Kurzinhalt:
Claudia Breitsprecher hat Gespräche mit lesbischen Lehrerinnen in ganz Deutschland über ihre persönliche Entwicklung, ihren Berufsalltag als auch ihr Selbstverständnis als homosexuelle Pädagogininnen geführt.
Diese Interviews hat sie anonymisiert und behutsam in diesem Buch
zusammengefasst. Sie zeigen ein ganz unterschiedliches Bild lesbischer Pädagoginnen, denen vor allem eins…mehrKurzinhalt:
Claudia Breitsprecher hat Gespräche mit lesbischen Lehrerinnen in ganz Deutschland über ihre persönliche Entwicklung, ihren Berufsalltag als auch ihr Selbstverständnis als homosexuelle Pädagogininnen geführt.
Diese Interviews hat sie anonymisiert und behutsam in diesem Buch zusammengefasst. Sie zeigen ein ganz unterschiedliches Bild lesbischer Pädagoginnen, denen vor allem eins gemein ist: sie wollen sich nicht verstecken und sind dennoch eingezwängt zwischen Vorurteilen, Misstrauen und auch den eigenen Ängsten.
Meine Meinung:
Lehrerinnen sind nicht nur Menschen, die den ganzen Tag in der Öffentlichkeit stehen. Sie sollen auch Wertevermittlerinnen sein, Kinder erziehen, deren Lebensweg mitgestalten.
Es ist für Heterosexuelle kaum vorstellbar, in welchen Konflikt eine lesbische Lehrerin mit diesen Ansprüchen gerät.
Selbstverständliche Handlungen wie das Berühren eines Schülers im Sportunterricht werden zum Politikum. Gespräche im Lehrerzimmer über das Wochenende mit dem Ehepartner werden gemieden. Direkte Nachfragen der Schüler zum Privatleben müssen irgendwie umschifft werden.
Es ist eine permanente Anspannung, unter der diese Frauen stehen, solange sie sich nicht geoutet haben.
Und selbst wenn sie sich zu diesem Schritt entschließen, kann dies weitere Probleme nach sich ziehen, wie einige Interviews auf erschreckende Art zeigen.
Vor allem "die Eltern" stehen immer als bedrohliche Masse im Hintergrund, von der man nie weiß, ob sie einmal zu einer Lawine wird.
Tatsächlich wird in dem Buch deutlich, dass deren Kinder oft ein entspannteres Verhältnis haben, solange man offen mit ihnen redet. Auch wenn hier manchmal durchklingt, dass es Schülern auch wiederum schwer fällt, das, was bei ihrer Lehrerin vielleicht nach vielen Gesprächen in Ordnung ist, auch auf andere zu übertragen.
"Schwul" ist noch immer das am häufigsten benutze Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen.
Je nach Lebensweg, Örtlichkeit und individuellem Umfeld haben sich die interviewten Lehrerinnen zu einem ganz unterschiedlichen Umgang mit ihrem Lesbischsein entschieden. Während einige ganz offen damit umgehen, ja sich politisch engagieren, um weitere Aufklärungsarbeit zu leisten, fürchten andere zu Recht Repressalien und versuchen, sich "möglichst unauffällig" zu verhalten.
Es ist kaum vorstellbar, welch einen Spagat diese Frauen jeden Tag hinlegen müssen, weil sie nicht so sein dürfen, wie sie sind.
Bewundersnwert ist in diesem Kontext auch die Beobachtungsgabe der Autorin, die immer wieder von leisen Zwischentönen berichtet, die in den Interveiws anklangen und oft mehr aussagten, als das gesprochene Wort.
Ergänzt wird das Buch durch einige - zum Teil erschreckende - Zitate, die widerspiegeln, welchen Stellenwert Aufklärungsarbeit eingeräumt wird. Besonders erschüttert war ich von der Aussage einer Bildungspolitikerin in NRW, nachdem die dortige Schulbehörde die Verwendung einer Broschüre über Homosexualität im Unterricht untersagt hat:
"In den nächsten Jahren haben wir wichtigere inhaltliche Probleme an unseren Schule zu lösen, als lesbisch und schwul zu sein in besonderer Weise zu propagieren. Durch intensive Befassung mit der rot-grünen Homofibel ist Pisa nicht zu gewinnen."
Fazit:
Dieses Buch müsste man allen Eltern zur Einschulung ihrer Kinder in die Hand drücken. Als wäre der Lehrerberuf nicht schon schwierig genug, bringt die eigene Homosexualität für einige Pädagoginnen noch einen zusätzlichen zermürbenden Faktor mit hinein.
Eine zusätzliche Befragung von Schülern und Eltern zu dem Thema hätte ich noch spannend gefunden, aber das hätte den Rahmen des Buches sicher gesprengt.