"Eine neue Welt wird nicht von denen geschaffen, die tatenlos beiseitestehen, sondern von denen, die sich in die Arena begeben, deren Kleider vom Sturmwind zerfetzt sind und deren Leiber im Kampf bleibende Spuren davontragen."
Nelson Mandela
1962, auf dem Höhepunkt einer brutalen Kampagne des südafrikanischen Apartheidregimes gegen die politische Opposition, wurde der vierundvierzigjährige Anwalt und Aktivist des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) Nelson Mandela verhaftet. Er ahnte nicht, dass er die folgenden siebenundzwanzig Jahre im Gefängnis verbringen würde. Im Laufe seiner 10 052 Tage in Haft schrieb der künftige Führer Südafrikas eine Vielzahl von Briefen an sture Gefängnisbehörden, an Mitstreiter, Regierungsfunktionäre und insbesondere an seine Frau Winnie und seine fünf Kinder.
Nun erlauben uns mehr als 250 ausgewählte Briefe, die meisten davon bislang unveröffentlicht, einen höchst unmittelbaren Blick auf diesen außergewöhnlichen Menschen. Ob er über den Tod seines Sohnes Thembi schreibt, ob er seine ebenfalls inhaftierte Frau unterstützt oder eine bis heute aktuelle Philosophie der Menschenrechte entwirft - aus den "Briefen aus dem Gefängnis" spricht ein Mann, den keine Macht auf Erden zu beugen vermochte. Heute wird Nelson Mandela als einer der inspirierendsten Menschen des 20. Jahrhunderts verehrt.
Nelson Mandela
1962, auf dem Höhepunkt einer brutalen Kampagne des südafrikanischen Apartheidregimes gegen die politische Opposition, wurde der vierundvierzigjährige Anwalt und Aktivist des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) Nelson Mandela verhaftet. Er ahnte nicht, dass er die folgenden siebenundzwanzig Jahre im Gefängnis verbringen würde. Im Laufe seiner 10 052 Tage in Haft schrieb der künftige Führer Südafrikas eine Vielzahl von Briefen an sture Gefängnisbehörden, an Mitstreiter, Regierungsfunktionäre und insbesondere an seine Frau Winnie und seine fünf Kinder.
Nun erlauben uns mehr als 250 ausgewählte Briefe, die meisten davon bislang unveröffentlicht, einen höchst unmittelbaren Blick auf diesen außergewöhnlichen Menschen. Ob er über den Tod seines Sohnes Thembi schreibt, ob er seine ebenfalls inhaftierte Frau unterstützt oder eine bis heute aktuelle Philosophie der Menschenrechte entwirft - aus den "Briefen aus dem Gefängnis" spricht ein Mann, den keine Macht auf Erden zu beugen vermochte. Heute wird Nelson Mandela als einer der inspirierendsten Menschen des 20. Jahrhunderts verehrt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2018Worte waren seine einzige Waffe
Zu seinem heutigen hundertsten Geburtstag erscheinen die Briefe, die Nelson Mandela aus dem Gefängnis schrieb
Am 11. Februar 1990 war es endlich so weit: Hand in Hand mit seiner Frau Winnie schritt Nelson Mandela mit in den Himmel gestreckter rechter Faust durch das Tor des Victor-Verster-Gefängnisses in der Nähe von Kapstadt. Hunderte von Fotografen und Journalisten und Tausende von Sympathisanten begrüßten ihn. Siebenundzwanzig Jahre zuvor war er als international nicht besonders bekannter Widerstandskämpfer gegen die Apartheid zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Haft hatte ihn zum "berühmtesten Gefangenen der Welt" und zu einer globalen Ikone werden lassen.
Seine Freilassung war Teil des Versuchs der südafrikanischen Regierung, angesichts der Krise des Apartheidsystems mit Hilfe von Reformen so viel wie möglich von der weißen Herrschaft zu retten. Präsident de Klerk musste sich indes nach zähen und von Gewalt begleiteten Verhandlungen schließlich den meisten Forderungen des African National Congress (ANC) beugen. Die ersten freien Wahlen in Südafrika, die der ANC mit großer Mehrheit gewann, fanden im April 1994 statt. Wenige Wochen später wurde Mandela als Präsident Südafrikas vereidigt.
Bald überstrahlte der Mythos den Menschen. Mandela mutierte, wie ein Journalist rückblickend schrieb, "zum ,Madiba' der Welt, ein liebenswerter, beinahe knuddeliger Elder Statesman, der mit seinem ansteckenden Lächeln und seinen herzlichen Umarmungen die hochgeschätzte Fähigkeit besaß, noch den zynischsten Nachrichtenjournalisten zu verzücken."
Mandelas Wille zur Versöhnung erschien nahezu übermenschlich. Ein Mann, der fast drei Jahrzehnte unter extrem unwürdigen Bedingungen gefangen gehalten wurde, weil er für Gleichberechtigung eintrat, konnte dennoch seinen Widersachern verzeihen. Damit bewies er einen Edelmut, der unter seinen reumütigen Gegnern von einst Hoffnung weckte und Vertrauen in die Zukunft schuf, aber auch zwiespältige Reaktionen hervorrief. "Als Mandela kam und mir die Absolution erteilte, habe ich mich beschämt und erniedrigt gefühlt", erinnerte sich der burische Schriftsteller und Journalist Rian Malan. Er habe sich gefragt: "Shit, wer ist dieser Kerl, wie kann der so reden nach all den Jahren im Knast?"
Mandela selbst wehrte sich wiederholt gegen allzu große Verehrung. "Ein Thema, das mir im Gefängnis große Sorge bereitete, war das falsche Bild, das ich unabsichtlich der Außenwelt vermittelte; dass man mich als Heiligen betrachtete. Das war ich nie", schrieb er in seinem zweiten, unvollendeten Memoirenband. Zugleich äußerte er die Überzeugung, die lange Gefängniszeit habe ihn positiv verändert: "Ich kam gereift heraus." Der militante, ungeduldige und hochmütige Revolutionär wandelte sich zu einem Mann, der Größe, Menschlichkeit, Wärme, Nachsicht und Humor zeigte. Bereits 1970 bekannte er in einem Brief an seine Frau Winnie, "dass ich, wenn ich auf meine früheren Schriften und Reden zurückblicke, entsetzt bin über ihre Pedanterie, ihre Geschraubtheit und ihren Mangel an Originalität. Der Drang, Eindruck zu machen und Reklame für sich zu betreiben, ist unübersehbar."
Dieses Schreiben ist abgedruckt in einer dieser Tage weltweit erscheinenden, umfassend kommentierten Auswahl von mehr als zweihundertfünfzig Briefen, die Mandela aus dem Gefängnis geschrieben hat. Heute wäre die im Dezember 2013 verstorbene Symbolfigur des Antirassismus hundert Jahre alt geworden. Die Briefe, die die südafrikanische Journalistin und Autorin Sahm Venter zusammengetragen hat, sind eindringliche und oft berührende Zeugnisse eines Lebens im Ausnahmezustand, einer stupenden Unbeugsamkeit und des Kampfes um Würde.
Trotz der rigorosen Zensur durch die Gefängnisbehörden entwickelte sich Mandela zu einem äußerst produktiven Briefeschreiber. Ihm war bewusst, dass jede seiner Zeilen mitgelesen wurde. Und dass längst nicht alle seine Zuschriften ihren Adressaten unbeschädigt erreichten. Manche wurden von den Zensoren bis zur Unleserlichkeit verstümmelt, andere lange zurückgehalten oder gar nicht versandt.
Den längsten Teil seiner Haft verbrachte Mandela auf Robben Island, heute eine Touristenattraktion. "Kaltes Essen, kalte Duschen, kalte Winter, kalter Wind vom Meer, kalte Aufseher, kalte Zellen, kalter Trost." So fasste ein Mitgefangener das Leben auf der berüchtigten Gefängnisinsel zusammen. Mandela formulierte unzählige Beschwerden an die Gefängnisverwaltung und den Justizminister und forderte bessere Bedingungen. Worte waren seine einzige Waffe. Geduldig vertrat er seine Anliegen und verband Eloquenz mit Gradlinigkeit.
"Ich verabscheue die weiße Vormachtstellung und werde sie mit allen zur Verfügung stehenden Waffen bekämpfen", hielt er etwa Mitte der siebziger Jahre in einem umfassenden Schreiben an den obersten Gefängnisaufseher Südafrikas fest. "Doch selbst wenn der Konflikt zwischen Ihnen und mir die extremste Form angenommen hat, möchte ich mit Ihnen über Prinzipien und Ideale ohne persönliche Hassgefühle streiten, damit ich am Ende der Schlacht, wie immer sie ausgehen mag, Ihnen stolz die Hand schütteln kann, weil ich das Gefühl haben werde, dass ich einen aufrechten und würdigen Gegner bekämpft habe, der den kompletten Kodex von Ehre und Anstand beachtet hat. Wenn aber ihre Untergebenen mit ihren widerlichen Methoden weitermachen, dann ist das Gefühl echter Verbitterung und echter Verachtung unausweichlich."
Er selbst suchte trotz aller Schikanen, Wege zu finden, um sich im täglichen Leben Zufriedenheit zu verschaffen. "Seele und Körper des Menschen sind unendlich anpassungsfähig, & es ist erstaunlich, wie sehr man abgehärtet werden kann", heißt es in einem Brief an die Anti-Apartheidsaktivistin Adelaide Tambo. Viel Kraft gab ihm die Erinnerung an seine Kindheit im ländlichen Ostkap. "Während meiner gesamten Haftzeit", schrieb er an einen alten Freund, "waren mein Herz & meine Seele ganz woanders, draußen im Veld und im Buschland." Hartnäckig betrieb er trotz permanenter Behinderung durch die Behörden ein Fernstudium in Jura, das er erst kurz vor seiner Haftentlassung abschließen konnte.
Als Mandela ins Gefängnis kam, war er Vater von fünf Kindern. Die beiden Jüngsten durfte er erst sehen, nachdem sie sechzehn Jahre alt geworden waren. Briefe bedeuteten die einzige Möglichkeit, an ihrem Schicksal und dem anderer Verwandter Anteil zu nehmen. Mandela mahnte, sprach Mut zu, klagte nie. Zärtlich und oft voller Sehnsucht waren die Briefe an seine Frau Winnie, die selbst einige Zeit in Haft verbringen musste. Nichts wünschte er sich mehr, "als mit Dir in einer friedvollen & anständigen Atmosphäre zusammen zu sein". Einige familiäre Tragödien warfen ihn fast aus der Bahn, vor allem der Unfalltod seines ältesten Sohnes. "Plötzlich schien mein Herz stillzustehen, & das warme Blut, das in den vergangenen 51 Jahren mühelos durch meine Adern geströmt war, gefror zu Eis." Die Behörden verweigerten ihm die Teilnahme an der Beerdigung, wie schon zuvor nach dem Ableben seiner Mutter.
Gerade in Südafrika ist Mandela heute nicht unumstritten. Seine Konzilianz gegenüber Weißen findet scharfe Kritiker, sein Projekt einer nichtrassistischen "Regenbogennation" scheint lange schon steckengeblieben zu sein. Für die grassierende Korruption und Vetternwirtschaft innerhalb des ANC wird auch er verantwortlich gemacht. Und doch begeisterte Mandela mit guten Gründen die Welt, weil er gleichsam lebendig aus dem Reich der Schatten zurückkehrte und auf diese Weise eine positive, aufschließende Kraft am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verkörperte. Allein deshalb gebührt ihm ein besonderer Platz im Pantheon der jüngeren Geschichte.
ANDREAS ECKERT
Nelson Mandela: "Briefe aus dem Gefängnis". Hrsg. von Sahm Venter. Mit einem Vorw. v. Zamaswazi Dlamini-Mandela.
A. d. Engl. v. Anna Leube und Wolf Heinrich Leube. Verlag C. H. Beck, München 2018. 752 S., geb., 28,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu seinem heutigen hundertsten Geburtstag erscheinen die Briefe, die Nelson Mandela aus dem Gefängnis schrieb
Am 11. Februar 1990 war es endlich so weit: Hand in Hand mit seiner Frau Winnie schritt Nelson Mandela mit in den Himmel gestreckter rechter Faust durch das Tor des Victor-Verster-Gefängnisses in der Nähe von Kapstadt. Hunderte von Fotografen und Journalisten und Tausende von Sympathisanten begrüßten ihn. Siebenundzwanzig Jahre zuvor war er als international nicht besonders bekannter Widerstandskämpfer gegen die Apartheid zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Haft hatte ihn zum "berühmtesten Gefangenen der Welt" und zu einer globalen Ikone werden lassen.
Seine Freilassung war Teil des Versuchs der südafrikanischen Regierung, angesichts der Krise des Apartheidsystems mit Hilfe von Reformen so viel wie möglich von der weißen Herrschaft zu retten. Präsident de Klerk musste sich indes nach zähen und von Gewalt begleiteten Verhandlungen schließlich den meisten Forderungen des African National Congress (ANC) beugen. Die ersten freien Wahlen in Südafrika, die der ANC mit großer Mehrheit gewann, fanden im April 1994 statt. Wenige Wochen später wurde Mandela als Präsident Südafrikas vereidigt.
Bald überstrahlte der Mythos den Menschen. Mandela mutierte, wie ein Journalist rückblickend schrieb, "zum ,Madiba' der Welt, ein liebenswerter, beinahe knuddeliger Elder Statesman, der mit seinem ansteckenden Lächeln und seinen herzlichen Umarmungen die hochgeschätzte Fähigkeit besaß, noch den zynischsten Nachrichtenjournalisten zu verzücken."
Mandelas Wille zur Versöhnung erschien nahezu übermenschlich. Ein Mann, der fast drei Jahrzehnte unter extrem unwürdigen Bedingungen gefangen gehalten wurde, weil er für Gleichberechtigung eintrat, konnte dennoch seinen Widersachern verzeihen. Damit bewies er einen Edelmut, der unter seinen reumütigen Gegnern von einst Hoffnung weckte und Vertrauen in die Zukunft schuf, aber auch zwiespältige Reaktionen hervorrief. "Als Mandela kam und mir die Absolution erteilte, habe ich mich beschämt und erniedrigt gefühlt", erinnerte sich der burische Schriftsteller und Journalist Rian Malan. Er habe sich gefragt: "Shit, wer ist dieser Kerl, wie kann der so reden nach all den Jahren im Knast?"
Mandela selbst wehrte sich wiederholt gegen allzu große Verehrung. "Ein Thema, das mir im Gefängnis große Sorge bereitete, war das falsche Bild, das ich unabsichtlich der Außenwelt vermittelte; dass man mich als Heiligen betrachtete. Das war ich nie", schrieb er in seinem zweiten, unvollendeten Memoirenband. Zugleich äußerte er die Überzeugung, die lange Gefängniszeit habe ihn positiv verändert: "Ich kam gereift heraus." Der militante, ungeduldige und hochmütige Revolutionär wandelte sich zu einem Mann, der Größe, Menschlichkeit, Wärme, Nachsicht und Humor zeigte. Bereits 1970 bekannte er in einem Brief an seine Frau Winnie, "dass ich, wenn ich auf meine früheren Schriften und Reden zurückblicke, entsetzt bin über ihre Pedanterie, ihre Geschraubtheit und ihren Mangel an Originalität. Der Drang, Eindruck zu machen und Reklame für sich zu betreiben, ist unübersehbar."
Dieses Schreiben ist abgedruckt in einer dieser Tage weltweit erscheinenden, umfassend kommentierten Auswahl von mehr als zweihundertfünfzig Briefen, die Mandela aus dem Gefängnis geschrieben hat. Heute wäre die im Dezember 2013 verstorbene Symbolfigur des Antirassismus hundert Jahre alt geworden. Die Briefe, die die südafrikanische Journalistin und Autorin Sahm Venter zusammengetragen hat, sind eindringliche und oft berührende Zeugnisse eines Lebens im Ausnahmezustand, einer stupenden Unbeugsamkeit und des Kampfes um Würde.
Trotz der rigorosen Zensur durch die Gefängnisbehörden entwickelte sich Mandela zu einem äußerst produktiven Briefeschreiber. Ihm war bewusst, dass jede seiner Zeilen mitgelesen wurde. Und dass längst nicht alle seine Zuschriften ihren Adressaten unbeschädigt erreichten. Manche wurden von den Zensoren bis zur Unleserlichkeit verstümmelt, andere lange zurückgehalten oder gar nicht versandt.
Den längsten Teil seiner Haft verbrachte Mandela auf Robben Island, heute eine Touristenattraktion. "Kaltes Essen, kalte Duschen, kalte Winter, kalter Wind vom Meer, kalte Aufseher, kalte Zellen, kalter Trost." So fasste ein Mitgefangener das Leben auf der berüchtigten Gefängnisinsel zusammen. Mandela formulierte unzählige Beschwerden an die Gefängnisverwaltung und den Justizminister und forderte bessere Bedingungen. Worte waren seine einzige Waffe. Geduldig vertrat er seine Anliegen und verband Eloquenz mit Gradlinigkeit.
"Ich verabscheue die weiße Vormachtstellung und werde sie mit allen zur Verfügung stehenden Waffen bekämpfen", hielt er etwa Mitte der siebziger Jahre in einem umfassenden Schreiben an den obersten Gefängnisaufseher Südafrikas fest. "Doch selbst wenn der Konflikt zwischen Ihnen und mir die extremste Form angenommen hat, möchte ich mit Ihnen über Prinzipien und Ideale ohne persönliche Hassgefühle streiten, damit ich am Ende der Schlacht, wie immer sie ausgehen mag, Ihnen stolz die Hand schütteln kann, weil ich das Gefühl haben werde, dass ich einen aufrechten und würdigen Gegner bekämpft habe, der den kompletten Kodex von Ehre und Anstand beachtet hat. Wenn aber ihre Untergebenen mit ihren widerlichen Methoden weitermachen, dann ist das Gefühl echter Verbitterung und echter Verachtung unausweichlich."
Er selbst suchte trotz aller Schikanen, Wege zu finden, um sich im täglichen Leben Zufriedenheit zu verschaffen. "Seele und Körper des Menschen sind unendlich anpassungsfähig, & es ist erstaunlich, wie sehr man abgehärtet werden kann", heißt es in einem Brief an die Anti-Apartheidsaktivistin Adelaide Tambo. Viel Kraft gab ihm die Erinnerung an seine Kindheit im ländlichen Ostkap. "Während meiner gesamten Haftzeit", schrieb er an einen alten Freund, "waren mein Herz & meine Seele ganz woanders, draußen im Veld und im Buschland." Hartnäckig betrieb er trotz permanenter Behinderung durch die Behörden ein Fernstudium in Jura, das er erst kurz vor seiner Haftentlassung abschließen konnte.
Als Mandela ins Gefängnis kam, war er Vater von fünf Kindern. Die beiden Jüngsten durfte er erst sehen, nachdem sie sechzehn Jahre alt geworden waren. Briefe bedeuteten die einzige Möglichkeit, an ihrem Schicksal und dem anderer Verwandter Anteil zu nehmen. Mandela mahnte, sprach Mut zu, klagte nie. Zärtlich und oft voller Sehnsucht waren die Briefe an seine Frau Winnie, die selbst einige Zeit in Haft verbringen musste. Nichts wünschte er sich mehr, "als mit Dir in einer friedvollen & anständigen Atmosphäre zusammen zu sein". Einige familiäre Tragödien warfen ihn fast aus der Bahn, vor allem der Unfalltod seines ältesten Sohnes. "Plötzlich schien mein Herz stillzustehen, & das warme Blut, das in den vergangenen 51 Jahren mühelos durch meine Adern geströmt war, gefror zu Eis." Die Behörden verweigerten ihm die Teilnahme an der Beerdigung, wie schon zuvor nach dem Ableben seiner Mutter.
Gerade in Südafrika ist Mandela heute nicht unumstritten. Seine Konzilianz gegenüber Weißen findet scharfe Kritiker, sein Projekt einer nichtrassistischen "Regenbogennation" scheint lange schon steckengeblieben zu sein. Für die grassierende Korruption und Vetternwirtschaft innerhalb des ANC wird auch er verantwortlich gemacht. Und doch begeisterte Mandela mit guten Gründen die Welt, weil er gleichsam lebendig aus dem Reich der Schatten zurückkehrte und auf diese Weise eine positive, aufschließende Kraft am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verkörperte. Allein deshalb gebührt ihm ein besonderer Platz im Pantheon der jüngeren Geschichte.
ANDREAS ECKERT
Nelson Mandela: "Briefe aus dem Gefängnis". Hrsg. von Sahm Venter. Mit einem Vorw. v. Zamaswazi Dlamini-Mandela.
A. d. Engl. v. Anna Leube und Wolf Heinrich Leube. Verlag C. H. Beck, München 2018. 752 S., geb., 28,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Helmuth Philipp erfährt zwar nichts grundstürzend Neues aus den bisher unveröffentlichten Briefen Nelson Mandelas aus der Haft, in den Bann schlagen ihn die Texte aber dennoch. Als würde die Mandela-Magie nie enden, staunt er. Vor allem Mandelas unerschütterliche Haltung beeindruckt ihn, aber auch seine tiefe menschliche Wärme und die Liebe zu Frau und Familie. Die enthaltenen Fußnoten und Erläuterungen findet Philipp weitgehend hilfreich. Wohltuend scheint ihm, dass der Band die Internationalität des Widerstands gegen die Apartheid in Erinnerung bringt, wenn Mandela an weiße Liberale wie Helen Suzmann schreibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Große politische und philosophische Literatur."
Süd-Afrika Magazin
"Wie man sich in der Aussichtslosigkeit der Gefangenschaft seine menschlichen Vorstellungsgabe lebendig erhält."
Die Zeit, Ijoma Mangold
"Die wichtigsten Briefe des großen, unbeugsamen südafrikanischen Staatsmanns aus der 27-jähringen Gefängniszeit."
FOCUS
"Eindringliche und oft berührende Zeugnisse eines Lebens im Ausnahmezustand, einer stupenden Unbeugsamkeit und des Kampfes in Würde."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Andreas Eckert
"Es ist, als ob auch fünf Jahre nach seinem Tod die Mandela-Magie noch ihre Wirkung entfaltet und selbst aus Briefen spricht, die vor mehr als einem halben Jahrhundert geschrieben wurden - diese Mischung aus aufrechter und klarer Haltung, direkter, persönlicher Ansprache und einer stets zu spürenden Einsamkeit erreichte schließlich die Mehrheit der ganzen und eigentlich gespaltenen Nation, deren Präsident Mandela 1994 wurde. Das Buch beleuchtet noch einmal, wie es dazu kommen konnte."
Helmuth Philipp, Frankfurter Rundschau
"Hier beeindruckt (...) die Verbindung aus Warmherzigkeit und Entschlossenheit, mit einer Geisteshaltung auch schlimmste Umstände zu besiegen."
Anne-Catherine Simon, Die Presse
"Ein tiefer Einblick in die Entwicklung des ersten Präsidenten Südafrikas."
Heiner Boberski, Wiener Zeitung, 18. Juli 2018
"Eine exzellente Biografie."
Wiener Zeitung, 18. Juli 2018
"Diese Briefe legen Zeugnis ab von der unbeirrbaren Haltung Mandelas, die sich auf zwei Grundüberzeugungen stützte: Die menschenverachtende Rassentrennung wird keinen Bestand haben. Und der Aufbau einer freien, gerechten Gesellschaft kann nur im Geiste des Friedens und der Aussöhnung gelingen."
Andreas Montag, Mitteldeutsche Zeitung, 18. Juli 2018
"Die Lektüre ist jedem zu empfehlen, der einmal eine verzagte Stunde durchlebt."
Peter Pauls, Kölner Stadtanzeiger, 18. Juli 2018
"Absolut lesenswert!"
Ariane Wick, HR2 Kultur, 18. Juli 2018
"So wird hier durch die rund 250 Briefe die Stimme eines beeindruckenden Mannes noch einmal lebendig - eine Stimme für Toleranz und Nächstenliebe und voll Optimismus, auch in schwersten Zeiten. Umso mehr merkt man, wie sehr diese Stimme heute fehlt."
Jan Ehlert, NDR-Kultur, 17. Juli 2018
"Eine Fundgrube, um einem Helden der Moderne etwas näher zu kommen."
Stefan Berkholz, Tagesspiegel, 18. Juli 2018
"Eine ganz besonders authentische Edition (...). Unter den in diesem Jahr neu erschienenen Publikationen von und über Nelson Mandela verdient ein opulenter Band besondere Aufmerksamkeit."
Nora Goldstein, Neues Deutschland, 18. Juli 2018
"Nelson Mandelas Gefängnisbriefe heute zu lesen, ist ein wunderbares Antidot zur Versuchung, angesichts gegenwärtiger Krisen in larmoyante Rhetorik zu verfallen. Er leuchtet und ermutigt noch immer."
Marko Martin, Deutschlandfunk Buchkritik, 18. Juli 2018
"Ein zeitgeschichtliches Dokument der Extraklasse."
Marc Reichwein, Die Welt, 14. Juni 2018
"Die 'Briefe aus dem Gefängnis', von denen mehr als 90 Prozent bisher unveröffentlicht sind, zeigen einen Mann, der unbeugsam für seine Ideale eintrat."
Focus Kultur Highlights der Woche, 7. Juli 2018
"Es sind fesselnde Dokumente, die davon Zeugnis ablegen, was ein Mensch vermag. Wie viel Kraft, wie viel Geradlinigkeit, wie viel helle Freundlichkeit noch in den dunkelsten Momenten des Lebens möglich sind."
Volker Weidermann, Der SPIEGEL, 7. Juli 2018
"Eindrückliche Zeitzeugnisse."
Ralph Krüger, dpa, 10. Juli 2018
"Eindrucksvolle persönliche Dokumente (...) lehrreiche Zeugnisse (...) die Briefe eines (...) klugen politischen Führers, der im Bewusstsein lebt, die Geschichte auf seiner Seite zu haben (...) eine epochale Gestalt."
Alexander Cammann, ZEIT, 12. Juli 2018
"Mandelas Worte geben uns einen Kompass in einem Meer des Wandels, festen Boden inmitten wirbelnder Strömungen."
Barack Obama
Süd-Afrika Magazin
"Wie man sich in der Aussichtslosigkeit der Gefangenschaft seine menschlichen Vorstellungsgabe lebendig erhält."
Die Zeit, Ijoma Mangold
"Die wichtigsten Briefe des großen, unbeugsamen südafrikanischen Staatsmanns aus der 27-jähringen Gefängniszeit."
FOCUS
"Eindringliche und oft berührende Zeugnisse eines Lebens im Ausnahmezustand, einer stupenden Unbeugsamkeit und des Kampfes in Würde."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Andreas Eckert
"Es ist, als ob auch fünf Jahre nach seinem Tod die Mandela-Magie noch ihre Wirkung entfaltet und selbst aus Briefen spricht, die vor mehr als einem halben Jahrhundert geschrieben wurden - diese Mischung aus aufrechter und klarer Haltung, direkter, persönlicher Ansprache und einer stets zu spürenden Einsamkeit erreichte schließlich die Mehrheit der ganzen und eigentlich gespaltenen Nation, deren Präsident Mandela 1994 wurde. Das Buch beleuchtet noch einmal, wie es dazu kommen konnte."
Helmuth Philipp, Frankfurter Rundschau
"Hier beeindruckt (...) die Verbindung aus Warmherzigkeit und Entschlossenheit, mit einer Geisteshaltung auch schlimmste Umstände zu besiegen."
Anne-Catherine Simon, Die Presse
"Ein tiefer Einblick in die Entwicklung des ersten Präsidenten Südafrikas."
Heiner Boberski, Wiener Zeitung, 18. Juli 2018
"Eine exzellente Biografie."
Wiener Zeitung, 18. Juli 2018
"Diese Briefe legen Zeugnis ab von der unbeirrbaren Haltung Mandelas, die sich auf zwei Grundüberzeugungen stützte: Die menschenverachtende Rassentrennung wird keinen Bestand haben. Und der Aufbau einer freien, gerechten Gesellschaft kann nur im Geiste des Friedens und der Aussöhnung gelingen."
Andreas Montag, Mitteldeutsche Zeitung, 18. Juli 2018
"Die Lektüre ist jedem zu empfehlen, der einmal eine verzagte Stunde durchlebt."
Peter Pauls, Kölner Stadtanzeiger, 18. Juli 2018
"Absolut lesenswert!"
Ariane Wick, HR2 Kultur, 18. Juli 2018
"So wird hier durch die rund 250 Briefe die Stimme eines beeindruckenden Mannes noch einmal lebendig - eine Stimme für Toleranz und Nächstenliebe und voll Optimismus, auch in schwersten Zeiten. Umso mehr merkt man, wie sehr diese Stimme heute fehlt."
Jan Ehlert, NDR-Kultur, 17. Juli 2018
"Eine Fundgrube, um einem Helden der Moderne etwas näher zu kommen."
Stefan Berkholz, Tagesspiegel, 18. Juli 2018
"Eine ganz besonders authentische Edition (...). Unter den in diesem Jahr neu erschienenen Publikationen von und über Nelson Mandela verdient ein opulenter Band besondere Aufmerksamkeit."
Nora Goldstein, Neues Deutschland, 18. Juli 2018
"Nelson Mandelas Gefängnisbriefe heute zu lesen, ist ein wunderbares Antidot zur Versuchung, angesichts gegenwärtiger Krisen in larmoyante Rhetorik zu verfallen. Er leuchtet und ermutigt noch immer."
Marko Martin, Deutschlandfunk Buchkritik, 18. Juli 2018
"Ein zeitgeschichtliches Dokument der Extraklasse."
Marc Reichwein, Die Welt, 14. Juni 2018
"Die 'Briefe aus dem Gefängnis', von denen mehr als 90 Prozent bisher unveröffentlicht sind, zeigen einen Mann, der unbeugsam für seine Ideale eintrat."
Focus Kultur Highlights der Woche, 7. Juli 2018
"Es sind fesselnde Dokumente, die davon Zeugnis ablegen, was ein Mensch vermag. Wie viel Kraft, wie viel Geradlinigkeit, wie viel helle Freundlichkeit noch in den dunkelsten Momenten des Lebens möglich sind."
Volker Weidermann, Der SPIEGEL, 7. Juli 2018
"Eindrückliche Zeitzeugnisse."
Ralph Krüger, dpa, 10. Juli 2018
"Eindrucksvolle persönliche Dokumente (...) lehrreiche Zeugnisse (...) die Briefe eines (...) klugen politischen Führers, der im Bewusstsein lebt, die Geschichte auf seiner Seite zu haben (...) eine epochale Gestalt."
Alexander Cammann, ZEIT, 12. Juli 2018
"Mandelas Worte geben uns einen Kompass in einem Meer des Wandels, festen Boden inmitten wirbelnder Strömungen."
Barack Obama