Bernadette, genannt Barnie, ist eine ganz normale 13-Jährige mit einer beeindruckenden Radiergummisammlung, einer Vorliebe für Meerestiere und ein bisschen Herzweh, wenn sie an Sergej aus ihrer Klasse denkt. Das einzig Ungewöhnliche an ihr (zumindest aus Sicht der anderen): Barnie hat zwei Väter - Dad und Papa. Das »Babyprojekt« in der Schule bringt Aufregung in Barnies beschauliches Leben: Jeweils zwei Schüler müssen gemeinsam eine Babypuppe rund um die Uhr betreuen, wie ein richtiges Kind. Als Sergej sich anbietet, der Vater von Barnies Puppe zu werden, könnte eigentlich alles perfekt sein. Eigentlich.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.10.2021Babybedenkzeit
Barnies Leben in einer Regenbogenfamilie
Seit Kathrin Schrocke hauptberuflich schreibt, gilt ihr Interesse Außenseitergeschichten und alternativen Lebenswelten. „Freak City“, das 2011 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war, spielt in der Welt der Gehörlosen. In „Immer kommt mir das Leben dazwischen“ (2019) hilft ein Jugendlicher seiner Oma, in ein Mehrgenerationenhaus zu ziehen. In ihrem aktuellen Buch „Bunte Fische überall“ geht es nun um den gesellschaftlichen Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe.
Barnie hat es nicht leicht. Sie wird von zwei Vätern großgezogen, Papa und Dad. Ersterer ist ihr biologischer Vater, letzterer dessen amerikanischer Mann. Doch das ist für Barnie kein Thema. Sie hat früh akzeptiert, dass sie ohne Mutter aufwächst und dass das gut so ist. Nun hat sie ganz andere Probleme. Zum Beispiel, dass sie zu ihrem 13. Geburtstag nicht das iPad, sondern nur ein doofes Notizbuch bekommt – dank der Technikaversion von Papa. Und ein richtiger Helikopter-Vater ist er auch noch. Zum Glück sieht Dad alles etwas lockerer.
An Barnies Schule startet das Projekt „Babybedenkzeit“ Das gibt es wirklich, (www.babybedenkzeit.de), eine Art Elternpraktikum. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich für ein paar Tage und Nächte paarweise um ein computergesteuertes Plastikbaby kümmern, das Bedürfnisse wie ein echtes Baby entwickelt. Barnie und der Nachbarjunge Sergej, in den sie sich verguckt hat, nehmen sich als „Eltern“ eines dieser Babys an. Sie nennen es Herbie. Eigentlich soll das Projekt ja aufklärend wirken und minderjährige Schwangerschaften verhindern helfen. Doch ausgerechnet bei Herbies anstrengender Pflege kommen sich die beiden näher. Das Aufwachsen in einer Regenbogenfamilie findet Barnie total normal, doch in der Schule sehen das nicht alle so. Sie muss schmerzhaft erfahren, dass Außenstehende keinen unvoreingenommenen Blick auf ihre Familie haben. Auch Sergej wird von seiner Peer Group in ungeahnter Weise beeinflusst. Damit hat Barnie nicht gerechnet und sie fällt aus allen Wolken. Schrocke erzählt Barnies Geschichte in dem tagebuchartig geschriebenen Roman humorvoll, abwechslungsreich und lebendig. Ein paar Gedichte und Gedanken aus Barnies Notizbuch geben dem Thema einen anderen Dreh: „Natürlich ist es nicht natürlich, wenn Männer sich in Männer verlieben und Frauen in Frauen. Natürlich ist Liebe immer ein Wunder.“ Nur an manchen Stellen schimmert die pädagogische Absicht der Autorin zu sehr durch, dann klingt das Tagebuch etwas zu reif und abgeklärt für eine 13-Jährige. Aber vielleicht braucht es noch etwas Zeit, um für die Jugendliteratur zu diesem Thema die richtige, nämlich eine ganz selbstverständliche und natürliche Sprache zu finden. Bis dahin lese man dieses Buch! (ab 12 Jahre)
HOLGER MOOS
Kathrin Schocke:
Bunte Fische überall. Mixtvision 2021.
184 Seiten, 14 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Barnies Leben in einer Regenbogenfamilie
Seit Kathrin Schrocke hauptberuflich schreibt, gilt ihr Interesse Außenseitergeschichten und alternativen Lebenswelten. „Freak City“, das 2011 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war, spielt in der Welt der Gehörlosen. In „Immer kommt mir das Leben dazwischen“ (2019) hilft ein Jugendlicher seiner Oma, in ein Mehrgenerationenhaus zu ziehen. In ihrem aktuellen Buch „Bunte Fische überall“ geht es nun um den gesellschaftlichen Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe.
Barnie hat es nicht leicht. Sie wird von zwei Vätern großgezogen, Papa und Dad. Ersterer ist ihr biologischer Vater, letzterer dessen amerikanischer Mann. Doch das ist für Barnie kein Thema. Sie hat früh akzeptiert, dass sie ohne Mutter aufwächst und dass das gut so ist. Nun hat sie ganz andere Probleme. Zum Beispiel, dass sie zu ihrem 13. Geburtstag nicht das iPad, sondern nur ein doofes Notizbuch bekommt – dank der Technikaversion von Papa. Und ein richtiger Helikopter-Vater ist er auch noch. Zum Glück sieht Dad alles etwas lockerer.
An Barnies Schule startet das Projekt „Babybedenkzeit“ Das gibt es wirklich, (www.babybedenkzeit.de), eine Art Elternpraktikum. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich für ein paar Tage und Nächte paarweise um ein computergesteuertes Plastikbaby kümmern, das Bedürfnisse wie ein echtes Baby entwickelt. Barnie und der Nachbarjunge Sergej, in den sie sich verguckt hat, nehmen sich als „Eltern“ eines dieser Babys an. Sie nennen es Herbie. Eigentlich soll das Projekt ja aufklärend wirken und minderjährige Schwangerschaften verhindern helfen. Doch ausgerechnet bei Herbies anstrengender Pflege kommen sich die beiden näher. Das Aufwachsen in einer Regenbogenfamilie findet Barnie total normal, doch in der Schule sehen das nicht alle so. Sie muss schmerzhaft erfahren, dass Außenstehende keinen unvoreingenommenen Blick auf ihre Familie haben. Auch Sergej wird von seiner Peer Group in ungeahnter Weise beeinflusst. Damit hat Barnie nicht gerechnet und sie fällt aus allen Wolken. Schrocke erzählt Barnies Geschichte in dem tagebuchartig geschriebenen Roman humorvoll, abwechslungsreich und lebendig. Ein paar Gedichte und Gedanken aus Barnies Notizbuch geben dem Thema einen anderen Dreh: „Natürlich ist es nicht natürlich, wenn Männer sich in Männer verlieben und Frauen in Frauen. Natürlich ist Liebe immer ein Wunder.“ Nur an manchen Stellen schimmert die pädagogische Absicht der Autorin zu sehr durch, dann klingt das Tagebuch etwas zu reif und abgeklärt für eine 13-Jährige. Aber vielleicht braucht es noch etwas Zeit, um für die Jugendliteratur zu diesem Thema die richtige, nämlich eine ganz selbstverständliche und natürliche Sprache zu finden. Bis dahin lese man dieses Buch! (ab 12 Jahre)
HOLGER MOOS
Kathrin Schocke:
Bunte Fische überall. Mixtvision 2021.
184 Seiten, 14 Euro.
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"Humorvolle Geschichte für Teenager ab zwölf Jahren, in der viele wichtige Themen wie Regenbogenfamilien, Toleranz, Ehrlichkeit, Verhütung angesprochen werden." Meike Jacobs, Neue Presse "Schrocke erzählt [die] Geschichte in dem tagebuchartig geschriebenen Roman humorvoll, abwechslungsreich und lebendig." Holger Moos, Süddeutsche Zeitung "Kathrin Schrocke [schafft] den Spagat zwischen humorvollen, aber auch nachdenklichen Szenen, die mit [...] Höhen und Tiefen der ersten Liebe, [...] anstrengenden Eltern[...] und typischen Rollenverteilungen verbunden sind." Karin Hahn, MDR Kultur