Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: keine, FernUniversität Hagen (Institut für neuere deutsche und europäische Literatur), Sprache: Deutsch, Abstract: In Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ wird die Ehe der beiden Protagonisten, Albertine und Fridolin, einer Prüfung unterzogen. Zentral sind dabei Fridolins Erlebnisse in der ersten Nacht und ihre Verarbeitung danach, in einer erzählten Zeit von knapp zwei Tagen sowie die Traumerzählung seiner Gattin. Die Forschung weist vielfach darauf hin, dass zwischen den Zeitgenossen Sigmund Freud und Arthur Schnitzler eine „Doppelgängersituation“ besteht. Damit ist gemeint, dass Sigmund Freuds Entwicklungen und Forschungen im Werk von Arthur Schnitzler literarisch gespiegelt werden. Diese Verschränkung von Wissenschaft, konkret der Psychoanalyse, und Literatur wird in der Sekundärliteratur kritisch abgrenzend betrachtet und selten an konkreten Werken und ihrer Analyse bearbeitet. (...) Die Thesen, die dieser Arbeit den roten Faden geben, lauten darum: 1.) Arthur Schnitzler schafft durch sein Erzählen an den Hauptfiguren der Novelle, dem Arzt Fridolin und seiner Gattin Albertine, eine Allegorese der Theorie von Sigmund Freud über den psychischen Apparat (Es, Ich und Über-Ich), wie sich dies in Freuds Schriften „Jenseits vom Lustprinzip“ (1920) und „Das Ich und das Es“ (1923) ausgeführt findet. Schnitzler „maskiert“ mit der Sprache seines Erzählens Freuds Instanzenmodell der Persönlichkeit und die Theorie der zwei Haupttriebe, Eros (Lebenstrieb) und Thanatos (Destruktionstrieb). Anhand einer Textstruktur- und Motivanalyse wird gezeigt, welchen Einfluss Freuds Denken auf die erzählerische Gestaltung der beiden Protagonisten hat. 2.) Der auktoriale Erzähler der Novelle tritt als „Therapeut“ auf, das Erzählverhalten zeigt Parallelen zum Handeln eines Analytikers. Schnitzler macht sich für sein Erzählen nutzbar, was Freud in seiner psychoanalytischen Praxis zugeschrieben wird: diese zeige Verwandtschaft zum Auslegen des Talmuds. 3.) Die Gestaltung der Hauptfiguren und des Erzählverhaltens verweisen auf ein jüdisches Verständnis von Ehe: Die rasch mögliche Brüchigkeit der Ehe, und wie Schnitzler von ihr erzählt, steht in der „Traumnovelle“ als Symbol für eine jüdische Lebenswelt, die unter Druck gerät. Dies wird in einzelne Motive eingebettet, die die wachsende Isolierung jüdischen Bürgertums und das Aufflackern einer deutschnationalen Haltung im Ausklang der Wiener Moderne darstellen.