Eigentlich kann Hasan Hujdur mit seiner Existenz zufrieden sein. Vor etlichen Jahren den politischen Auseinandersetzungen in Jugoslawien entflohen, hat er sich in Toledo, Oregon niedergelassen und vertreibt sich seine Zeit mit Pool-Billard. Während alle Träume von einer Hollywood-Karriere längst zerstoben sind und seine Ehe bereits Abnutzungserscheinungen zeigt, bleibt Buick Rivera, Baujahr 1963, Hasans große Liebe: entschieden und ungeteilt. Als Hasan mit seinem Wagen in einer Winternacht im verschneiten Straßengraben landet, kommt ihm ausgerechnet ein Landsmann, der Serbe Vuko Salipur, zu Hilfe, der soeben seine reiche Frau mit 15.000 Dollar in der Tasche verlassen hat. Mit höchstem Tempo und reich an Situationskomik erzählt Miljenko Jergović davon, wie die beiden ungewollt von ihrer Geschichte eingeholt werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.03.2006Nach dem Krieg
Miljenko Jergovic über Handke
Ihre Begegnung verändert beider Leben für immer. Auf einer verschneiten Landstraße in Oregon treffen die zwei bosnischen Emigranten Hasan Hujdur und Vuko Salipur aufeinander - ein verträumter Intellektueller der eine, Kriegsverbrecher der andere. Provozierend einfach faßt der bosnische Autor Miljenko Jergovic nachher die Eigenschaften seiner Figuren zusammen: Ein guter Muslim begegne einem bösen Serben.
Doch genauso schwarzweiß sind die Rollen in seinem neuen Roman "Buick Rivera" verteilt: Der Serbe erscheint als der personifizierte "Satan", der Muslim als sein sympathisches, wenn auch etwas weltfremdes Opfer. Für die Lesung im Frankfurter Literaturhaus hatte Jergovic jene Passagen ausgewählt, in denen sich seine beiden Hauptfiguren das erste Mal sehen und sich später um Hasan Hujdurs geliebtes Auto, den silberglänzenden Buick Rivera, streiten.
Den deutschen Text trug der Schauspieler Moritz Stoepel gestenreich und mit einer Verve vor, die zwar unterhaltsam, aber auch allzu vordergründig wirkte. Dabei hat der katholische Kroate Jergovic eine Mission: Geschichten über bosnische Identitäten zu erzählen, selbst wenn Bosnien kein bedeutendes Land sei, wie sich während des Kriegs herausgestellt habe: "Sonst hätte uns jemand geholfen."
Als die Rede auf Handkes Auftritt bei Milosevics Beerdigung kam, winkte der Autor zunächst ab, sei es doch die Frage, die er bei seinen Lesungen in Deutschland dieser Tage stets gestellt bekomme. Dann geriet Jergovic aber doch in Rage: Handke sei erotisiert von serbischen Verbrechen wie die Nationalsozialisten von den Verbrechen an den Juden. "Er ist gestorben, er weiß es nur selbst noch nicht." Ihn nerve Handke schon lange nicht mehr, so Jergovic, der erzählte, daß der österreichische Schriftsteller für ihn Anfang der achtziger Jahre einer der wichtigsten Autoren gewesen sei. Ihn ärgere jedoch der "lockere" Umgang der deutschen Medien mit Handke, stellte der Schriftsteller fest: "Was wäre los, wenn er den Holocaust leugnen würde?"
des.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Miljenko Jergovic über Handke
Ihre Begegnung verändert beider Leben für immer. Auf einer verschneiten Landstraße in Oregon treffen die zwei bosnischen Emigranten Hasan Hujdur und Vuko Salipur aufeinander - ein verträumter Intellektueller der eine, Kriegsverbrecher der andere. Provozierend einfach faßt der bosnische Autor Miljenko Jergovic nachher die Eigenschaften seiner Figuren zusammen: Ein guter Muslim begegne einem bösen Serben.
Doch genauso schwarzweiß sind die Rollen in seinem neuen Roman "Buick Rivera" verteilt: Der Serbe erscheint als der personifizierte "Satan", der Muslim als sein sympathisches, wenn auch etwas weltfremdes Opfer. Für die Lesung im Frankfurter Literaturhaus hatte Jergovic jene Passagen ausgewählt, in denen sich seine beiden Hauptfiguren das erste Mal sehen und sich später um Hasan Hujdurs geliebtes Auto, den silberglänzenden Buick Rivera, streiten.
Den deutschen Text trug der Schauspieler Moritz Stoepel gestenreich und mit einer Verve vor, die zwar unterhaltsam, aber auch allzu vordergründig wirkte. Dabei hat der katholische Kroate Jergovic eine Mission: Geschichten über bosnische Identitäten zu erzählen, selbst wenn Bosnien kein bedeutendes Land sei, wie sich während des Kriegs herausgestellt habe: "Sonst hätte uns jemand geholfen."
Als die Rede auf Handkes Auftritt bei Milosevics Beerdigung kam, winkte der Autor zunächst ab, sei es doch die Frage, die er bei seinen Lesungen in Deutschland dieser Tage stets gestellt bekomme. Dann geriet Jergovic aber doch in Rage: Handke sei erotisiert von serbischen Verbrechen wie die Nationalsozialisten von den Verbrechen an den Juden. "Er ist gestorben, er weiß es nur selbst noch nicht." Ihn nerve Handke schon lange nicht mehr, so Jergovic, der erzählte, daß der österreichische Schriftsteller für ihn Anfang der achtziger Jahre einer der wichtigsten Autoren gewesen sei. Ihn ärgere jedoch der "lockere" Umgang der deutschen Medien mit Handke, stellte der Schriftsteller fest: "Was wäre los, wenn er den Holocaust leugnen würde?"
des.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Das ist ein Männerroman, gesteht Karl-Markus Gauß, aber ein höchst faszinierender, zu Recht viel gelobter. Obwohl der Roman in Wirklichkeit eine Novelle sei, wendet er ein, aber das sei nur ein kleiner Vorbehalt, von denen er einige anmelden könnte, die aber vor so einem großartigen Entwurf verblassten. Die Wege zweier bosnischer Emigranten in den USA kreuzen sich: der eine vor Krieg und Hass geflohen, der andere entwischt, nachdem er seinen Hass ausgelebt hat. Dreister Weise lässt er sich in den USA als Kriegsopfer bemitleiden und schafft es auch noch, den anderen erneut zu vertreiben. Es fällt schon auf, gesteht Gauß, dass die Figuren "geradezu selbstverständlich ethnisch charakterisiert" seien. Die positive Figur ist in diesem Fall ein muslimischer Bosnier, während die negative ein serbischer Bosnier ist. Trotzdem gelinge es Jergovic, der heute in Kroatien lebt, meint Gauss, die satanische Figur viel eindringlicher zu zeichnen, so dass man in ihr "eine Gestalt von universeller Gültigkeit" erkennen könne. Bloß die Frauencharakteren seien wirklich blass gezeichnet, gibt er zu. Beide Männer wurzelten eben in zwar unterschiedlichen, aber sehr patriarchalischen Kulturen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der Roman eines großartigen Erzählers und Stilisten, der von unbändiger, verborgener Liebe und radikalen biographischen Schnitten erzählt.«Deutschlandfunk»Die künstlerische Höhe eines Aleksandar Tisma erreicht Jergovic in der Darstellung von Vukos Flucht.«Frankfurter Allgemeine Zeitung»Unter Jergovics verführerisch süffiger Ironie - von Brigitte Döbert vorzüglich übersetzt! - gewahren wir immer wieder die seelischen Verletzungen der Hauptfiguren.«Der Standard