Friederike Mayröcker hat keine Zeit. Nicht für Resümee und Erinnerung, nicht fürs ausschweifende Betrachten und Räsonieren und erst recht nicht fürs Geschichtenerzählen. Sie hat noch nicht einmal Zeit für das Leben selbst, sofern es nicht das Schreiben ist. Was zählt, sind allein die Poesie und »die echoartigen Erfindungen« eines fast schon ein Jahrhundert währenden Lebens, die in ihren Schriften aufgehoben sind. Mag dieses Leben im Äußeren den Zumutungen der Endlichkeit aller menschlichen Existenz unterworfen sein – im Inneren und in seiner Transformation in den ewigen Augenblick wird es immer nur reicher an Formen des Erlebens: »(Die Jahre werden immer unglaublicher), die blauen, Schlitze des Himmels, bin sehr ambivalent.« Nach den »études«, den »Fetzchen« und Splittern, schreibt Friederike Mayröcker nun ein »cahier oder Heftchen«, wie sie es nennt; es ist gleichzeitig der zweite Band einer Trilogie. In radikal konzentrierter Sprache und bezwingend schönen Bildern führt sie darin ein Leben vor, das nur einer Maxime folgt: »nicht nur das Geschriebene auch die Existenz musz poetisch sein«.
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Paul Jandl könnte pathetisch werden angesichts dieser Frau, ihres Lebenswerks, ihrer Jahre. Zum 90. von Friederike Mayröcker erscheint das Buch, das für Jandl so gar nichts hat von altersbedingter Verbiesterung. Im Gegenteil, jugendlich frisch erscheint es ihm, ergreifend auch, ob der immer wieder erkennbaren Freude der Autorin am Schreiben oder Schlafen. Ein bisschen weise kommt sie rüber, das schon, meint Jandl, aber das Buch bezeichnet er lieber als "Sudelbuch der Sonderklasse", Zeichnungen hats und Tagesnotizen und poetisch Strahlendes, seufzt der Rezensent, schon wieder beglückt von der Mayröcker.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Was für eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache ...« Frankfurter Allgemeine Zeitung