen. Maria Lingner hatte einen! Sie entdeckte ihn in dem alten Potsdamer Stadtschloss nahe ihrem Elternhaus, mitten in der DDR, in der Engel eigentlich ausgestorben waren. Oh, wie liebte sie diesen Ort! Der Krieg hatte an ihm seine Spuren hinterlassen, aber mehr brachte selbst der nicht über das Herz! Ja, da stand es noch! Dicht an der Havel, fest mit der Stadt verwachsen. Und im Schlosshof er, ein kleiner, dickbäuchiger gefallener Engel, verborgen unter Gestrüpp und Brennnesseln zwischen hohen leeren Fenstern, Pilastern und zerfallenen Treppen, die den Abglanz alter Schönheit in sich bargen. Der rechte Ort, um Phantasie ihren Raum zu lassen. So half er ihr beim Erwachsen werden, bei dem Verlust ihrer ersten großen Liebe, die durch die Turbolenzen ihrer Zeit zerbrach, und er machte ihr Mut sich dem Leben zu stellen! Es ist eine Geschichte des Bewahrens und des schmerzvollen Verlustes von Lebensräumen, einmal durch den Krieg und nachfolgend durch eine Ideologie, die schönheitszermalmend Geschichte auf den Müllhaufen werfen wollte. Es ist aber in erster Linie die Geschichte einer Potsdamer Familie. Sie handelt von Menschen, die unabänderlich in diesen Prozess eingebunden waren, von Starken und Schwachen, Verleiteten und Verbohrten, Aufgebenden und Aufbegehrenden. Maria jedenfalls hatte die Gabe, die Sprache ihres Engels zu verstehen. Oder war es ihre ureigenste Stimme die da zu ihr sprach? Letztendlich jedoch war sie es, die ihn über die Zeiten rettete, als ein Stück eigener Identität, die nicht verloren gehen durfte. Das Leben, wo immer es auch stattfindet, ist dazu da, gelebt zu werden!
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